Kleines Wiesental Kosmos von Bach und Mantra

Jürgen Scharf
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Theater im Hof: Cellist Alfredo Ferre mit „Spiritual Bach“

Von Jürgen Scharf

Kandern. Bach trifft Mantras: Was sich etwas schräg liest, klingt unter dem Cellobogen von Alfredo Ferre verblüffend stimmig. Der junge Cellist kam zu einem zweiten Solo-Recital gleich zwei Mal ins Theater im Hof nach Riedlingen, um sein Projekt mit „Spiritual Bach“ und der Kunst des Mantra-Singens zu vollenden.

Bei dieser inneren Reise der Harmonie kommen sich das barocke Köthen und andere Kulturen überraschend nahe. Natürlich dominieren bei einer solchen Bach-Exegese die Solosuiten des Altmeisters, die zur schönsten und wertvollsten Literatur für Violoncello gehören. Man könnte sie das Alte Testament der Cellisten nennen.

Unbegleitete Musik, die bei Ferre kein bisschen sperrig klingt. Spielt er doch Bach sehr natürlich, fließend, geschmeidig, ganz aus sich heraus, zudem völlig unangestrengt, als gäbe es keine technischen Schwierigkeiten, dazu uneitel, kein bisschen artifiziell oder romantisch verbrämt.

Bachs Solosuiten, die heute zum Repertoire jedes Cellisten gehören, interpretiert der Spanier mit leidenschaftlicher und engagierter Spielweise. Tänzerisch (in den schnellen Sätzen), verinnerlicht und vergeistigt in den langsamen Satzfolgen. Was technisch auffällt, sind Ferres spielerische Disziplin, seine sauberen Lagenwechsel und perfekten Doppelgriffe, die wendige Bogenführung und das sparsame, geschmackvolle Vibrato. Kurz: ein sonorer Celloton – dunkles Holz, heller Klang.

Keine leichte Übung, die Suiten Nr. 3, 4 und 5 ohne Pause hintereinander zu spielen, die Satzcharaktere der Tanzsätze so gut herauszuarbeiten und die Werkgruppe noch mit instrumentalen und gesungenen Mantras zu verbinden.

Leidenschaftliche Spielweise

Da klingen die Bach-Suiten kein bisschen nach Etüden, sondern sind edle Konzertliteratur, die Kontemplation und Poesie ausstrahlen. An den Schnittstellen der musikalischen Welten wird Divergierendes zu einer Einheit verschmolzen, Tiefe und poetische Imagination erreicht.

Auch mit elektronischer Musik unterwegs

Alfredo Ferre, der unter dem Künstlernamen Onomeya nicht nur im Bereich spiritueller, sondern auch elektronischer Musik unterwegs ist und im Raum Basel Klangheilungs-Sitzungen anbietet, kreiert mit seinem Programm konzeptionell Neues: eine Fusion zwischen Kontrapunkt und exotischer Musik, wobei Bach und der junge Cellist als Dialogpartner auftreten.

So erlebte das Publikum im Hof – einmal nicht unter der Kastanie, sondern mit Blick in den Schopf auf den in matt gedimmtem Licht agierenden Weltmusiker – einen Brückenschlag zwischen Ost und West, Meditation und Mystik, Komposition und Improvisation. Wie dieser Künstler mit spiritueller Neigung die einzelnen Elemente zu einer Einheit verknüpft, war ein faszinierendes „ganzheitliches“ Klang- und Sinneserlebnis.

Ganz im Geiste des großen Vorbilds Pablo Casals spielt Alfredo Ferre als Zugabe das instrumentale Arrangement des traditionellen katalanischen Volksliedes „Gesang der Vögel“. Zwar schliefen die Vögel im Hof schon, und es war still, aber der Cellist ließ sie diese Friedens-Melodie singen.

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