DGB: Voraussetzungen für 15 Euro gegeben
In der Mindestlohnkommission sitzen Spitzenvertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sowie die unabhängige Vorsitzende, die bei Uneinigkeit die entscheidende Stimme für eine Seite abgeben kann. So hatte das Gremium im Juni 2023 eine Erhöhung von damals 12 Euro auf den aktuellen Wert gegen die Stimmen der Gewerkschaften beschlossen. DGB-Vorstands- und zugleich Kommissionsmitglied Stefan Körzell warf den Arbeitgeber und der Kommissionschefin damals vor, sich einer angemessenen Erhöhung verweigert zu haben.
Nun verweist Körzell auf die Vorgabe von "mindestens 60 Prozent des Medianlohns". Rechnerisch seien damit die Voraussetzungen für 15 Euro 2026 gegeben. Die Politik könne das Kommissionsvotum anschließend bewerten – "ob sie handeln muss, obliegt ihrer Entscheidung". Nur bei 60 Prozent des mittleren Lohns schütze der Mindestlohn wirklich vor Armut, so Körzell.
Der in der Kommission vertretene Spitzenverband der Arbeitgeber und die Kommissionsvorsitzende Christiane Schönefeld wollten sich nach Mierschs Äußerungen auf Anfrage hingegen nicht äußern.
Wie die Meinungen aufeinanderprallen
Die deutsche Wirtschaft steuert nach zwei Rezessionsjahren nach offiziellen Prognosen auf ein Jahr mit Nullwachstum zu. Friedrich Merz hatte der "Bild am Sonntag" gesagt, möglicherweise komme man auch erst 2027 auf den Betrag von 15 Euro. In einem Papier der SPD zum Koalitionsvertrag heißt es: "Der Mindestlohn wird bis 2026 auf 15 Euro steigen."
Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, nannte es in der "Rheinischen Post" (Donnerstag) "eine Farce", dass die Sozialdemokraten die Einigung von Union und SPD infrage stellten, die Kommission unabhängig entscheiden zu lassen. Der Vorsitzende der CSU-Mittelstands-Union (MU), Sebastian Brehm, kritisierte, allein die Andeutung eines Eingriffs des Staates gefährdet "den notwendigen Stimmungswandel in der Wirtschaft".
Der Linke-Vorsitzende Jan van Aken sagte der "Welt" dagegen, 15 Euro seien "das Minimum". Die Vorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, meinte sogar: "Um Erwerbs- und Altersarmut wirksam zu bekämpfen, muss der Mindestlohn nach Berechnungen unserer Fachleute auf 15,12 Euro steigen - und zwar noch in diesem Jahr."