Kreis Lörrach Auch der Clubbetreiber ist gefragt

Alexandra Günzschel
Sie beraten jetzt in neuen Räumen. Foto: Alexandra Günzschel

Die Frauenberatung Lörrach blickt in ihren neuen Räumen auf das Jahr 2022 zurück

Der Rückblick auf das Jahr 2022 weist im Vergleich zum Vorjahr deutlich mehr Fälle akuter sexualisierter Gewalt auf (122 statt 46). Stark angestiegen sind zudem die Fälle von psychischer (266 statt 168) und körperlicher Gewalt (650 statt 514). Darauf verwies Julia Mörsdorf von der Beratungsstelle in einem Pressegespräch. Ihre Stelle im Bereich häusliche Gewalt wurde im vergangenen Jahr um 30 Prozentpunkte auf 80 aufgestockt. Weitere 35 Stellenprozentpunkte sowie eine neue Mitarbeiterin stehen seither für das Projekt „Mobile Teams – geflüchtete Frauen“ bereit. Und der Landkreis unterstützt das Projekt „Akute häusliche Gewalt“ erstmals gesondert.

Die Steigerung der Fallzahlen im vergangenen Jahr um rund 20 Prozent führt Vanessa Nicklaus de Pacheco zum einen auf die bessere personelle Situation, zum anderen aber auch auf die Sensibilisierungs- und Netzwerkarbeit des Teams zurück. So werden Frauen beispielsweise schon bei der Kriminalpolizei mit einem Flyer auf das Angebot hingewiesen.

Beratung in fünf Sprachen

Die Frauenberatung unterscheidet zwischen akuten Fällen von Gewalt sowie den daraus resultierenden Folgen, was Unterschiede bei der psychosozialen Prozessbegleitung nach sich zieht. Unterschieden werden zudem die beiden Fachbereiche sexualisierte und häusliche Gewalt, wobei es hierbei auch Überschneidungen gibt. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit sind Essstörungen aller Art bei der Zielgruppe – Frauen und Mädchen ab 14 Jahren. Die Beratungen werden mittlerweile in fünf Sprachen angeboten.

Nicht nur Partner

Nicht immer ist es der Partner, der Gewalt ausübt. Auch Eltern-Kind-Beziehungen können stark belastet sein. Und nicht selten gehe körperliche Gewalt mit Formen der Einschüchterung einher.

Ist das Problem akut, werden den betroffenen Frauen Möglichkeiten des Handelns aufgezeigt. Die Konsequenzen müssten sie letztlich aber selber ziehen, betont Mechthild Frey. Neben Frauenhäusern, die neuerdings unter der Internetadresse frauenhaus-suche.de von Betroffenen selbst kontaktiert werden können, besteht die Möglichkeit eines Platzverweises oder Annäherungsverbots durch die Polizei. Bei der Erfolgsquote gebe es für beide Wege jedoch noch Luft nach oben, erklären die Mitarbeiterinnen, insbesondere dann, wenn es sich bei den mutmaßlichen Tätern um angesehene Persönlichkeiten handelt.

Wenig junge Frauen

Die meisten Frauen, die die Beratungsstelle aufsuchen, sind zwischen 26 und 45 Jahre alt. Mörsdorf ist sich nicht sicher, ob in dieser Altersgruppe tatsächlich der meiste Bedarf besteht oder nur die größte Sensibilisierung vorherrscht.

Landkreisweite Prävention

Wichtig ist dem Team deshalb auch das mobile Präventionsangebot „Mut tut gut“ für Grundschulen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, bei dem es um sexualisierte Gewalt geht. Die Förderung wurde im Jahr 2021 von der Fritz-Berger-Stiftung übernommen. Aber auch an Gymnasien und Gewerbeschulen im Landkreis, wo die ersten Beziehungen entstehen, ist das Team präventiv tätig. Das Projekt „nachtsam“ wiederum hat das sichere Feiern als gesellschaftliche Aufgabe im Blick. Nicht nur die Frauen selbst, sondern auch die Betreiber von Nachtclubs oder Vorstände von Fasnachtscliquen sollen darauf achten, dass keine K.O.-Tropfen ins Glas kommen.

Verpflichtende Zuschüsse für die Frauenberatungsstelle gibt es nicht, wie Frey ausführt. Zumeist laufe die Förderung über Projekte wie „nachtsam“ und seien wie dieses zeitlich begrenzt.

Für dieses Jahr sei die Finanzierung durch das Land und den Landkreis sowie durch Spenden und Sponsoren gesichert. Im kommenden Jahr jedoch werde der Landkreis voraussichtlich 25 000 Euro weniger überweisen.

Das zehnköpfige Team der Frauenberatung teilt sich 5,65 Stellen: Sechs Mitarbeiterinnen sind in der Beratung tätig, zwei in der Prävention und zwei in der Verwaltung. In den neuen Räumen fühlen sie sich sichtlich wohl und sind froh darüber, nun kein Beratungszimmer mehr anmieten zu müssen, wie es vor dem Umzug noch üblich war.

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