Tegernauer Kirchenorgel: Der Schopfheimer Organist Douglas Bruce ließ das restaurierte Instrument erklingen
Dreimal „Ja“ zu dem Benefizkonzert für die Tegernauer Kirchenorgel, die erstmals seit Beginn der Restaurierung bei einem Testkonzert erklang: Ja, die Merklin-Orgel in Tegernau ist ein schönes Instrument. Ja, die Orgel in der Laurentiuskirche ist klanglich wieder fit. Und ja, man kann bald wieder auf ihr reguläre Konzerte geben, steht sie doch vor der Fertigstellung im nächsten Frühjahr.
Von Jürgen Scharf
Kleines Wiesental-Tegernau. An den Spieltisch dieser Orgel setzte sich am Wochenende der Schopfheimer Organist Douglas Bruce, um nicht nur die schönen Register, sondern auch die Mechanik auszuprobieren. Orgelbauer Jens Steinhoff stand dem Organisten mit seinem technischem Knowhow zur Seite.
Das Programm von Bruce und der Basler Sängerin Nicole Wehrli war dazu angetan, die romantische Kirchenorgel aus dem Jahr 1895 in all ihren schönen romantischen Klangfacetten sowohl solistisch als auch als Begleitinstrument ins rechte Licht zu rücken.
Das Klangbild der Orgel von August Merklin, eines von nur acht erhaltenen Instrumenten dieses Orgelbauers aus einer Breisgauer Orgelbauer-Dynastie, soll wieder in den originalen Zustand zurückversetzt werden und überzeugt jetzt schon, nach der in diesem Jahr begonnenen Restaurierung und der frischen Intonation, durch eine wohltuend farbige Klanglichkeit. Besonders die wunderbaren Flötenregister konnten sich ins Ohr schmeicheln.
Mit dieser historischen Orgel und ihren auf dem Dachboden der Kirche aufgefunden, gut erhaltenen und wieder eingesetzten Originalpfeifen und den alten Registern umzugehen, will allerdings gekonnt sein. Noch ist ein Orgelkonzert darauf für den Spieler ein echtes Abenteuer. Auch die alte Traktur und die Mechanik sind schwerer zu handhaben als bei modernen Instrumenten.
Der erste Test sollte wohl abschätzen, inwieweit die Frischzellenkur die „Königin der Instrumente“ wieder konzerttauglich macht. Stücke aus Klassik und Romantik wie Henry Smarts Marsch oder Carvalhos Allegro waren geradezu auf die klanglichen Möglichkeiten der Orgel zugeschnitten. Auch die Aria von Noel Rawsthorne klang in der Disposition der Orgel weich und schwebend und war das beste Plädoyer für die Restaurierung.
Auch in der Begleitung der Sängerin zeigten sich die Meriten der Orgel. Der Organist stellte der Mezzosopranistin die weichen, ätherischen Flötenregister zur Seite. Die Wahl der ruhigen Stücke war hier von Vorteil und brachte meditative Klänge hervor. Romantisch harmonisiert war die Caccini zugeschriebene Vertonung der beiden Worte „Ave Maria“.
Berückend schön sang Nicole Wehrli mit gut dosiertem Vibrato nicht nur das berühmteste „Ave verum corpus“ von Mozart, sondern mit „Panis Angelicus“ auch das bekannteste Stück der Kirchenmusik des Franzosen César Franck. Beide geistlichen Gesänge interpretierte die Sängerin mit liedhafter Innigkeit, warmem Mezzo und angenehmer Höhe, unterstützt von den lyrischen Orgelklängen.
Wie vital, temperamentvoll und vorwärtsdrängend Bruce die Manuale und Pedale der Orgel „traktiert“, kam nicht nur in den großen Werken des Abends, der akkurat und mit Verve gespielten berühmten d-Moll-Toccata von Bach und der zweiten Orgelsonate von Mendelssohn, sondern ebenso in den originellen wie kurzweiligen Variationen über ein Kirchenlied aus Wales von Hans Uwe Hielscher zum Ausdruck – auch wenn hier wie bei vielen historischen Kirchenorgeln die Arbeitsgeräusche beim Ein- und Ausfahren der Register und Koppeln zu hören waren.
Beim Benefizkonzert gab es hinterher Orgelwein und einen Blick ins offene Gehäuse. Auf die offizielle Wiedereinweihung der dann endgültig hergestellten Merklin-Orgel im Mai nächstes Jahres darf man gespannt sein.
