Kreis Lörrach Bevölkerung wünscht sich Vorsorge

Alexandra Günzschel
Fast jeder Zweite macht sich Sorgen um die Lage auf der Welt – dazu zählt auch die Daseinsvorsorge wie die Bargeldversorgung oder das Anlegen von Vorräten im Krisenfall. Foto: Markus Adler

Laut der aktuellen Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach blickt die baden-württembergische Bevölkerung so zuversichtlich in die Zukunft wie seit anderthalb Jahren nicht mehr. 35 Prozent der Umfrageteilnehmer sind optimistisch.

Doch es gibt auch Ängste: Etwa jeder Zweite zeigt sich wegen global zunehmenden Unsicherheiten sowie der wirtschaftlichen Lage stark besorgt. Im Mittelpunkt der aktuellen Umfrage stehen deshalb der Zivilschutz und die Verteidigungsbereitschaft im Land und damit einhergehend die Frage, wie gut Baden-Württemberg im Ernstfall vorbereitet wäre.

Jeder Zweite hält die Weltlage für unberechenbarer

In diesem Jahr jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal. In der Stadt Lörrach kam das Kriegsende gute zwei Wochen vor der offiziellen Kapitulation. Bereits am 24. April erreichten französische Truppen die Lörracher Innenstadt. Heute leben in Deutschland nur noch wenige Menschen, die den Krieg erlebt haben. Lange Zeit wurde Frieden hierzulande für selbstverständlich gehalten. Diese Gewissheit bekommt durch die aktuelle geopolitische Lage erste Risse, wie die Umfrage des Allensbacher Instituts zeigt.

49 Prozent halten die Lage in Europa und der Welt für immer unberechenbarer. 44 Prozent befürchten sogar, dass Deutschland in militärische Konflikte hineingezogen werden könnte. Das Thema äußere Sicherheit hat mit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs wieder an Bedeutung gewonnen.

Insgesamt halten es 39 Prozent der baden-württembergischen Bevölkerung für wahrscheinlich, dass Deutschland in den kommenden Jahren in einen Krieg verwickelt werden könnte, neun Prozent sogar für sehr wahrscheinlich. Zumeist handelt es sich dabei um Umfrageteilnehmer, die sich im Land generell eher unsicher fühlen.

Im Kriegsfall zeigen sich der Umfrage zufolge 34 Prozent der Männer in Baden-Württemberg zur Landesverteidigung entschlossen, jedoch nur 14 Prozent der Frauen. Insgesamt gab ein knappes Viertel der Befragten an, Deutschland mit der Waffe verteidigen zu wollen. Mehr als die Hälfte wäre dazu ausdrücklich nicht bereit. Sollte die Wehrpflicht wiedereingeführt werden, so gibt es über alle Bevölkerungsgruppen hinweg einen breiten Konsens, dass diese für alle Geschlechter gleichermaßen gelten sollte. Insgesamt 60 Prozent sprechen sich auch in diesem Bereich für Gleichberechtigung aus.

Eine Mehrheit lehnt einen Dienst an der Waffe ab

Doch wie gut ist Baden-Württemberg aktuell auf Krisen und Katastrophen eingestellt? Gut die Hälfte meint, dies sei nur eingeschränkt oder überhaupt nicht der Fall. Immerhin 38 Prozent vertrauen auf eine gute bis sehr gute Vorbereitung. Einig sind sich die meisten der Befragten darüber, was eine solche Vorbereitung beinhalten sollte: Notfallpläne, eine gute Ausstattung und Weiterbildung von Hilfs- und Einsatzkräften, der Aufbau von Vorräten an Medikamenten sowie die Verbesserung des Schutzes kritischer Infrastruktur, wie etwa der Kommunikations- und Energienetze. Dass es der Bevölkerung dabei nicht primär um Krieg geht, zeigt sich daran, dass der Ausbau von Truppenübungsplätzen bei den erwünschten Sicherheitsvorkehrungen mit 39 Prozent auf dem letzten Platz landet.

Landratsamt erfüllt Teil des Katastrophenschutzes

Auch beim Landratsamt Lörrach wird der Katastrophenschutz allgemeiner gesehen: „Eine konkrete Bevölkerungsschutzplanung, zugeschnitten auf ein Kriegsereignis, gibt es derzeit im Landkreis nicht“, teilt die Presseabteilung auf Anfrage mit. Auch habe der Landkreis im klassischen Kriegsfall keine originäre Zuständigkeit. Der Verteidigungsfall liege in der Zuständigkeit des Bundes, erklärt Pressesprecher Torben Pahl. In Sachen Zivilschutz indes greift der Bund auf die unteren Katastrophenschutzbehörden zurück, also auf jene Strukturen, die ganz allgemein im Katastrophenfall bereitstehen und anlaufen sollen.

Darüber hinaus gibt es konkrete Pläne, die Zivile Alarmplanung voranzutreiben. Es handelt sich dabei um ein Instrument zur Sicherstellung der verzugslosen Umsetzung von zivilen Maßnahmen zum Schutz und zur Versorgung der Bevölkerung, zur Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsfunktionen und auch zur Unterstützung der Streitkräfte. Entsprechende Planungsaufträge vom Land sollen den Landkreisen noch in diesem Jahr zur Verfügung gestellt werden, heißt es.

Bevölkerung wünscht sich Schutzräume und Bunker

Obwohl derzeit nur wenige mit einem Krieg im eigenen Land rechnen: Immerhin 65 Prozent der Bevölkerung halten es für besonders wichtig, dass die Schutzräume und Bunker in Baden-Württemberg ausgebaut werden. Im Gegensatz zum Nachbarland Schweiz gibt es hierzulande jedoch kaum Schutzräume für den Kriegs- oder Katastrophenfall, und falls sie vorhanden sind, weiß ein Großteil der Bevölkerung nichts davon, so ein weiteres Ergebnis der Umfrage.

Im Landkreis Lörrach sei aktuell nur ein Schutzraum bekannt, wie das Landratsamt weiter mitteilt. „An übergeordneter Stelle wird derzeit allerdings ein Schutzraumkonzept erarbeitet, das künftig die Anforderung definiert, um auch niederschwellig wieder Schutzräume zu ertüchtigen.“ Bei dem einzigen bekannten Schutzraum handelt es sich offenbar um eine speziell ausgebaute Tiefgarage in Schopfheim, die Platz für 1000 Menschen bieten würde.

Einen Notvorrat für den eigenen Haushalt anlegen

Auch die Bürger selbst können Vorkehrungen treffen: Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe empfiehlt, sich einen Notvorrat an Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten anzulegen. Viele haben dies bereits beherzigt, wie die Umfrage ergibt. Das größte Defizit besteht derzeit bei Heizmöglichkeiten, die keinen Strom benötigen. Auf einen solchen Ausfall wären nur 29 Prozent der Bevölkerung vorbereitet.

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