Kleines Wiesental Trockenheit bereitet

Markgräfler Tagblatt

Klimawandel: Drittes Dürrejahr in Folge bringt vielfältige Belastungen für das Kleine Wiesental mit sich

Große Sorgen macht man sich im Kleinen Wiesental angesichts der Tatsache, dass das dritte Dürrejahr in Folge die Natur extrem belastet. Die sich immer mehr festsetzende Trockenheit stellt nicht nur diejenigen, die in Wald und Flur aktiv sind, vor große Herausforderungen. Die Komplexität der Thematik wurde kürzlich bei einem Pressegespräch mit Experten deutlich.

Von Peter Schwendele

Kleines Wiesental. Forstbezirksleiter Joachim Trautwein, Landwirt Daniel Dreher, Patricia Fromm, Vorsitzende des Vereins Erneuerbare Energien Kleines Wiesental, EWS-Geschäftsführer Daniel Weiß und Bürgermeister Gerd Schönbett hatten sich im Tegernauer Rathaus zusammengefunden, um die dem Klimawandel geschuldete zunehmende Trockenheit aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten und sich auszutauschen.

Das erste Halbjahr 2020 sei noch trockener gewesen als das Jahr 2019, legte Daniel Weiß dar. Dies bringe vielfältige Probleme, etwa für den Wald, die Weiden oder auch für die Trinkwasserversorgung, mit sich. Viele Themen würden miteinander zusammenhängen, wobei sich mittlerweile fast alle einig seien, dass die Grundproblematik dem Klimawandel geschuldet sei, der wiederum menschengemacht ist und durch die hohe CO2-Konzentration in der Atmosphäre vorangetrieben wird.

Durstiger Wald

Dem Wald macht die Hitze schwer zu schaffen. „Sämtliche Baumarten leiden und sind geschädigt“, berichtete Förster Joachim Trautwein. Besonders bedenklich sei, dass auch bereits die nächste Baumgeneration von den Auswirkungen der Trockenheit betroffen sei. Wer sich im Wald umschaue, erkenne jetzt schon Baumverfärbungen, die zeigen, „dass der Wald an Durst leidet“.

Die Landwirte kämpfen ebenfalls mit den Folgen der zunehmenden Trockenheit. Der Mangel an Futtermitteln für das Vieh mache sich mittlerweile immer stärker bemerkbar, sagte Landwirt Daniel Dreher. Der notwendige Zukauf müsse aus immer größeren Entfernungen erfolgen, was die Betriebskosten immer mehr in die Höhe treibe. Wenn die Entwicklung so weitergehe, werde der Viehbestand im Wiesental zwangsläufig abnehmen. „Für uns Bauern sieht es derzeit sehr schlecht aus“, sagte Dreher.

Wie der Landwirt betonte auch Patricia Fromm vom Energieverein, dass sich die immer wieder auftretenden kurzfristigen Niederschläge kaum positiv auf die grundlegende Situation auswirken. „Für die Erholung der Grundwassersituation bringt das leider nur wenig“, stellte Fromm klar. Die aktuelle Entwicklung sei „sehr beängstigend, weil Wasser ein Grundnahrungsmittel ist“. Mittlerweile sei man an einem Punkt angelangt, wo es eher angebracht sei, von Klimakatastrophe anstatt von Klimawandel zu sprechen, so Fromm.

Dass es mit der Wasserversorgungssicherheit mittelfristig schwierig werden könne, wollte Bürgermeister Gerd Schönbett nicht ausschließen. Da die Quellschüttungen zurückgehen, sei zu befürchten, dass man in zehn oder zwanzig Jahren manche Ortsteile mit von außen eingekauftem Wasser versorgen müsse.

Für die Gemeinde stelle der Wald das zweite „Sorgenkind“ dar. Dieser sei als Wirtschaftsstandbein weggebrochen; 2019 habe man im Forst ein Minus von 140 000 Euro verkraften müssen, dieses Jahr dürfte das Loch noch größer werden. „Wir tun uns zunehmend schwer, den Wald so in Schuss zu halten, dass er weiter als Naherholungsgebiet fungieren kann“, sprach der Rathauschef ein weiteres Problem an. Wenn der von der Trockenheit provozierte Käferbefall weiter zunehme und die Bäume instabil mache, müssten im schlimmsten Fall aus Sicherheitsgründen Bereiche für Menschen gesperrt werden.

Klimaneutral werden

Um all die negativen Folgen des Klimawandels abzumildern und irgendwann die Lage wieder in den Griff zu bekommen, gebe es nur einen Weg, so EWS-Geschäftsführer Daniel Weiß: Klimaneutral werden. Um dies zu schaffen, müssten sich sowohl Entscheidungsprozesse als auch Einstellungen ändern. Weiß zeigte sich im Hinblick darauf allerdings optimistisch, da gerade im Kleinen Wiesental in der jüngsten Vergangenheit gezeigt worden sei, „was möglich ist“, meinte der EWS-Vertreter mit Blick auf die Einrichtung von gleich drei Wärmenetzen in den Ortsteilen Tegernau, Wies und Neuenweg, mit denen regenerative Energien gefördert werden. Hier zeige sich auch eine positive Haltung, die im ländlichen Raum noch stärker verbreitet sei, in städtischen Ballungsgebieten leider noch zu oft fehle und die darin zu erkennen sei, dass die Menschen bereit sind, sich zusammen mit anderen in ein System einzubringen, um dem Wohl des Ganzen zu dienen, so Weiß.

Grundsätzlich stand für die Runde fest, dass es einen vielfältigen Mix aus regenerativen Energien braucht, um den Klimawandel beherrschen zu können. Hier spiele die Holznutzung eine wichtige Rolle, aber es werde auch ohne Windenergie im Südschwarzwald nicht gehen, meinte Daniel Weiß. Wichtig sei, bei unterschiedlichen Ansichten immer sachlich und fair zu diskutieren. Angebracht wäre es auch, die Nutzung von Fotovoltaik stärker zu forcieren, waren sich die Teilnehmer einig. Hier könnte theoretisch auch die Kommune als Vorreiter agieren, meinte Bürgermeister Schönbett, musste aber einschränken, dass hierzu derzeit die finanziellen Möglichkeiten zu eingeschränkt seien

Während Förster Trautwein eine höhere Holzaufarbeitungshilfe als die aktuell sechs Euro pro Festmeter Schadholz vom Land forderte und hofft, dass der Wald mit einem andiskutierten Umbau (Abkehr von der Fichte, Hinwendung zur Douglasie) mittelfristig dem Klimawandel standhalten wird, warnte Landwirt Daniel Dreher davor, dass die hiesige Landwirtschaft mit dem bisherigen System nicht mehr lange konkurrenzfähig sein könnte.

Umweltkosten einpreisen

Die weitreichendsten Maßnahmen, um dem bedrohlichen Szenario des Klimawandels zu begegnen, brachte Patricia Fromm in die Diskussion ein. So ist es etwa aus ihrer Sicht unverständlich, dass im herrschenden Wirtschaftssystem die Schäden und damit die Kosten, die wirtschaftliche Prozesse verursachen, immer noch nicht in die Endprodukte eingepreist werden. „Wir müssen grundsätzlich beim Wirtschaften mehr auf das Gemeinwohl achten“, so ihr Plädoyer. Wie Fromm ankündigte, wird der Verein Erneuerbare Energien Kleines Wiesental im Herbst ein dreitägiges „Klimafestival“ veranstalten, um das komplexe Thema Klimawandel näher zu beleuchten.

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