Kleines Wiesental Für alles geeignet, für nichts gut

Markgräfler Tagblatt
Der Kirchengemeinderat hat entschieden, dass die in den sechziger Jahren ausgebauten Register wieder eingebaut werden.                                                                                                                                                                               Foto: Christoph Schennen Foto: Markgräfler Tagblatt

Musik: Evangelische Kirchengemeinde Kleines Wiesental will ausgebaute Register wieder in Orgel einbauen

Die evangelische Kirchengemeinde Oberes Kleines Wiesental hat Mitte September eine Orgelfahrt unternommen. Die Fahrt wurde anlässlich der Diskussionen um die Zukunft der denkmalgeschützte Orgel der Laurentiuskirche unternommen. Nächstes Jahr wird sie 125 Jahre alt.

Von Christoph Schennen

Kleines Wiesental-Tegernau. In den sechziger Jahren wurden zwei Register durch neuere ersetzt, weil „die romantische Orgel damals nicht dem Musikgeschmack entsprach“, sagt Pfarrer Rave. Die evangelischen Christen empfanden den Klang der Orgel damals als „furchtbar“. „Ich vermute aber“, sagt Pfarrer Rave, „dass mehr Dinge als die Pfeifen nicht in Ordnung waren.“ Möglicherweise war die Windversorgung zu schwach oder es lag an der zu trockenen oder zu feuchten Luft oder den Temperaturen - die Kirchen hatten damals keine Heizung -, dass die Orgel nicht so klang wie erwünscht.

Musiker meinen, das Musikinstrument, das von August Merklin aus Freiburg gebaut wurde, habe durch den Ausbau der Register seine Seele verloren. „Manche sagen, die Orgel sei für alles geeignet, aber für nichts gut“, so der evangelische Pfarrer.

Die ausgebauten Register sind nicht verschwunden, sondern lagern auf dem Dachboden. Die Orgel ist das größte weitgehend erhaltene Instrument von Merklin.

Nun steht für diese Orgel eine Revision an. „Alle 25, 30 Jahre muss so etwas durchgeführt werden“, sagt Rave. Der Kirchengemeinderat musste nun entscheiden, ob diese Revision durchgeführt werden oder ob man die Orgel zurückbauen soll. Ob die Orgel nach einem Rückbau so gut klingt wie erwünscht, ist unklar. Um zu hören, wie die in ihren Ursprungszustand zurückversetzte Orgel klingen könnte, unternahmen einige Kirchenmitglieder eine Orgelfahrt. Auf dieser besuchten sie die St. Gallus-Kirche in Ötlingen, in der es eine Merklin-Orgel (ebenfalls aus dem Baujahr 1895) mit einem der in Tegernau fehlenden Register gibt und anschließend die katholische Kirche in Freiburg-Waltershofen. Bezirkskantor Kirchenmusikdirektor Christoph Bogon spielte beide Orgeln.

Orgeln klangen gut

„Die Orgeln, die wir in den beiden Kirchen gehört haben, klangen nicht furchtbar“, sagt Rave im Hinblick auf die Befürchtungen, ein Wieder- einbau der Register in die Tegernauer Orgel werde verheerende musikalische Folgen haben. „Anders als eine Barockorgel sind sie leiser und meditativer.“

Kennzeichen einer romantischen Orgel sei es, dass hier ein Orchester in einem Instrument abgebildet werde. Würde man die ausgebauten Register in das Musikinstrument der Laurentius-Kirche einbauen, hätten man zudem beides, eine Romantikorgel in Tegernau und in der kleineren Kirche in Wies eine Barockorgel, sagt der Pfarrer.

Er verweist auch darauf, dass die Gemeinde eine Verantwortung für das Erbe der Vorfahren habe. „Die relativ armen Bürger des Kleinen Wiesentals haben viel Geld dafür ausgegeben - drei Jahresgehälter -, um 1895 für die Kirche eine Orgel zu kaufen. Das war ihnen das wert. Sie fanden, dass die Kulturlandschaft nicht nur aus offenen Wiesen, sondern auch aus Kultur besteht.“

Besuch beim Orgelbauer

Auch ein Besuch beim Orgelbauer Jens Steinhoff in seiner Werkstatt in Schwörstadt stand auf dem Programm der Exkursion. „Die Gemeindemitglieder haben die Handwerkskunst hinter dem Orgelbau kennengelernt“, betont Rave.

Bei der jüngsten Kirchengemeinderatssitzung stand die Zukunft der Orgel dann auf der Tagesordnung. „Es wurde zwei Stunden debattiert, ehe dann einstimmig der Beschluss fiel, dass wir den Rückbau wagen sollen“, fasst Rave die Entscheidung zusammen. Die Register werden also wieder eingebaut. Rave frohlockt: „Die Finanzierung dieser Maßnahme war noch nicht so günstig wie jetzt.“ Er verweist darauf, dass es einen Sonderfonds UNESCO-Weltkulturerbe gibt. Auch Mittel aus dem LEADER-Förderprogramm der Europäischen Union erhofft sich der Geistliche.

Zum 125-jährigen Bestehen der Orgel hat die Kirchengemeinde zudem etwas besonderes geplant: Dann spielt Kirchenmusikdirektor Christoph Bogon an der Orgel das gleiche Programm wie bei der Einweihung 1895.

Umfrage

Heizung

Der Ausbau des Fernwärmenetzes im Landkreis Lörrach nimmt Fahrt auf. Würden Sie, falls möglich, Ihr Haus an das Netz anschließen lassen?

Ergebnis anzeigen
loading