Kreis Lörrach Bei der Bearbeitung harzt es gewaltig

Michael Werndorff
Aufgrund der Wohngeldreform Foto: pixabay

Die Wohngeldreform ist seit zwei Monaten in Kraft: In Deutschland können fast anderthalb Millionen Haushalte mehr als bisher die Unterstützungsleistung nun beziehen – die Wohngeldstelle im Landkreis hat allein in den ersten zwei Monaten 45 Prozent des gesamten Antragsvolumens des vergangenen Jahres verzeichnet. Allein aus den Bereichen Pflege und Grundsicherung zeichne sich ein Anstieg von mehr als 30 Prozent ab. Hier wurden bereits 350 bis 390 Neuanträge angekündigt.

Lange Wartezeit

Die Wohngeldstelle kommt bei der Bearbeitung der Antragsflut kaum hinterher, obwohl die Stellenzahl von 4,75 auf 9,75 verdoppelt wurde, wie der Fachbereichsleiter Soziales Dirk Werner und die Sachgebietsleiterin Anja Brutschin dieser Tage im Sozialausschuss des Kreistags berichteten. Für die Antragsteller ist das mit langen Wartezeiten verbunden: Durchschnittlich sieben Monate dauert es derzeit, bis ein Antrag geprüft und entschieden ist. Das Geld gebe es aber rückwirkend, wie weiter zu erfahren war.

Historische Reform

Mit dem Wohngeld 2023 hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen eine historische Wohngeldreform umgesetzt und will damit für eine spürbare Entlastung von Mietern mit geringem Einkommen sorgen, erklärte Werner. Für die Verwaltung stellt es derweil eine große Herausforderung dar. Hinzu kommen Rückstände, und zwar 759 Anträge aus den Vormonaten. So hatten bis zum 31. Oktober 2022 4,75 Vollzeitstellen 2000 Fälle bearbeitet, sprach Werner von einer hohen Belastung der Mitarbeiter – aufgelaufen seien mehr als 1765 Überstunden und 165 nicht genommene Urlaubstage.

Wie Werner berichtete, seien in den Jahren 2021 und 2022 so viele Gesetzesänderungen beschlossen worden, dass diese in den Wohngeldbehörden neben der Verwaltungstätigkeit in der Tiefe nur unter erschwerten Voraussetzungen durchdrungen werden könnten. Die zunehmend komplexen Sachverhalte und deren rechtliche Beurteilungen stellen die Wohngeldbehörden darüber hinaus vor große Herausforderungen. Für die Entscheidung von Fällen würden zunehmend fundierte Kenntnisse aus anderen Rechtsbereichen benötigt, zum Beispiel steuerrechtliche Fragestellungen.

Kurzfristige Maßnahmen

Um den zu erwartenden Bearbeitungsstau entgegenzuwirken, wurden vorübergehend Verfahrensvereinfachungen eingeführt, unter anderem eine Senkung der Gegenprüfungsquote von zehn auf fünf Prozent, und bei Weitergewährungsanträgen mit anzunehmenden gleichbleibenden Verhältnissen kann im Einzelfall auf das Antragsformular verzichtet werden.

Reform war notwendig

Am Sinn der Reform herrschte im Gremium kein Zweifel. „Die Reform war notwendig“, erklärte Ulrich May (FW). Sie sei aber zeitaufwendig und unübersichtlich. Landrätin Marion Dammann befand, dass die Erwartungen der Bevölkerung hinsichtlich der Bearbeitungszeit sehr hoch und bisweilen „unrealistisch“ seien. Der interne Verwaltungsaufwand sei von außen schwer erkennbar und nicht einfach vermittelbar. Insofern könne sie nur um Verständnis bitten und sich für die Verzögerungen entschuldigen. Dass andere Kommunen und Landkreise vor den selben Problemen stünden, ließ Werner nicht unerwähnt.

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