Kleines Wiesental Mobilitätsprojekt kommt ins Rollen

Zoë Schäuble
Einen Bürgerbus wie diesen in Efringen-Kirchen wird es auch bald im Kleinen Wiesental geben. Foto: Archiv

Interview: Gemeinde Kleines Wiesental installiert Bürgerrufauto / Angebot an alle gerichtet

Um die Mobilität ist es im ländlichen Raum bisweilen nicht allzu gut bestellt – besonders dann nicht, wenn man abgelegen wohnt und kein eigenes Auto zur Verfügung hat. Um Abhilfe zu schaffen, hat die Gemeinde Kleines Wiesental ein Mobilitätsangebot geschaffen, das in Kürze startet, wie Melanie Mühlhäuser, Seniorenbeauftragte im Kleinen Wiesental, im Interview berichtet.

Von Zoë Schäuble

Kleines Wiesental. Das Mobilitätsangebot kommt ins Rollen: Ab Montag, 12. Dezember, können Menschen im Kleinen Wiesental einen Fahrdienst für Senioren und von Montag bis Freitag einen Zubringerdienst von und zu den Bushaltestellen im Kleinen Wiesental buchen. An wen sich das Angebot explizit richtet und zu welchen Konditionen das Bürgerrufauto gebucht werden kann, weiß Mühlhäuser.

Frage: Frau Mühlhäuser, Sie sind die Initiatorin, die das Angebot auf den Weg gebracht hat. Um was geht es dabei genau?

Mobilität ist im Kleinen Wiesental – wie fast überall im ländlichen Raum – ein wichtiger Faktor, insbesondere für Menschen, die ohne ein eigenes Auto mobil sein möchten oder müssen. Lösungen hierfür zu schaffen ist eine der großen Herausforderungen, der sich die Gemeinde Kleines Wiesental stellt. Mit dem Projekt „Mobil im Tal leben – im Tal bleiben“ wird ein praxisgerechtes, modulares Mobilitätsangebot für das Region Kleine Wiesental realisiert.

Frage: Wie kamen Sie auf die Idee, dass dieses Angebot im Kleinen Wiesental gebraucht wird und an wen richtet sich das Angebot?

Die Idee, die Mobilität zu fördern ist schon seit Beginn des Projekts „Im Tal leben – im Tal bleiben“ der evangelischen Kirche und der Gemeinde im Jahr 2015 ein Thema. Schon damals wurde es in den Arbeitsgruppen als zentrale Notwendigkeit herausgearbeitet.

Das Projekt ist einerseits ein Angebot für Senioren: Es sind Fahrten für Menschen, die sich alters- oder gesundheitsbedingt nicht mehr selbst ans Steuer setzen wollen für Besuche von Behörden, Fußpflege, Ärzten, Physiotherapie, für Einkäufe und andere Ziele. Pflege- oder unterstützungsbedürftige Senioren erhalten hierbei die nötige Hilfestellung durch eine qualifizierte Begleitung.

Es ist aber auch ein Fahrangebot für alle Bürger sowie für Besucher des Tals: Von Montag bis Freitag kann ein Zubringerdienst von und zu den Bushaltestellen im Kleinen Wiesental gebucht werden. Wir wollen damit auch die Nutzung des ÖPNVs fördern und unterstützen. Wichtig ist, dass wir kein Ersatz für den Bus sein werden, sondern ein Zubringerdienst, damit die Busse genutzt werden können.

Durch die Einrichtung eines „Mitfahr-Telefons“ können neben den Fahrtwünschen für das Bürgerrufauto auch Angebote und Anfragen für das organisierte private Mitfahren entgegengenommen und koordiniert werden. Auch eine Mitfahr-App wird speziell für das Kleine Wiesental eingeführt, um Fahrgemeinschaften zu fördern.

Frage: Das klingt nach einem durchdachten Projekt. Welcher Gedanke steckt denn genau dahinter?

Das Angebot soll allen und vor allem älteren Menschen die Chance geben, möglichst lange selbstbestimmt im Kleinen Wiesental zu leben und zu wohnen. Das gemeinschaftliche Mobilitätsangebot stärkt damit die soziale Teilhabe, unterstützt nachhaltige Mobilitätsformen und führt zu einem lebenswerten Umfeld im Kleinen Wiesental.

Frage: Wer sind die Köpfe hinter dem Projekt und wie sind die Aufgaben verteilt?

Die wichtigsten Personen bei dem Vorhaben sind die Fahrer, die – entweder auf Minijobbasis oder gegen eine Ehrenamts-Aufwandsentschädigung – bereit sind, auf Anfrage Fahrten zu übernehmen. Diesen bieten wir neben der finanziellen Entschädigung beispielsweise auch Fahrsicherheitstrainings, Gesundheitschecks und Fortbildungen an. Dreh- und Angelpunkt ist die Fahrtenkoordinatorin, die sich um die Fahrtwünsche und die Einteilung der Fahrten kümmert. Daneben kann das Projekt nur durch die Einbettung in die Verwaltungsstruktur der Gemeinde funktionieren, die das Projekt sehr unterstützt.

Frage: Im Gemeinderat in Tegernau berichteten Sie ja jüngst von den Vorbereitungen – dabei wurde auch deutlich, dass sich als „Bürgerrufauto“ eher ein Pkw als ein Kleinbus eignet. Wie sind Sie zu diesem Schluss gekommen?

Die Gemeinde Kleines Wiesental ist eine Flächengemeinde mit einer Gesamtgröße von 78 Quadratkilometern und einer vereinzelten Siedlungsstruktur: Die über 40 Ortsteile, Weiler und Einzelgehöfte sind weit verstreut. Die Fälle, in denen mehr als vier Personen zur gleichen Zeit vom selben Ort zum selben Ziel möchten, werden eher selten sein. Für diese Anlässe – also beispielsweise Fahrten zu Veranstaltungen – haben wir die Möglichkeit, privat oder gewerblich Kleinbusse zu leihen. Dies erscheint uns sinnvoller als bei jeder Fahrt ein halbleeres Fahrzeug die Berge hoch und runter zu transportieren.

Frage: Was für ein Auto soll denn dann beschafft werden und wie wird das Projekt allgemein finanziert?

Das Bürgerrufauto soll ein Hochdachkombi sein – hier haben wir uns unter anderem bei der Tagespflege der Sozialstation Zell informiert, die mit solch einem Modell die Senioren von zuhause abholt. Die Schiebetüren, der hohe Aufbau, der gute Einstieg und der geräumige Laderaum für Rollatoren und Rollstühle erscheint uns am geeignetsten.

Die Gemeinde wird bei diesem Projekt unterstützt durch Fördermittel des Landkreis Lörrach (Strukturfördermittel) sowie des EU-Förderprogramms Leader.

Frage: Lassen Sie uns eine Anfrage durchspielen: Wie läuft es genau ab, wenn ein Nutzer eine Fahrt bucht und welche Schritte erfolgen nacheinander?

Ganz einfach: Für den Seniorenfahrdienst: Anrufen, Bedarf melden – je früher, desto besser – unsere Fahrtenkoordinatorin sucht einen passenden Fahrer, bei dem die zeitliche Kapazität und örtliche Nähe vorhanden sind. Dann wird der Fahrtauftrag vergeben und ein Abholort vereinbart.

Im Falle des Bus-Shuttles sieht es dann so aus: Der Nutzer wohnt beispielsweise in Sallneck oder in Bürchau und muss zu einer bestimmten Zeit in Schopfheim oder Schönau sein. Er ruft bei uns an und wird beraten, von welcher Haltestelle – ob zum Beispiel von Sallneck, Bürchau oder Tegernau – zu welcher Uhrzeit das am besten möglich ist und wir kümmern uns darum, dass er von der Haustüre zur rechten Zeit am Bus ist, ebenso bei der Heimkehr. Durch die Beratung am Telefon kann auch die Hemmschwelle, den Bus zu nutzen, geringer werden.

Auch Menschen, die bereit sind, jemanden mitzunehmen, können sich bei uns melden.

Frage: Wie ist allgemein die Resonanz? Gibt es bereits viele Anfragen seitens potenzieller Nutzer?

Dadurch dass wir zumindest für den Seniorenfahrdienst bereits „im Testlauf“ immer wieder Fahrten vermittelt haben, wissen wir, dass ein hoher Bedarf gegeben ist. Inwieweit der Fahrdienst wirklich umfassend nachgefragt wird, wird die spannende Frage der nächsten zwei Jahre sein.

Weitere Informationen: Die Auftaktveranstaltung, in deren Rahmen das Mobilitätsangebot, die Organisation und Akteure vorgestellt werden, findet am Freitag, 9. Dezember, ab 9 Uhr im Rathaussaal in Tegernau statt. Interessierte sind willkommen.

...ist als Seniorenbeauftrage im Kleinen Wiesental tätig. Unlängst hat die 49-jährige das Projekt „Mobil im Kleinen Wiesental“ ins Leben gerufen.

Umfrage

Bettina Stark-Watzinger

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat sich für Zivilschutzübungen an Schulen ausgesprochen. Damit sollen Schüler besser auf den Kriegsfall, Pandemien und Naturkatastrophen vorbereitet werden. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading