Jene Kanderner, die die Nacht vom 5. auf 6. November 1964 in Kandern miterlebt hatten, können sich auch heute noch an die Brandkatastrophe erinnern.
Die Tonwerke brannten bis auf die Grundmauern nieder und vernichtete vollständig alle darin befindlichen Anlagen, die zur Produktion der Ziegelsteine benötigt wurden. Der Sachschaden lag nach zeitgenössischen Angaben bei mindestens zwei Millionen D-Mark.
Jene Kanderner, die die Nacht vom 5. auf 6. November 1964 in Kandern miterlebt hatten, können sich auch heute noch an die Brandkatastrophe erinnern.
Das gewaltige, 1893 erbaute Fabrikgebäude der Tonwerke, in welchem der 100 mal 50 Meter große Ringofen, das Pressenhaus sowie die Stein- und Ziegeltrocknerei untergebracht waren, wurde ein Raub der Flammen.
Einer der beiden Arbeiter, die zur Nachtzeit im Betrieb beschäftigt waren, entdeckte am Ringofen in der Steintrocknerei plötzlich eine heftige Rauchentwicklung. Nur wenige Sekunden später stand der nordwestliche Teil des Gebäudes bereits in hellen Flammen. Um 1.15 Uhr ertönte die werkseigene Sirene, kurz darauf gaben auch die Sirenen der Stadt und sogar die Kirchenglocken Feueralarm.
In kürzester Zeit waren alle Einwohner des Städtchens wach und viele hasteten zum Brandgeschehen, dessen lodernder Feuerschein den ganzen Ort erhellte. Neben der Kanderner Feuerwehr, die mit fünf Motorspritzen und den dazugehörenden Strahlrohren versuchte den Brand zu bekämpfen, kamen auch die benachbarten Feuerwehren aus Sitzenkirch und Malsburg zu Hilfe.
Die Überland-Feuerwehr aus Müllheim eilte ebenfalls herbei, um ihre Kanderner Kameraden bei den Löschversuchen tatkräftig zu unterstützen. Aber vergeblich. Der gesamte Baukomplex war nicht mehr zu retten. Weit über 50 Meter hoch schlug die riesige Feuersäule aus dem lichterloh brennenden Werksgebäude.
Die dabei empor geschleuderten unzähligen Glutteilchen flogen hunderte Meter weit in alle Richtungen und fielen immer noch heißglühend in die Höfe, Gärten und auf die Dächer der in der unmittelbaren Nähe liegenden Kanderner Anwesen. Zum Glück wurden dadurch keine weiteren Brände ausgelöst.
Das Feuer fand sofort reichlich Nahrung, da sich unter dem Dach unter anderem ein früherer hölzerner Großtrockenraum befand. So kam es auch, dass der mächtige Dachstuhl innerhalb von knapp zwanzig Minuten vollständig niederbrannte. Die Rettungsmaßnahmen der Feuerwehrleute konzentrierten sich auf die umliegenden Gebäulichkeiten.
Sie schirmten das angrenzende Wohnhaus, das Kesselhaus und eine Aufbereitungsanlage ab, um einen noch größeren Schaden zu vermeiden. Erst nach einem rund vierstündigen, mühevollen und gefährlichen Einsatz gelang es, morgens gegen 5 Uhr die Flammen unter Kontrolle zu bringen.
Glücklicherweise trug bei diesem Großeinsatz nur ein Feuerwehrmann Verletzungen davon, als ihn ausgerechnet ein herabfallender Ziegel traf.
Das 1957 bei der Firma Metz in Karlsruhe für 27 464 DM neu beschaffte Feuerwehrfahrzeug LF 8 (Baujahr 1956) war für damalige Verhältnisse ein technisch hochwertiges Löschfahrzeug. Beim Feuer in den Tonwerken kam der sogenannte Opel-Blitz zum ersten Mal bei einem Großbrand zum Einsatz. Schon seinerzeit ließ sich jedoch rasch feststellen, dass ein einzelnes, auf den neuesten Stand gebrachtes Fahrzeug gegen einen Brand in diesem Ausmaß kaum etwas ausrichten konnte. Erfreulicherweise führte diese Erkenntnis dazu, dass in den folgenden Jahrzehnten die kommunalen Feuerwehren mit zusätzlichen Fahrzeugen und zweckdienlichen Gerätschaften besser ausgerüstet wurden.
Der Opel-Blitz hat als Einsatzfahrzeug zwar längst ausgedient. Jedoch wurde er von Kanderner Feuerwehrkameraden in unzähligen Stunden mit viel Geduld und Können in einen hervorragenden, jederzeit fahrbereiten Zustand versetzt. So lässt sich leicht der Eindruck gewinnen, es handele sich um einen flotten Neuwagen und nicht um einen 68 Jahre alten Oldtimer.
Nach dieser Katastrophennacht Anfang November 1964 ging man bei der ersten Einschätzung von einer Schadenshöhe allein am Gebäude und an den zerstörten Anlagen von weit über zwei Millionen D-Mark aus. Für damalige Verhältnisse war dies eine riesige Summe. In dieser vorläufigen Kalkulation waren die enormen Folgeschäden durch den Produktionsausfall noch gar nicht enthalten.
Der damalige Direktor Heinz Kern (1919 bis 2010) versicherte am Tag nach dem Brand im Beisein des Kanderner Bürgermeisters Friedrich Kiefer (1922 bis 1966) und des Regierungsvizepräsidenten Hans Schnarrenberger (1907 bis 1987) aus Freiburg, dass nicht beabsichtigt sei, Belegschaftsmitglieder zu entlassen. Vielmehr sei man darum bemüht, die Dachziegelproduktion so schnell wie möglich wieder aufzunehmen. Eine hoffnungsvolle Botschaft für die Arbeiter, die nach der Zerstörung ihrer Arbeitsstätte zunächst nicht wussten, wie es weitergehen wird.
In jener Zeit galten die Tonwerke Kandern als größter Arbeitgeber der Stadt. Vor 60 Jahren waren etwa 125 Arbeiter und Angestellte im Werk tätig. Zur großen Freude aller ging es weiter. Die Geschäftsleitung hielt Wort. Der Wiederaufbau wurde mit Erfolg in Angriff genommen und so konnten noch 34 Jahre lang nach der völligen Zerstörung der Tonfabrik Ziegel- und Backsteine produziert werden wie zuvor.
Dann erwarben neue Eigentümer aus Belgien das traditionsreiche Kanderner Unternehmen. Diese hatten leider überhaupt kein Interesse daran, die Tonwerke Kandern weiter zu führen und stellten im Juni 1998 kurzerhand den Betrieb ein. Den damaligen Großbrand von 1964 im Rückblick hatten die Tonwerke relativ gut überstanden, die Übernahme durch die belgischen Fabrikbesitzer nicht.