Kandern „Wir wissen vieles mehr zu schätzen“

Weiler Zeitung
Seit Mitte April ist Simone Penner die neue Bürgermeisterin von Kandern. Foto: zVg Foto: Weiler Zeitung

Interview: Gedanken von Bürgermeisterin Simone Penner nach ihrem ungewöhnlichen Start ins Amt

Als Simone Penner am 16. April das Bürgermeisteramt in Kandern antrat, befand sich Deutschland gerade im ersten Lockdown. Die Corona-Pandemie hatte auch Kandern fest im Griff. Kein leichter Start für die Architektin aus Schliengen, die sich bei der Bürgermeisterwahl am 22. März im ersten Wahlgang klar gegenüber fünf Mitbewerbern durchsetzen konnte. Penner erhielt 55,7 Prozent der abgegebenen Stimmen und somit die erforderliche absolute Mehrheit.

Kandern. Im Gespräch mit Alexandra Günzschel berichtet die Bürgermeisterin, wie sie die ersten Monate im Amt erlebt hat und gibt einen Ausblick auf die Herausforderungen im kommenden Jahr.

Frage: Frau Penner, wenn das Jahr normal verlaufen wäre, was denken Sie wäre jetzt zum Jahreswechsel anders in Kandern?

Welches Jahr verläuft schon normal, oder so, wie man es sich zu Anfang vorgenommen hat. In diesem außergewöhnlichen Jahr wurde jedoch alles durch die Pandemie überdeckt und wir hatten nichts mehr so in der Hand, wie wir es unter anderen Umständen gewohnt sind.

Ich habe oft daran gedacht, wie sich viele zu Beginn von mir gewünscht haben, dass ich Prioritäten für die Realisierung der vielen Projekte in Kandern setze. Es hat sich durch diese Entwicklung sehr deutlich gezeigt, dass dieser äußere Einflussfaktor viele Pläne durchkreuzt. Für so vieles war Corona der Grund, warum etwas nicht oder erst später geht.

Viele schöne gesellschaftliche Ereignisse, die sonst das Leben in Kandern und den Dörfern bestimmen, konnten nicht stattfinden. So mussten wir gerade zum Jahreswechsel auf stimmungsvolle Events, wie die Kanderner Weihnachtsstraße oder so manche Weihnachtsfeier von Vereinen und Betrieben verzichten. Wäre das Jahr normal verlaufen, dann wüssten wir all das, was nicht wie gewohnt stattfinden konnte, nicht so zu schätzen.

Frage: Gibt es besonders schöne Erlebnisse, die Sie bisher als Bürgermeisterin hatten?

Auf die großen Feste, die man gemeinhin als besonders schöne Erlebnisse bezeichnet, kann ich noch nicht zurückblicken. Es fanden vielmehr im Stillen, im kleinen Kreis und auf Abstand so viele besonders schöne Gegebenheiten statt, dass es mir schwerfällt, hier eine hervorzuheben.

Der große Zusammenhalt und die tolle Gemeinschaft im Team der gesamten Stadtverwaltung sind jeden Tag aufs Neue etwas Besonderes. Die vielen positiven Rückmeldungen der Bürgerinnen und Bürger machen mich stolz und dankbar. Die Freude, die wir durch die Freibadöffnung in diesem besonderen Sommer so vielen machen konnten und nicht zuletzt die vielen interessanten Begegnungen bei den für kurze Zeit möglichen Besuchen unserer Jubilare gehören für mich zu den besonders schönen Erlebnissen, die ich als Bürgermeisterin bisher hatte.

Frage: Was haben Sie im Rückblick auf das erste dreiviertel Jahr Ihrer Amtszeit als besonders herausfordernd empfunden?

Die große Herausforderung bestand darin, die vielen „offenen Baustellen“ für mich zu sortieren und mich in Themen einzuarbeiten, die die Vorstellungskraft einer Kandidatin für dieses Amt bei Weitem übersteigen.

Dank des hervorragenden Know-hows im Rathaus, hier insbesondere dem großen Wissensschatz unseres Hauptamtsleiters Reiner Pach, der guten Zusammenarbeit mit externen Planern und Partnern und der Abstimmung mit Bürgermeisterkollegen und -kolleginnen konnte ich mich hier sehr gut einarbeiten.

Frage: Können Sie schon auf erste Erfolge zurückblicken?

Zu Beginn meiner Amtszeit konnte ich trotz der Einschränkungen durch die Coronapandemie viele neue Menschen kennenlernen. Die vielen neu geknüpften Kontakte sind für die zukünftige Weiterentwicklung von Kandern und den Ortsteilen sehr wertvoll.

Wichtige Gespräche und Planungen, wie die zur städtebaulichen Entwicklung des Tonwerkeareals konnten wieder aufgenommen werden und befinden sich auf einem guten Weg. Der Workshop zur Neuaufstellung unseres Flächennutzungsplans konnte gemeinsam mit den Gemeinderäten sehr erfolgreich durchgeführt werden, so dass wir im neuen Jahr hier einen guten Plan für die zukünftige Nutzung unserer Flächen fassen können.

Unser Haushalt für 2021 konnte dank umsichtiger Planung und Rechnung unseres Kämmerers Benedikt Merkel und seines Teams trotz großer Einschränkungen gut aufgestellt werden. Wegweisende Bauprojekte, wie die laufende Schulbausanierung an der August-Macke-Schule, Erschließungsarbeiten an Straßen, Sanierungsarbeiten am Abwassersystem, der Breitbandausbau, die Optimierung der Straßenbeleuchtung oder ein Brückenneubau in Wollbach und vieles mehr wurden dank des großen Engagements der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung umgesetzt.

Frage: Wegen der Pandemie musste einiges hinten angestellt werden. Mit Blick auf das neue Jahr: Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Projekte, die nun angegangen werden müssen?

Auf Anhieb kann ich nicht sagen, was wegen der Pandemie hinten angestellt werden musste – im Gegenteil – ich habe den Eindruck, dass wir unabhängig davon oder gerade trotz der Pandemie, wie bereits aufgezählt, sehr viel in diesem Jahr geschafft haben.

Sicher, viele Kontakte mussten reduziert werden. So konnten und können auch bei uns im Rathaus im Bereich des Bürgerservice nur dringende, unaufschiebbare Angelegenheiten nach Terminvereinbarung erledigt werden.

Nicht wegen der Pandemie, aber gerade weil sie uns zeigt, wie wichtig die Digitalisierung in allen Bereichen ist, müssen wir im neuen Jahr den Schwerpunkt auch in unserer Verwaltung auf diesen Bereich legen. Hierzu zählt auch die weitere Optimierung unserer Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.

Ein ganz wichtiges Thema, zu dem in diesem Sommer schon gute Gespräche liefen und das wir mit großer Zuversicht angehen wollten, ist die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in Kandern. Aufgrund der Pandemie konnten diese leider nicht mehr in großer Runde weitergeführt werden. Hier müssen wir dringend, sobald es wieder möglich ist, mit allen Beteiligten an guten Lösungen für die Zukunft arbeiten.

Frage: Kandern ist jetzt ELR-Schwerpunktgemeinde. Finden Sie es bedauerlich, dass die Aufnahme in dieses Förderprogramm in eine so schwierige Zeit fällt, vor dem Hintergrund, dass einige Projekte bei klammen Kassen jetzt vielleicht gar nicht umgesetzt werden können?

Nein. Im Gegenteil, ich bin dankbar, dass mein Vorgänger hier die Initiative ergriffen und diesen Weg vorbereitet hat. Wir haben durch die Aufnahme in das Förderprogramm als ELR-Schwerpunktgemeinde eine große Chance, dass gerade auch private Projekte, die sonst vielleicht nicht angegangen werden, gefördert werden und damit zur Umsetzung kommen.

Ich freue mich auch, dass wir hier durch unseren Baustein eines mobilen Gestaltungsbeirats die Möglichkeit schaffen, dass für hochwertiges und qualitätvolles Bauen im ländlichen Raum sensibilisiert wird.

Frage: Das Thema Kandertal-S-Bahn ist derzeit wieder in aller Munde. Wollen Sie eine Prognose wagen, wann dieses große Kanderner Wunschprojekt wahr werden könnte, wenn alles optimal verläuft?

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt – heißt es so schön. Eine solche Prognose werde ich jedoch nicht wagen, da ich zum einen nicht hellsehen kann und auch kein Verkehrs- und Infrastrukturplaner bin. Ich vertraue hier gerne auf die Ergebnisse der Studien der Fachleute und bin gespannt auf deren Vorschläge und Aussagen zur Wahrwerdung der Wünsche für das große Projekt einer S-Bahn im Kandertal.

Frage: Aller Voraussicht nach erleben Sie das Bürgermeisteramt Mitte/Ende nächsten Jahres zum ersten Mal unter normalen Umständen. Freuen Sie sich schon darauf?

Ich freue mich vor allem darauf, bei den Menschen sein zu dürfen. Das ist es, was mir so wichtig ist und wo ich auch meinen Platz als Bürgermeisterin sehe. Mit Beginn meines Amtes, bereits am Wahlabend, begann diese seltsame Zeit, in der wir uns inzwischen an Abstandsregel und Maske gewöhnt haben.

Vielen Initiativen aus der Bevölkerung ist es gelungen, uns auch dieses Leben lebenswert und wundervoll zu gestalten. Unseren Vereinen und den vielen Ehrenamtlichen, aber auch Gastronomen, Künstlern und Gewerbetreibenden bin ich sehr dankbar für die guten Ideen und Aktionen, die uns unter Einhaltung aller Coronavorschriften so viel in diesem Jahr möglich machten.

Die Vorfreude und Hoffnung auf die Zeit, in der wir uns wieder unbeschwert begegnen können und miteinander endlich ein Fest feiern dürfen, gibt uns die Kraft zum Durchhalten. Dass die Kanderner das bisher so gut gemeistert haben und solidarisch und diszipliniert zusammenhalten, freut mich am meisten.

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