Kleines Wiesental „Ich habe meinen Traumberuf ausgeübt“

Markgräfler Tagblatt
Schulleiterin Ursula Kleinedler an ihrem Arbeitsplatz, den sie zum Schuljahresende verlässt.                                                                                                                                                                                                                                                 Foto: zVg Foto: Markgräfler Tagblatt

Interview: Ursula Kleinedler, scheidende Rektorin der Naturparkschule, über den Schulalltag und die Eltern

„Ich bin froh über die Zeit, die ich hier hatte“, meinte Ursula Kleinedler, scheidende Rektorin der Naturparkschule in Tegernau. Formell der letzte Arbeitstag vor ihrem Ruhestand ist der 31. Juli.

Kleines Wiesental (ger). Kleinedler ist seit 2002 Rektorin, zuvor war sie drei Jahre lang Konrektorin. „Die Arbeit mit den Kindern war immer ein großes Thema bei mir“. Dennoch freut sich die angehende Pensionärin auf den kommenden „Unruhestand“. Zum Abschied stellte sie sich den Fragen unserer Mitarbeiterin Gudrun Gehr.

Frage: Frau Kleinedler, können Sie sich noch an Ihren „ersten Schultag“ im Kleinen Wiesental erinnern?

Als Primarstufenlehrerin aus Nordrhein-Westfalen musste ich, um in Baden-Württemberg unterrichten zu können, eine erneute, aber verkürzte Referendarzeit als Grund- und Hauptschullehrerin absolvieren. In der Grundschule arbeitete ich also als fertige Lehrerin, in der Hauptschule war ich nochmals in der Ausbildung. Wir hatten gerade in Tegernau gebaut, meine ältere Tochter besuchte das zweite Schuljahr, der Sohn und die jüngere Tochter waren zweieinhalb und fünf Jahre alt. Die Umstände waren also etwas schwierig, aber ich war froh, wenigstens den schulischen Teil der Ausbildung am Wohnort machen zu können.

Lustig war, dass ich von einer Dame aus dem Dorf vorher schon immer mal Grünabfälle für unsere Kaninchen bekommen habe. Sie hat mir diese oft an unser Grundstück gelegt. Als ich die siebte Klasse nun in Mathematik übernahm, lagen dann stattdessen, wohl als Aufmerksamkeit, auch Möhren, Kohlrabi und ähnliches noch an dem Grün. Es stellte sich heraus, dass das Enkelkind in der besagten Klasse saß.

Wie haben Sie Schüler, Kollegen und Eltern an der Schule erlebt?

Die Kolleginnen und Kollegen waren anfangs eher zurückhaltend, vielleicht konnten sie aber auch einfach nichts mit meinem „Sonderstatus“ anfangen, oder ich war als Kind des Ruhrgebiets noch unerfahren im Umgang mit der eher zurückhaltenden Mentalität hier im Alemannischen. Mit den Schülerinnen und Schülern wurde ich schnell warm, aber das waren halt auch Kinder oder Heranwachsende.

An welche Ereignisse erinnern Sie sich als Schulleiterin am deutlichsten?

An meine ersten Einschulungsfeiern als Konrektorin, überhaupt an die Einschulungsfeiern und an die Verabschiedungen. Auch an die vielen außerunterrichtlichen Veranstaltungen, bei denen man die Schülerinnen und Schüler auch mal ganz anders erleben durfte, an denen man Kontakte zu den Familien hatte, an denen auch die verschiedensten Gäste zu Besuch kamen. Aber auch an so manche schwere Verhandlung mit einzelnen Eltern oder mit dem Landrats- und Jugendamt, wenn es um den Schutz der Kinder ging.

Gibt es etwas, auf das Sie besonders stolz sind?

Zusammen mit den Kollegen und Kolleginnen an der Schule bin ich – und diesen Stolz teile ich gern mit den Eltern – stolz darauf, dass die Schülerinnen und Schüler aus dem Kleinen Wiesental in den weiterführenden Schulen und früher unsere Hauptschüler auch in den aufbauenden Schulen und Betrieben sowohl vom Verhalten als auch von der Leistung her, sehr geschätzt werden.

Ich freue mich auch, dass wir – nach der Pilotschule – die erste Naturparkschule im Südschwarzwald waren. Ich bin außerdem stolz darauf, dass wir auch als kleine Grundschule immerhin zwei Jahre als Ganztagsschule arbeiten durften, worauf die recht gute Betreuung rund um den Schulbetrieb zurückgeht, die heute von der Gemeinde angeboten wird.

Was machte rückblickend mehr Spaß: Schüler zu unterrichten oder eine Schule zu leiten?

Ich habe schon sehr früh bemerkt, dass mich auch die Organisation rund um den Schulbetrieb interessierte. Beispielsweise ist in England eine Schulleiterin nur Schulleiterin, obwohl das bei den steigenden Anforderungen vielleicht sogar Sinn macht, wäre das für mich nie eine Option gewesen. Ich glaube, die Kombination macht’s.

Worauf legten Sie als Rektorin besonderen Wert?

Es war mir wichtig, Schule so zu organisieren, dass die Schülerinnen und Schüler einen optimalen Rahmen vorfinden, in dem sie die notwendige Struktur und damit die Sicherheit haben, um gut lernen zu können und sich gut zu entwickeln. Offene, wertschätzende Gespräche sind wichtig: Mit den Kindern und Jugendlichen, mit den Eltern, mit der Gemeinde – und ganz wichtig und produktiv war und ist bei uns ein sehr guter Austausch im Kollegium.

Was hat sich am Schulleiterinnenjob, den Sie machen, geändert?

Der administrative Aufwand ist enorm gewachsen. Früher wurde die Grund- und Hauptschule mit derselben Anzahl an Verwaltungsstunden geleitet, wie heute die Grundschule. Wie in anderen Berufen ist der Aufwand für Dokumentationen gewachsen, Kontakte zu außerschulischen Instanzen haben zugenommen.

Sind Eltern heute mehr in den Schulalltag eingebunden als früher, beziehungsweise wollen sie mehr mitreden?

Die Elternarbeit ist intensiver geworden. Unsere Elternschaft unterstützt die Schule in vielen Bereichen: Ohne Fahrdienste oder auch ohne Begleitung der Eltern könnten manche Veranstaltungen so nicht stattfinden. Ich denke da beispielsweise an den Wintersporttag, an dem Eltern mit unseren Schülerinnen und Schülern aufs Eis gehen, die Mitwirkung an Schulveranstaltungen und die Anfahrten, nicht zuletzt zu den Unternehmungen im Rahmen der Naturparkschule.

Und ja, die Eltern wollen sicher auch mehr mitreden. Da jeder einmal die Schule besucht hat, meint er, sich auszukennen. Da werden die immer schneller werdende Entwicklung der Schule und die damit verbundenen Veränderungen oft außer Acht gelassen. Ich habe mir schon so manches Mal gewünscht, dass Eltern einfach mehr Vertrauen in uns Lehrer – in unsere Ausbildung, in unsere Erfahrung in Beruf und eigener Familie, in unser Verantwortungsbewusstsein - haben.

Nun also gehen Sie in den Ruhestand. Ist die Nachfolge bereits geregelt?

Es wird zunächst keinen neuen Schulleiter geben. Eine Kollegin wird die Schule kommissarisch leiten.

Wie schwer fällt der Abschied?

Um ehrlich zu sein: Es fühlt sich gut an. Ich hatte das seltene Glück, meinen Traumberuf ausüben zu können. Ich habe zu Beginn meiner Ausbildung im Ruhrgebiet immer davon geträumt, einmal an einer Dorfschule unterrichten zu können. Dass aus der Grundschule dann noch eine Grund- und Hauptschule wurde und ich zudem noch die Chance bekam, meine Vorstellungen einzubringen und diese Schule zu leiten – was will man mehr?!

Was werden Sie am Schulleben am meisten vermissen?

Die Kinder. Und den Austausch mit den Kolleginnen über die uns anvertrauten Kinder. Die gute Zusammenarbeit mit den Eltern und der Gemeinde.

Gibt es auch irgendetwas, das Sie nicht vermissen werden?

Die Corona-Schulverordnung – und die Mitteilungen des Ministeriums am Freitagmittag, nachdem die Pressemeldung schon am Donnerstagabend veröffentlicht worden war.

Was werden Sie mit ihrer neu gewonnen Zeit anfangen?

Wir haben ein großes Haus mit Garten, unser Wohnmobil möchte endlich wieder mehr bewegt werden. Sport und Hobbys werden dann nicht mehr vernachlässigt und sicher werde ich nochmals auf den Jakobsweg gehen. Ich freue mich auf das Mehr an Zeit mit meinem Mann, mit der Familie und Freunden.

Eine Frage zum Schluss darf natürlich nicht fehlen. Jetzt können Sie es ja verraten: Gingen Sie als Schülerin gerne zur Schule?

Ja, obwohl ich in der Grundschule zu Beginn durchaus auch Schwierigkeiten hatte.

Ich habe das meinen Schülerinnen und Schülern häufig erzählt, um sie auf ihrem Weg zu ermutigen.

Ursula Kleinedler

Abitur 1976 in Castrop-Rauxel

Studium an der Pädagogischen Hochschule (PH) Dortmund 1976 bis 1980

Referendarzeit am Seminar Münster, Ausbildungsgruppe Gelsenkirchen 1980 bis 1982

1982/1983 Exportsachbearbeiterin in einer Textilfirma in Bürstadt/Hessen

Aushilfe an einer Primarschule in Effingen, Schweiz, 1989

Umzug nach Deutschland September 1992

Zweite Referendarzeit in Baden-Württemberg 1993/1994

Lehrerin an der Grundschule in Tumringen 1994/1995

Beginn an der Grund- und Hauptschule Kleines Wiesental 1995/1996

Konrektorin seit 1999

Schulleiterin seit 2002

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