Kleines Wiesental Es war Liebe auf den ersten Blick

Markgräfler Tagblatt

Eiserne Hochzeit: Waltraud und Willi Zeh sind seit 65 Jahren verheiratet / Begegnung im Milchhüsli

Fünfundsechzig Jahre ist es nun her, dass sich im November 1954 insgesamt fünf Ehepaare in Bürchau auf dem Rathaus das Ja-Wort gaben, ein für das Dörflein wohl einmaliges Ereignis.

Von Gudrun Gehr

Kleines Wiesental-Bürchau. Der Monat musste für die Ankunft im Hafen der Ehe wohl besonders geeignet erschienen sein. Unter den glücklichen Brautpaaren befanden sich auch Willi und Waldtraud Zeh, geborene Walter, die sich am 13. November 1954 das Ja-Wort gaben.

Der im Jahr 1927 geborene Wilhelm Zeh gründete im gleichen Jahr mit seiner aus Sallneck stammenden Frau Waltraud einen gemeinsamen Hausstand in Oberbürchau.

1949 war Willi Zeh mit dem Fahrrad von Bürchau nach Sallneck gefahren, um dort einen Korb voll Zwetschgen abzuholen. Im „Milchhüsli“ traf er auf die sieben Jahre jüngere und dort beschäftigte Waltraud Walter und verliebte sich Hals über Kopf in sie. Er wusste gleich, dass die Sallneckerin die Richtige für ihn war. Auch die Angebetete empfand für den feschen jungen Burschen Liebe auf den ersten Blick. Willi Zeh sagte: „Sie hat mir damals genauso gut gefallen, wie sie mir immer noch gefällt.“

Schnell hatten die beiden sich füreinander entschieden, und so folgte 1954 die Heirat. Mit dem Postbus fuhr die Hochzeitsgesellschaft von Bürchau zur kirchlichen Trauung nach Neuenweg. Im gleichen Jahr übernahm das Paar den aus dem Jahr 1696 stammenden, traumhaft gelegenen Bauernhof des Großvaters von Wilhelm Zeh oberhalb von Bürchau.

Das Paar hatte künftig alle Hände voll zu tun mit der landwirtschaftlichen Arbeit, der Viehhaltung, der Vermietung von Ferienzimmern und war über 38 Jahre lang als Farrenhalter in Bürchau tätig. Ebenfalls fand Willi Zeh eine Anstellung bei der Gemeinde als Waldarbeiter.

Die Erzählungen der Eheleute über ihr reichhaltiges Leben könnten Bücher füllen. Willi Zeh hatte bereits in jungen Jahren eine entbehrungsreiche Zeit hinter sich gebracht. Willi Zehs erste, als sehr glücklich empfundenen Jugendjahre, verbrachte die rasch mit fünf Geschwistern angewachsene Familie auf dem großväterlichen Bauernhof in Oberbürchau. Seine Eltern zogen 1939 in das Heimatdorf seines Vaters nach Elbenschwand, die Familie übernahm dort den väterlichen Bauernhof, sein Vater war als Holzhändler selten zu Hause.

Willi Zeh hatte in Bürchau seine Freunde zurücklassen müssen und wurde in der neuen Heimat nicht heimisch. Er lief täglich zu Fuß in die Schule nach Langensee, im Winter nahmen die Schüler den Schlitten. Seine Konfirmation wurde 1942 im nicht mehr existenten Gasthaus „Löwen“ in Tegernau gefeiert, wobei die rationierten Lebensmittel für den Koch mitgebracht werden mussten. Der 17-jährige wurde drei Tage vor dem Bombenangriff auf Freiburg zur Wehrmacht eingezogen. In Baracken beim Mooswald erlebte er die Bombennacht vom 27. November 1944 und rettete sich in ein Erdloch vor den Granatensplittern. Soldat Willi Zeh erlebte noch im März 1945 letzte Bombenangriffe der Amerikaner bei Niefern im Enzkreis, wo 15 Soldaten seiner Einheit getötet wurden. Danach entledigten sich Willi Zeh und ein Kamerad ihrer Uniformen und zogen aufgefundene Arbeitsanzüge an. Die beiden gaben sich als Firmenbeauftragte aus und wollten zu Fuß nach Elbenschwand heimkehren.

Im Laufe mehrerer Stationen gelangten sie wenige Tage vor Kriegsende, am 30. April 1945, zum Feldberg, wo sie glücklicherweise auf französischen Besatzungskräfte und nicht auf Reste der deutschen Wehrmacht trafen. Es folgte die Gefangenschaft mit Zwangsarbeit auf einem Bauernhof in Mittelfrankreich, wo Willi Zeh 1948 entlassen wurde. Er erinnert sich: „Anfangs meiner Gefangenschaft war ich bis auf 45 Kilogramm heruntergehungert.“ Er berichtete: „Ich kam richtig verwildert nach Hause und hatte zwischenzeitlich zwei neue Geschwister bekommen.“

Ehefrau Waltraud, Jahrgang 1934, wuchs mit zwei Geschwistern in einer kleinen Landwirtschaft auf. Sie besuchte in Tegernau die Kochschule, wobei die Mädchen die Lebensmittel von zuhause mitbringen mussten. Anschließend erfolgten Anstellungen in Haushalten in Hüsingen und Basel. Hier durfte die junge Waltraud nur einmal monatlich für einen Tag nach Hause kommen. „Willi fand immer einen Weg, mich mit seinem Motorrad zu besuchen.“

Zwei Töchter entstammen der Ehe. Tochter Judith wurde im Jahr 1955 geboren und wohnt auf dem gegenüberliegenden Hang, der Bürchauer Sonnhalde. Das Nesthäkchen Adelheid kam 1961 zur Welt, gemeinsam mit ihrem Ehemann wohnt sie ebenfalls im elterlichen Bauernhaus. Drei Enkel und zwischenzeitlich zwei Urenkelinnen halten die Urgroßeltern auf Trab. Die Zehs unterhalten ein lebendiges Familienleben. Waldtraud Zeh lässt es sich nicht nehmen, für die Familie zu kochen, zu backen und in ihrer guten Stube zu bewirten. Auch den Garten, den Hühnerstall, ausnahmsweise einige Zimmervermietungen und Handarbeiten, bewältigt die Seniorin noch souverän. Ihr Ehemann überlebte 2007 einen Sturz vom Nussbaum mit lebensgefährlichen Verletzungen, hat sich jedoch mit einigen Folgeschäden noch berappelt.

Waltraud Zeh berichtet: „Er hat jeden Tag etwas zu werkeln.“ Willi Zeh liebt die Arbeit mit Holz, bezeichnet sich selbst als „Holzwurm“ und stellt in seiner liebevoll eingerichteten Hobby-Schreinerwerkstatt beeindruckende Möbelstücke her. Beide rüstige Senioren sind zeitweise bei Tages-Busfahrten anzutreffen.

Den Jahrestag ihrer eisernen Hochzeit am Mittwoch feiert das Jubelpaar im Kreise der Familie im gleichen gemütlichen Wohnzimmer wie bei der Hochzeit vor 65 Jahren.

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