Kreis Lörrach Corona-Kritiker verurteilt

Anja Bertsch
Der Fall einer unangemeldeten Corona-Kundgebung wurde gestern vor dem Lörracher Amtsgericht verhandelt. Foto: Anja Bertsch

Prozess: 60-jähriger verstößt gegen Versammlungsrecht / Strafmaß unter Antrag

Lörrach - Zwei Leute stehen auf dem Lörracher Marktplatz und tun auf Plakaten ihre Vorbehalte gegen Corona-Impfung und -Maßnahmen kund. Ist das schon eine Versammlung? Ist es – da nicht angemeldet – eine Straftat? Und dazu eine, die hart bestraft werden soll?

Diese Fragen wurden gestern vor dem Lörracher Amtsgericht verhandelt. Dabei ging es auch um die Frage, inwieweit das Geschehen über den konkreten Fall hinausweist und damit grundsätzliche Fragen der Durchsetzung des Rechtsstaates berührt – und ob es dann gerechtfertigt ist, bei der Ahndung ein Exempel zu statuieren. Die Positionen von Richter und Staatsanwaltschaft gingen da deutlich auseinander.

Worum ging es? Der 60-jährige Angeklagte hatte gemeinsam mit einem zweiten Mann am Rande des Wochenmarktes gegen Impfungen und Coronamaßnahmen buchstäblich Stellung bezogen. Vom Angeklagten selbst war zu den Vorwürfen zwar nichts zu hören: Er hatte sich geweigert, die im Gerichtssaal vorgeschriebene Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Die Verhandlung fand deshalb ohne ihn statt. Bezeugt wurde das Geschehen aber von einem Polizeibeamten, der am betreffenden Tag auf Streife war.

Einig waren sich Richter und Anklage darin, dass es sich bei dem Zwei-Personen-Treffen der aktuellen Rechtssprechung gemäß um eine Versammlung handelte, weil es dabei offenkundig darum ging, in der Öffentlichkeit an der politischen Meinungsbildung mitzuwirken.

Zum justiziablen Problem wurde das nicht wegen der Versammlung oder der Botschaft an sich, betonten sowohl Richter als auch Staatsanwaltschaft. „Jeder darf eine Versammlung abhalten, ganz unabhängig vom Inhalt“, so Staatsanwältin Reil. Allerdings: „Er muss sich an die Regeln halten“.

Die Hürden wären in diesem Fall gar nicht so hoch gewesen: Die Versammlung hätte nicht genehmigt, sondern nur angemeldet werden müssen. Da das nicht geschehen war, bestand am Straftatbestand kein Zweifel.

Bei der Frage nach dem angemessenen Strafmaß gingen die Einschätzungen auseinander: Staatsanwältin Reil setzte unter dem Stichwort der „Generalprävention“ auf das abschreckende Signal, das vom vorliegenden Fall ausgehen sollte. Zur Begründung schlug sie den großen Bogen zu Ansehen und Funktionsfähigkeit des Rechtsstaats: „Es zerstört das Gemeinwesen, wenn der Einzelne sich nur an die Reglen hält, die er für gut befindet“. Auch das gelte unabhängig vom Thema – ob nun Proteste gegen Coronamaßnahmen oder gegen Klimawandel.

Richter Gadesmann stellte demgegenüber darauf ab, dass das Strafmaß die konkrete Verfehlung berücksichtigen müsse – und die halte sich bei dem bislang unbescholtenen Mann doch in Grenzen: „Das war keine Demo mit tausenden Teilnehmern, und kein Aufzug vor dem Haus eines Politikers.“

Während die Staatsanwältin 30 Tagessätze beantragt hatte, beließ es der Richter bei 10 Tagessätzen á 75 Euro, ausgesetzt zu Bewährung.

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