Kreis Lörrach Aufeinander Rücksicht nehmen

Denis Bozbag

Mountainbike-Sport: Matthias Koesler wünscht sich mehr Dialog als gegenseitiges Anklagen.

Kreis Lörrach - Die Menschen entdecken derzeit in den heimischen Wäldern die Natur wieder. Milde Sommertemperaturen laden dazu ein. Es fehlen coronabedingt aber auch Alternativen, an anderen Orten Freizeitbeschäftigungen auszuüben. Konflikte zwischen Erholungssuchenden, Forstbetrieb und Umweltschützern bleiben auf Wegen und Pfaden nicht aus. Ins Kreuzfeuer der Kritik von Seiten des Landratsamts ist kürzlich der Mountainbike-Sport (MTB) geraten.

„Leider wird auf kommunaler oder Kreisebene sowie in der medialen Berichterstattung gegen unseren Sport fast nur Kritik geäußert, anstatt für ein rücksichts- und respektvolles Miteinander im Wald zu werben“, beklagt Matthias Koesler, Tourenführer MTB der Sektion Lörrach des deutschen Alpenvereins (DAV), im Gespräch mit unserer Zeitung. Er wehrt sich gegen eine pauschale Verurteilung von Radsportlern auf den hiesigen Waldwegen, denen eine Bedrohung für den Umwelt- und Artenschutz angelastet werde (wir berichteten).

Die überwiegende Mehrheit aller bislang durchgeführten Untersuchungen über die Folgen des MTB-Sports für die Natur komme zu anderen Ergebnissen und zeige, dass die gegen das Mountainbiken vorgebrachten Argumente von Umweltschützern oder Förstern wissenschaftlich nicht haltbar seien oder noch gar nicht erst erforscht wurden.

Studie des MTB Tourismusforums

Das Mountainbike Tourismusforum Deutschland habe mögliche Auswirkungen der Sportart auf Boden, Flora und Fauna in einem Bericht vorgestellt, ausgewertet und mit Erkenntnissen zu anderen Naturaktivitäten verglichen. Dieser Vergleich habe deutlich gemacht, dass anhand der vorliegenden Untersuchungen eine Schlechterstellung des Mountainbikens auf vorhandenen Waldwegen gegenüber dem Wandern oder anderen Betätigungen nicht begründbar sei.

Aktion für ein respektvolles Miteinander

Mit der „Fair on Trails“-Aktion plädiert zudem die Deutsche Initiative Mountainbike gemeinsam mit ihren Projektpartnern dafür, den Sport in Einklang mit Natur und anderen Wald- und Bergbesuchern zu bringen und hat daher sechs freiwillige Verhaltensregeln für ein umwelt- und sozial-verträgliches Mountainbiken definiert.

„An diese Regeln halten sich auch unsere MTB-Gruppen. Wir fahren nur auf vorgegeben Wegen“, betont Koesler. Das illegale Bauen von MTB-Trails würde er nicht befürworten. Solches Verhalten betreffe eher jugendliche MTB-Fahrer.

Die Ausflüge des DAV Lörrach führten unter anderem zu ausgewiesenen Radstrecken in der Schweiz wie zum Beispiel nach Gempen oder an andere Orte, wo mit Schildern auf das gegenseitige Rücksichtnehmen aufmerksam gemacht werde.

Baden-Württemberg hat Sonderregelung

Die meisten Sportler hielten sich an die geltenden Regeln der Waldbesitzer, obwohl hier ein großes Erschwernis hinzukomme: Die einzelnen Landesverordnungen für die Waldbetretung sei ein Flickenteppich im Bundesgebiet, bemängelt Madlee Disch, Mitorganisatorin der MTB-Touren beim DAV Lörrach. Sie wünsche sich eine einheitliche Regelung, weil „beim Aufenthalt in den deutschen Wäldern oft unbewusst Landesgrenzen übertreten werden“.

Baden-Württemberg habe das Bundeswaldgesetz sehr streng ausgelegt. Es gilt hier immer noch eine Zwei-Meter-Regel für Radfahrer. Diese besagt, dass nur Wege befahren werden dürfen, die breiter als zwei Meter sind.

Uwe Binder, MTB-Hilfsführer beim DAV Lörrach, stört bei der Diskussion Mountainbiker gegen Forstbetrieb, dass ein wichtiger Aspekt unerwähnt bleibe: „Wenn das Landratsamt von Kommunen als Waldeigentümer spricht, sollte nicht vergessen werden, dass der Wald nicht nur dem Forstbetrieb und seinen wirtschaftlichen Interessen gehört, sondern eben auch den Bürgern zum Zwecke der Naherholung.“ Zudem würden die Waldarbeiter mit ihren Maschinen und Fahrzeugen nicht weniger in die Natur eingreifen als der MTB-Sport.

Dass es nun laut Landratsamt und Förstern vermehrt zu illegalen Aktivitäten auf den Trails kommt, ist auch der gegenwärtigen Pandemie-Situation geschuldet. Disch, die als Lehrerin beruflich mit jungen Menschen zu tun hat, kritisiert, dass zu wenig öffentlicher Raum für diese geschaffen werde. Sie könne teilweise nachvollziehen, wenn sich Jugendliche jetzt im Wald austoben wollten: „Früher haben wir in den Wäldern Hütten gebaut. Heute bauen junge Menschen Trails.“

Umfrage

Bettina Stark-Watzinger

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat sich für Zivilschutzübungen an Schulen ausgesprochen. Damit sollen Schüler besser auf den Kriegsfall, Pandemien und Naturkatastrophen vorbereitet werden. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading