Kleines Wiesental Dramatische Situationen geschildert

Markgräfler Tagblatt
Das Bild „Tegernau mit Belchen“ von 1947 wurde beim „Krone“-Frühschoppen übergeben. Foto: Gudrun Gehr Foto: Markgräfler Tagblatt

„Zeitzeugen im Gespräch“: Klaus-Dieter Bühner eröffnete die neue Frühschoppenserie in der „Krone“

Das Kleine Wiesental mit der Initiative KuK hat sich schon sehr früh um die Aufarbeitung der NS-Geschichte im Tal bemüht. Zum Thema „Zeitzeugen im Gespräch“ fanden sich am Sonntag zum Frühschoppen etwa 40 Besucher in der Tegernauer „Krone“ ein.

Von Gudrun Gehr

Kleines Wiesental . Nicht alltägliche Post fand Hans Viardot von KuK vor einiger Zeit in seinem Briefkasten vor. Klaus-Dieter Bühner, ein fast gleichaltriges Nachbarskind aus längst vergangenen Jahren, übersandte ihm einen langen Brief, der viele alte gemeinsame Erinnerungen enthielt. Der Nachbarsjunge wurde im Jahr 1940 geboren. Er erinnerte sich in dem Schreiben an viele Einzelheiten aus der Kindheit, an die gemeinsamen Spiele und Streiche in Tegernau, die sechsjährige Kinder zusammen anstellen. Das Schreiben des Freundes aus Kindertagen, das die schwierige Übergangszeit zum Inhalt hatte, inspirierte Hans Viardot mit der Initiative KuK, eine neue Frühschoppenserie unter dem Thema „Zeitzeugen im Gespräch“ zu veranstalten. Eben jener nunmehr in Frankfurt wohnende Kindheitsfreund eröffnete am Sonntag die neue Gesprächsreihe in der „Krone“.

Kindheitserinnerungen

Bühners Großvater Karl Beck war als Gendarm in Tegernau tätig und wurde von seinem Enkel als freundlicher und hilfsbereiter Mensch beschrieben. Die Gendarmerie von Tegernau mit den Arrestzellen im Untergeschoss war damals in dem Gebäude untergebracht, das auch der kleine Klaus-Dieter mit seiner Familie bewohnte. Jetzt dient das Gebäude als Postagentur und Sparkasse.

Bis jetzt hat sich Bühners Erinnerung an das Kriegsende erhalten. Ende April 1945 hoben deutsche Soldaten an der Straße nach Wieslet und in der Brücke am Ortsausgang Gruben aus, um den eindringenden Franzosen die Straßenbenutzung unmöglich zu machen. Das Graben war vergebens: Die Besatzer kamen mit zahlreichen Fahrrädern und einem Panzerspähwagen aus Richtung Wies. Die hier eindringenden Besatzer wurden von verbleibenden deutschen Soldaten von der Waldseite her beschossen, ohne jedoch aufgehalten worden zu sein. Bühners Großvater und dessen zwei Kollegen mussten deshalb stundenlang mit erhobenen Händen vor dem Haus stehen und wären erschossen worden, wenn aus dem Wald weiterhin Schüsse gefallen wären.

Bildübergabe

Klaus-Dieter Bühner war bislang im Besitz eines Gemäldes von Werner Bechtel aus Tegernau, das dieser im Jahr 1947 gemalt hatte. Das Bildnis stellt Tegernau dar, im Hintergrund ist der Belchen zu sehen. Die Feststellungen von Hans Viardot ergaben, dass ein älteres Bild vom gleichen Motiv existiert, allerdings ohne den Belchen. Dieses stammt vom Vater des Werner Bechtel, Rudi Bechtel. Dieses ursprünglich gemalte Bild wurde in das Buch „Das Kleine Wiesental und seine Maler“ aufgenommen. Bühner schenkte das Bildnis der Herkunftsfamilie, und übergab es Wolf-Dieter Bechtel, dem Enkel beziehungsweise Sohn der beiden talentierten Maler.

Weitere Zeitzeugen

An dramatische Situationen zum Kriegsende konnten sich weitere Zeitzeugen beim Frühschoppen erinnern. So berichtete eine Bürgerin aus Bürchau, wie ihre damals 16-jährige Freundin von einem marokkanischen Soldaten unter Vorhalt eines Gewehrs vom Kartoffelacker in Richtung Wald gezwungen wurde. Nur einem aufmerksamen Einwohner, der eingegriffen hatte, sei zu verdanken, dass kein weiterer Schaden entstanden sei.

Ein älterer Tegernauer berichtete vom Fund von Leichenteilen einer weiblichen Person bei Eichholz. Es handelte sich um die Leichenreste der 24-jährigen Friedel Dörflinger aus Tegernau, die auf dem Heimweg vom Kirchgang von marokkanischen Soldaten vergewaltigt und ermordet wurde. Der Zeuge berichtete, dass die Feuerwehr die damals vermisste junge Frau etwa ein Jahr lang suchte, es konnten noch der Schuh, Kleiderreste und eine Brosche der Ermordeten in einem Waldstück bei Eichholz aufgefunden werden. Die Funde wurden der französischen Militärpolizei übergeben, was weiter geschah, konnte der Zeuge nicht angeben.

Zeitzeugen berichteten ebenfalls von Sprengungen in Tegernau und Langensee. Couragierte Bewohner verhinderten die Sprengung der Staumauer des Kraftwerkes an der Köhlgartenwiese durch Angehörige des Wehrmacht.

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