Kleines Wiesental Kunst und Kultur trotzen Pandemie

Jürgen Scharf

Rosenhof: Auftakt zum internationalen Tanzfestival im Kleinen Wiesental

Kleines Wiesental-Wies - Wie sich Spinnen bewegen, wie Männer ticken, wie Körper zueinander finden – all das sah man am ersten Abend in dichten, komprimierten Tanz-Performances beim viertägigen internationalen Tanzfestival im Kleinen Wiesental.

Da trifft sich die Tanzwelt an einem schönen, ungewöhnlichen Ort, aber warum auch nicht? Schließlich gibt es seit über 20 Jahren dieses spannende Festival des Rosenhofs. Diesmal an einem trockenen, sicheren Ort: Zuschauer und Künstler sind im Weideschuppen in Wies geschützt vor dem Regen.

Eine Spielstätte, die mit ihrer rustikalen Holz-Anmutung und puristischen Möblierung an die einstige Rosenhof-Scheune erinnert – nur etwas größer. Man fühlte sich seltsam berührt bei diesem Tanz-Kultur-Dialog „Distanz“. Nicht von ungefähr war Rosenhofleiterin und Festivalorganisatorin Pilar Buira Ferre am Donnerstagabend ebenfalls „sehr berührt“, dass die Menschen in solchen schwierigen Zeiten die Kultur unterstützen.

Kultur und Kunst sollen weiterleben trotz Pandemie, Angst und Unsicherheit, so die Choreografin und Tanzpädagogin, die sich hocherfreut und überrascht über die Landesförderung zeigte, die sie zum ersten Mal erhielt und die „einiges erlaubte, was sonst nicht möglich gewesen wäre“.

Es ist ein Festival mit Tänzern und kleinen Compagnien aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Spanien. Dass bei diesen Tanzabenden ganz viel passiert, sah man schon zum Auftakt in einer vielfältigen Abfolge von choreografischen Beiträgen aus dem Bereich des heutigen Tanztheaters und Modern Dance.

Höchst aufregend war das Stück über eine Frau, die sich in eine Spinne verwandelt. „Arachnée“ heißt diese Solo-Performance der Pariser Tänzer Maria Yannaros, bei der man nicht nur die Bewegungsmuster und das Geheimnis der Fortbewegung einer Laufspinne beobachten konnte, sondern auch die Fadenherstellung. Was tut eine Spinne mit den Beinen? Das war die Frage bei diesen merkwürdigen Gangarten und dem Spinnengekrabbel über die weiß ausgelegte Tanzfläche, um die herum das Publikum in dem aktuell gebührenden Abstand saß. Die Metamorphose vom Tier zum Mensch, eines Wesens halb Frau, halb Spinne, bekam sehr viel Beifall.

Die Überraschung des Abends war auch wirklich eine solche: Thomas Noone aus Barcelona, auf dessen Eintreffen man am Ende der Pause noch wartete, verblüffte mit seinem Solostück „After The Party“, das sich als besonderes „Duo“ entpuppte. Er tanzt wie ein Puppenspieler mit einer Marionette, oder wie ein Bauchredner, aber lautlos, nur mit Mundbewegungen der Puppe. Sie sah wie ein Selbstbildnis von ihm aus, war sein Alter Ego, mit dem er in einen pantomimisch-absurden Dialog tritt.

Überraschungsgast aus Barcelona

Vorausgegangen waren stilistisch verschiedene Tanzformen. Sogar ein Ballettsolo von nur einminütiger Dauer, in dem Anna Vogel Buira im Tutu eine Episode aus dem klassischen Ballettrepertoire („Don Quixote“) tanzte, allerdings nicht auf Spitze: die Rosenhof-Enkelin auf dem Weg zu einer Tänzerin.

Eine sehr körperliche Duo-Performance war von Melissa Kieffer und Susanne Ylikoski zu sehen: die 15-minütige Konstellation zweier Körper, die sich symbiotisch zu einem Menschen vereinen - schon eine richtige Tanzskulptur. Für die junge Tänzerin Kieffer war es (fast) ein Heimspiel, denn sie lebte einmal in Schwand, dem Zentrum des Tanzfestivals.

Männlich dagegen ging es zu bei Pilar Buiras „In-Zeit-Sprung“-Gruppe. Ihre Choreografie „Crazy Loop“ feiert und hinterfragt gleichzeitig die Männlichkeit. Die sechs Tanzenden symbolisieren Männerthemen: Jäger, Sieger, Verlierer. Sie agieren mit weiß getünchten Stühlen, schwarz gekleidet, und es geht vor allem um das Thema dieses Corona-Jahres: Distanz.

Elemente aus der Natur finden Eingang in diese Choreografie, große Äste, die wie Geweihe aussehen, und die Männer müssen hier eine eigene Tanzsprache finden. Das ging mehr als einmal unter die Haut, immer dann, wenn einzelne Darsteller ihrem Gegenüber im Publikum sehr direkt, aber lächelnd, in die Augen schauen. Manchem starr fixierenden Blick konnte man kaum standhalten: ein Face-to-Face-Tanzstück, aber mit Abstand, nach dem Motto: Wie hältst du’s mit der Distanz?

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