Kleines Wiesental Alle zwei Wochen kommt die Doris

Christoph Schennen
Doris Leimeier und Jeanette Kiefer-Cardinale mit einer syrischen Flüchtlingsfamilie. Foto: Christoph Schennen

Integration: Besuch bei einer Flüchtlingsfamilie im Kleinen Wiesental. Caritas betreut Migranten.

Kleines Wiesental - Wer im Kleinen Wiesental wohnt, schätzt die idyllische Lage. Wer aber dort wohnen muss und kein Auto besitzt, weiß auch, dass die abgeschiedene Lage Nachteile hat.

In einem kleinen Dorf

Die Familie um Abdulrahman und Rafah, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen wollen, stammt aus Idlib in Syrien und floh vor dem Krieg in ihrer Heimat nach Deutschland. Nach der Schließung der Gemeinschaftsunterkunft in Bürchau wohnen sie nun in einem kleinen Dorf im Tal. Die Wohnsitzauflage verhindert, dass sie sich eine Wohnung in einer Stadt suchen dürfen.

Weil das Familienoberhaupt aber noch nicht arbeitet und noch nicht frühmorgens am Arbeitsplatz sein muss, ist die etwas abgelegene Lage kein Problem für die siebenköpfige Familie.

Vater Abdulrahman besucht derzeit noch einen Sprachkurs, um Deutsch zu lernen. Wer ihm eine Frage auf Deutsch stellt, bekommt keine Antwort, weil die deutsche Sprache für den 48-Jährigen noch sehr fremd ist. Mit seiner Frau kann man sich sehr gut auf Englisch verständigen.

Um beispielsweise einzukaufen, ist die Familie auf den öffentlichen Personennahverkehr angewiesen, der in der Woche bei seiner letzten Fahrt um 18.36 Uhr in ihrem Wohnort hält.

Für die schulpflichtigen Kinder ist der an den Randzeiten und an Sonntagen spärliche Busverkehr kein Problem. Der älteste Sohn geht in Lörrach zur Schule, die älteste Tochter in Zell. Die Schule endet mittags, und dann ist es kein Problem, zurück nach Hause zu kommen. Wenn aber der Bus um 7 Uhr verpasst wird, haben die Kinder ein Problem.

Und wenn Abdulrahman, der Konditor ist, einen Job findet, in der es wie bei einem Bäcker eine Frühschicht gibt, dann wird eine gute ÖPNV-Versorgung wichtiger als eine ruhige Wohnumgebung.

Caritas-Büro liegt in Zell

„Wer hier wohnt, muss sehr viel organisieren und planen“, sagt Doris Leimeier vom Caritasverband für den Landkreis Lörrach. Sie ist Integrationsmanagerin für Zell und das Kleine Wiesental.

Im letzteren sind vier Flüchtlingsfamilien (insgesamt 19 Personen) untergebracht. Ein Ehepaar soll, sobald eine Wohnung in der Gemeinde gefunden ist, auch noch ins Tal ziehen. Dann wohnen dort 21 Flüchtlinge.

Die Flüchtlinge, die in Zell untergebracht sind, können Leimeier in ihrem Büro an der Zeller Bahnhofstraße besuchen, wenn sie ein Problem haben. Für die Flüchtlinge im Kleinen Wiesental ist das etwas schwieriger, und deswegen besucht Leimeier alle zwei Wochen dienstags ihre Schützlinge vor Ort. „Meine Aufgabe ist es, Flüchtlinge bei der Integration zu unterstützen“, sagt die Nordrhein-Westfälin. „Zunächst einmal, schaue ich, auf welchen Stand die Flüchtlinge sind, und dann entscheide ich, welche Ziele für sie wichtig sind.“

Sie hilft bei der Jobsuche, bespricht Probleme, wenn Behördengänge Verdruss auslösen, erklärt, wie man Eltern- und Kindergeld oder andere Unterstützungsleistungen beantragen kann und spricht wenn nötig mit Lehrern. „Jüngst hat sich ein Lehrer an die Gemeindeverwaltung des Kleinen Wiesentals gewandt, die ihm wiederum meine Adresse mitgeteilt haben. Ich konnte ihm dann weiterhelfen.“

„Women’s Peace Table“

Sehr gefreut hat sich Leimeier, dass sich auf ihre Anzeige im Gemeindeblatt jemand gemeldet hat, der ehrenamtlich Nachhilfestunden leisten will. Denn professionelle Nachhilfe ist für die Flüchtlingsfamilie zu teuer. Jeanette Kiefer-Kardinale aus Eichholz kümmert sich um Flüchtlinge seit Bestehen der Gemeinschaftsunterkunft in Bürchau. Sie ist auch Mitglied im „Women`s peace table Kleines Wiesental“, einem Netzwerk von Aktivistinnen, das sich für Frieden und Gewaltfreiheit auf der Welt einsetzt. Im Tal beteiligen sich zwölf bis 15 Frauen an dem Projekt. In den letzten beiden Wochen haben sich die Frauen getroffen, um mit Flüchtlingsfrauen arabisches und syrisches Gebäck herzustellen, das auf dem Weihnachtsmarkt in Schopfheim am Samstag, 15. Dezember, und Sonntag, 16. Dezember, verkauft werden soll.

„Den Erlös spenden wir dem Frauenhaus in Lörrach“, sagt Jeanette Kiefer-Cardinale. Ihre Aufgabe sieht sie auch darin, Verbindungen zwischen der Landbevölkerung und den Flüchtlingen zu schaffen. Denn Rafah wünscht sich, „dass die Deutschen mit mir und nicht über mich sprechen.“

Vermittlerinnen wie Jeanette Kiefer-Cardinale sind laut Doris Leimeier wichtig für die Integration. „Für uns Deutsche ist es nicht immer einfach, sich einer fremden Gruppe anzuschließen“, sagt sie im Hinblick auf einen Besuch der syrischen Familie im örtlichen Musikverein. „Und wenn man zudem nicht die Sprache beherrscht, ist es noch mal schwieriger“, fügt sie hinzu. Umso hilfreicher sei es in einem solchen Fall, „wenn jemand dabei ist“.

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