Kleines Wiesental Handhieb macht die Feile schärfer

Markgräfler Tagblatt
Udo Pechar hat vor zwei Jahren beim Brauchtumsfest demonstriert, wie er Feilen und Raspeln herstellt. Foto: zVg Foto: Markgräfler Tagblatt

Altes Handwerk: Udo Pechar stellt Feilen und Raspeln her und kommt als Besucher zum Brauchtumsfest

Beim Brauchtumsfest in Raich wird am Sonntag auch wieder die alte Feilenhauerei in Aktion zu sehen sein. „Die Besucher hören und sehen, wie Feilen entstehen - ein aktives Museum“, lobt Udo Pechar die Aktion. In anderen Museen gebe es zwar ähnliche Maschinen wie in Raich; wie sie funktionieren würde aber nicht mehr vorgeführt.

Von Christoph Schennen

Kleines Wiesental / Tuttlingen. Der 60-Jährige ist Feilenhauer und Raspelmacher in Tuttlingen (Pechar Rasps). Anders als bei den letzten Festen wird er dieses Jahr aber nicht zeigen, wie er - in Handarbeit - Feilen und Raspeln herstellt.

„Weil ich mir ein paar großformatige Fotos abholen will und es mir außerordentlich gefällt, besuche ich aber das Fest“, sagt er.

Pechar hat die handwerkliche Feilen- und Raspelherstellung erst spät für sich entdeckt.

Zunächst lernte er Zahntechniker, ehe er sich mit 44 Jahren entschloss, das Handwerk seines Stiefvaters Wilhelm Theiss zu erlernen und nach dessen Tod die Werkstatt in Tuttlingen zu übernehmen. „Nicht nur das Handwerk an sich, sondern auch der Schritt in die Selbstständigkeit hat mich gereizt“, sagt er.

Früher war das Feilenhauer-Handwerk weit verbreitet; es gab beispielsweise Werkstätten in Tuttlingen oder in Thüringen. In Europa gibt es inzwischen nur noch wenige Handwerker, die Feilen und Raspeln per Hand herstellen. „Dass ich diese Werkzeuge in Kombinationstechnik sowohl für die Medizintechnik als auch für den Instrumentenbau herstelle, ist wohl einmalig“, sagt Pechar.

Einsatz im Holzinstrumentebau und in der Chirurgie

Auf seine Metallrohlinge für Feilen bringt er zunächst einen Unterhieb auf, später den Oberhieb, der schräg in entgegengesetzter Richtung verläuft. Es liegen nun zwei sich kreuzende Rillenstrukturen vor (Kreuzhieb). „Der Oberhieb sorgt dafür, dass die Feile scharf wird“, sagt Pechar. Weil die Unterhiebteilung größer ist als die Oberhiebteilung, entstehen seitlich versetzte hintereinander angeordnete Zähne. Auf einen Metallrohling, der zu einer Raspel wird, haut er mithilfe eines Hammers und mit einem Meißel regelmäßig Zähne hinein. Bis zu tausend und mehr solcher spitzen Erhebungen entstehen pro Seite.

Feilen und Raspeln kommen in der Chirurgie zum Einsatz, aber auch im Holzinstrumentenbau.

„80 Prozent meiner Erträge erziele ich mit der Werkzeugherstellung für die Medizintechnik, 20 Prozent meiner Erträge mit der Werkzeugherstellung für den Holzinstrumentenbau“, sagt der Tuttlinger.

Was sind die Vorzüge der manuellen Herstellung? „Die mit Maschinen hergestellten Feilen und Raspeln für die Holzinstrumente sind gröber und verursachen eher Furchen, wenn man sie benutzt“, erklärt Pechar. Deswegen schwören Geigenbauer auf die manuell hergestellten Werkzeuge. „Wenn eine Violine 6000 Euro kostet, gibt man auch 100 Euro für eine von mir hergestellte Raspel aus“, sagt der Tuttlinger. Seine Produkte werden in Japan ebenso eingesetzt wie in Australien, Brasilien, USA, Kanada oder Europa und natürlich in Deutschland.

Neben der hochwertigen Produktion der medizinischen Instrumente in Deutschland werden dieselben hauptsächlich in Pakistan und China für Länder produziert, die diese teuren Instrumente nicht finanzieren können. Baumarkt-Massenware an Feilen und Raspeln wird heute überwiegend in Fernost hergestellt.

Wenn Pechar in sechs Jahren in Rente geht, heißt das nicht, dass er sich entspannt zurücklehnt. Das hat sein Stiefvater auch nicht getan. „Er hat noch mit 78 Jahren Raspeln und Feilen gehauen und hat das als sein Hobby betrachtet.“ „Ich werde meine Arbeit sicher stark reduzieren, aber es ist eine reizvolle Tätigkeit, etwas zu machen, was als Beruf, als Handwerk, ausgestorben ist“, fügt er hinzu.

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