Kreis Lörrach Auf gemeinsame Werte besinnen

Die Oberbadische
Eine zunehmende Radikalisierung im Dreiland beschäftigte den Oberrheinrat sowie Akteure aus der Region und Wissenschaftler im Rahmen einer Fachtagung, die gemeinsam mit dem Demokratiezentrum Baden-Württemberg organisiert wurde. Foto: Archiv Foto: Die Oberbadische

Fachtagung: Oberrheinrat und Akteure aus der Region beschäftigen sich mit zunehmender Radikalisierung

Von Michael Werndorff

Der Oberrheinrat setzt sich seit 20 Jahren für Integration und Zusammenarbeit beidseits der nationalen Grenzen ein. Radikalisierungstendenzen in der Gesellschaft bereiten aber Grund zur Sorge. Am Montag fand daher eine Fachtagung unter dem Motto „Wachsende Radikalisierung – eine Gefahr für den Zusammenhalt am Oberrhein?“ statt, bei der Wissenschaftler aus Frankreich, der Schweiz und Deutschland das Problem aus verschiedenen Perspektiven beleuchteten.

Kreis Lörrach. Radikalisierung sei eine graduelle Entwicklung, die bis hin zu gewalttätigen Handlungen reiche, sagte Josha Frey, Präsident des Oberrheinrats, vor den zahlreich erschienenen Teilnehmern in der Binzener Gemeindehalle. Wurden in Baden-Württemberg im Jahr 2014 noch insgesamt 1700 politisch motivierte Straftaten gemeldet, waren es im vergangenen Jahr bereits 2800, forderte Frey eine Strategie und entschlossenes Zusammenhalten, um der Entwicklung grenzübergreifend entgegenzutreten. Diese zeichne sich angesichts einer gefühlten Unsicherheit durch den Ruf nach einer starken Staatsmacht aus, ohne die Auswirkungen zu reflektieren, verwies Landrätin Marion Dammann in ihrer Begrüßungsrede auf den steigenden Zuspruch von Parteien in allen drei Ländern, die sich vom gemeinsamen Europa abwenden und eine Abschottung fordern. „Die EU wird von vielen Bürgern dies- und jenseits der Grenze als undemokratisch und lobbygeprägt empfunden“, so Dammann weiter. Die Region wäre von einem Rückwärtstrend besonders stark betroffen. Nun gehe es darum, Demokratie täglich neu zu leben und weiterzuentwickeln.

Die Gefahr der Radikalisierung verortete Landtagspräsidentin Muhterem Aras am rechten Rand der Gesellschaft, Vielfalt und der gemeinsame Wertekodex seien in Gefahr. So müssten die Zivilgesellschaft wie auch der Rechtsstaat mit all seinen Mitteln reagieren, machte sie deutlich. Außerdem habe man sich zu lange darauf verlassen, dass demokratische Werte nicht infrage gestellt würden. Um gegenzusteuern, müsste die Politik zurück zu mehr sozialer Gerechtigkeit finden, forderte Aras.

Die Impulsvorträge der Soziologen Martin Becker, Bruno Michon und Ueli Mäder zeigten verschiedene Ausgangslagen und Handlungsstrategien auf: Prävention durch Intervention lautete die Botschaft von Becker. Wer sozial eingebunden sei, Fremde nicht als Feinde erlebe, entwickele keine oder wenig radikale Tendenzen. Ein Baustein sei die Quartiersarbeit und Stadtentwicklung mit dem trinationalen Projekt „Marge“. Dass der islamische Extremismus im Elsass eine größere Rolle spielt als in der Schweiz oder in Deutschland, war von Michon zu erfahren. Zudem sei der Ländervergleich aufgrund einer teilweise nicht vorhandenen Statistik sehr schwierig.

Faktoren, die eine Radikalisierung aus der Mitte der Gesellschaft erklären, beleuchtete der Basler Soziologe Mäder. Er nannte den finanzgetriebenen Liberalismus sowie Demokratiedefizite im Umgang mit Konflikten wie auch eine Angst und Abgrenzung erzeugende wirtschaftlich geprägte Form der Globalisierung. Nach den Impulsvorträgen folgte eine aktive Diskussion aller Teilnehmer an Thementischen, wo es unter anderem um ein grenzüberschreitendes Bündnis, die Vorstellung des „Interregionalen Netzwerks im Kampf gegen den Hass in der Oberrhein-Region“ und lokale Maßnahmen in Lörrach sowie Angebote im Landkreis Lörrach zur Demokratieförderung ging.

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