Kreis Lörrach Barrieren in den Köpfen abbauen

Die Oberbadische
Roberto Leanza fühlt sich wohl bei Ralf Buser, Inhaber des Café Pape; Jutta Zöbisch erzählt dem Moderator Matthias Zeller bei der Veranstaltung im Landratsamt Lörrach von ihren Schwierigkeiten bei der Arbeitsuche (von links). Foto: zVg Foto: Die Oberbadische

Aktionswoche: Die Beschäftigung von Arbeitnehmern mit Behinderung birgt großes Potenzial

Der ehemalige arbeits- und sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Karl Schiewerling referierte im Rahmen der bundesweiten Woche der Menschen mit Behinderung über die Neugestaltung des Bundesteilhabegesetzes und die damit verbundenen Möglichkeiten für Arbeitgeber, Menschen mit Behinderung zu beschäftigen. Mit dem Zitat „Keiner kann alles und keiner kann nichts“ brachte er es auf den Punkt.

Kreis Lörrach. Werden Menschen mit Handicap entsprechend ihrer Stärken, Fähigkeit und Talente eingesetzt, erhalten Unternehmen wertvolle Mitarbeiter. Menschen zu beschäftigen, die körperlich oder geistig eingeschränkt sind, erfordert Mut und Bereitschaft, auch einmal andere Wege zu gehen, wie die Agentur für Arbeit in Lörrach gestern mitteilte. Die Änderungen im Bundesteilhabegesetz sollen Arbeitgeber dabei stärken, Potenziale behinderter Menschen besser auszuschöpfen.

Kernstück bildet das sogenannte „Budget für Arbeit“, welches einen Lohnkostenzuschuss von bis zu 75 Prozent für Arbeitgeber beinhaltet und dazu noch Aufwendungen für Arbeitsassistenz oder einen „Job-Coach“ abdeckt. „Sich für Inklusion im Betrieb stark zu machen, ist nicht nur ein gesellschaftlicher Auftrag“, erklärte Andreas Finke, Leiter der Lörracher Arbeitsagentur, welche die Veranstaltung im Landratsamt Lörrach mit Landrätin Marion Dammann organisiert hatte. „Unsere wirtschaftsstarke Region will stark bleiben. Dafür brauchen wir Fachkräfte, und die fallen nicht vom Himmel. Auf das Potenzial von Menschen mit Behinderung zu verzichten, können wir uns nicht leisten.“

Hilfe und Unterstützung bekommen Interessierte vom Lörracher Netzwerk, bestehend aus Integrationsfachdienst, Landratsamt, Agentur für Arbeit, Integrationsamt, Lebenshilfe Lörrach und der Handwerkskammer Freiburg, die Hand in Hand arbeiten und ein „Rundumsorglos-Paket“ versprechen.

Gelungene Beispiele für Integration zeigen

„Egal, zu wem der Arbeitgeber Kontakt aufnimmt, er ist mit seinem Anliegen immer an der richtigen Adresse“, erklärt Michael Rimkus, Teamleiter Reha der Lörracher Arbeitsagentur.

An drei Beispielen wurde aufgezeigt, wie die Zusammenarbeit des Netzwerks funktioniert, wie Brücken gebaut und Weichen gestellt wurden, um Inklusion zu realisieren. Jessica Scherer macht eine Ausbildung als Fachangestellte für Arbeitsmarktdienstleistungen bei der Agentur für Arbeit. Als Rollstuhlfahrerin ist sie zwar körperlich eingeschränkt, steht aber ihren Kollegen fachlich in nichts nach. Ihr entwaffnend ehrlicher Umgang mit ihrer Behinderung brachte ihr viel Respekt ein, auch im Umgang mit der Kundschaft zeichne sie sich durch ihr freundliches und offenes Wesen aus.

Roberto Leanza wurde von der Lebenshilfe Lörrach in einer Werkstatt für behinderte Menschen auf den Arbeitsmarkt vorbereitet, bevor er ein Praktikum beim Café Pape in Lörrach begann. Der Inhaber Ralf Buser schätzt seine Fähigkeiten und setzt ihn entsprechend ein – wohlwissend, dass Roberto Leanza aufgrund seiner kognitiven Einschränkung besondere Unterstützung benötigt. Der Integrationsfachdienst half Roberto bei der Suche nach einer passenden Tätigkeit und die Arbeitsagentur zahlte für den längeren Einarbeitungsaufwand einen Lohnkostenzuschuss, der auch die Minderleistung ausglich.

Auch Jutta Zöbisch kennt als Betroffene die Probleme behinderter Menschen auf dem Arbeitsmarkt. Wegen einer fortschreitenden Sehbehinderung konnte die 54-jährige Sozialarbeiterin ihren Beruf, bei dem sie auf ein Auto angewiesen war, nicht mehr ausüben. Nach längerer Suche fand sie einen neuen Arbeitgeber, der bereit war, Einschränkungen in Kauf zu nehmen, und dafür eine motivierte, hoch qualifizierte und engagierte Arbeitnehmerin bekam. Staatliche Unterstützung gibt es in vielen Fällen, man muss diese nur in Anspruch nehmen. Zöbisch wurde selbst aktiv und suchte gemeinsam mit ihrem neuen Chef Hilfe und Unterstützung bei der Arbeitsagentur. In ihrem Fall bedeutete das die Übernahme der Kosten für eine Vergrößerungssoftware und die Taxikosten, um die notwendige Mobilität weiterhin zu gewährleisten.

„Die Barrieren in den Köpfen sind hoch. Wir müssen mit Irrtümern und Mythen über die Beschäftigung von behinderten Menschen aufräumen“, fasste Landrätin Dammann abschließend zusammen. In heutigen Zeiten sei es wichtiger denn je, achtsam zu sein und einen respektvollen Umgang zu pflegen.

Weitere Informationen: Interessierte Arbeitgeber können sich für nähere Angaben bei der Agentur für Arbeit in Lörrach, Tel. 0800 / 4 55 55 20, melden.

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