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Einige Glossen auf CD eingelesen
Mundart beschränkt sich bisher eigentlich auf Mündlichkeit. Das weiß keiner besser als Markus Manfred Jung. Deswegen hat er einige seiner veröffentlichten Glossen gleich auf CD eingelesen. Denn er weiß auch, dass sich die Verschriftlichung seiner Mundart nicht immer leicht liest und sich im Originalton (des stets launig vortragenden Dichters) umso besser erschließt. Vielleicht sollte man, und das ist ein Ratschlag von ihm, einfach im Buch mitlesen, wenn der Autor seine Texte in der Aufnahme selber vorliest.
Bekanntlich wird im Dialekt ja von Ort zu Ort anders gesprochen, und es gibt auch keine Rechtschreibregeln. Als Nicht-Alemanne stolpert ein Leser womöglich über verschiedene Dialektausdrücke in Jungs individuellem alemannischem Schriftdialekt. Diese schriftliche Parallelsprache kommt oft witzig und knitzig daher. Gern auch in einer „jungen“ Sprache; man denke nur an „Ei-Pätt“ oder eine andere lautmalerische Schreibweise wie „kuul“. Da ist der ehemalige Lehrer bei der Jugend von heute, die vor allem in der Schweiz im Dialekt SMS sendet oder Kurznachrichten twittert und so ihren eigenen verschriftlichten Dialekt prägt. In einigen seiner Glossen lacht Jung über diese neue Sprachlust, das Spiel mit dem Dialekt: „Ey geil, kuul!“
Im Kapitel „Däheim in de Sprooch“ lernt man so einiges über das „Welträtsel alemannische Sprooch“ und ihre Tücken, da spielt der Autor mit kuriosen Hör- und Sprachverwechslungen. Beruhigend, dass selbst ein gewiefter Mundartler wie Markus Manfred Jung nicht alle Dialekte gut versteht. Von Berndeutsch, gesteht er in einer Geschichte, habe er in einem Gespräch nur ein Dreiviertel begriffen, von einem Walliser Stammtischgespräch, selbst bei gespitzten Ohren, nicht einmal die Hälfte.
Natürlich sollte man die Mundart anhören, aber auch „läselehre“, sagt Jung zu dieser Schriftart, die man eigentlich nicht gewohnt ist. Man sollte einen Text auch mit den Ohren „lesen“, nicht nur mit den Augen. Und sich manche dieser Glossen selber laut vorlesen, und, „wenn niemand zuhört“, über das lachen, was dabei herauskommt.
So erschließt sich bestenfalls das, was Jung mit der „Schönheit der alemannischen Sprache“ meint. Dabei ist sich der Autor bewusst, wenn er jemandem diese sprachliche Schönheit erklären soll, dass er dann meist die Antwort kriegt: „Aber dieses grauselige Kratzen im Hals, dieses Rachen-CH: chruusig tönt das doch!“.
Na ja, da ist was dran, meint Jung, denn nicht wenige behaupten auch, das Alemannische sei eine Halskrankheit. „Hals-Chranket, wenn scho“. Und „Kuss“ gehe schon gar nicht mit CH, das wäre zu hart. Das habe schon der Hebel gewusst. Darum gebe es auch ein viel sanfteres, lieblicheres Wörtchen dafür: „Schmutz“. Ebbe!
Markus Manfred Jung: „Wenn i e Rebschtock wär“, 83 Glossen und Satiren mit einem ergänzenden Essay über „Muetterschprooch und Vatterschprooch“. Bebildert ist der Prosaband mit Zeichnungen von Bettina Bohn, beigelegt ist eine CD mit einer Lesung des Autors und Zwischenmusiken von Uli Führe. Drey-Verlag, 105 Seiten, 22 Euro.