Kreis Lörrach Damit die Wärmewende gelingt

Alexandra Günzschel
Das viel diskutierte Gebäudeenergiegesetz ist noch nicht unter Dach und Fach. Die FDP fordert Nachbesserungen. Foto: pixabay

Das Gebäudeenergiegesetz stellt Fachfirmen und Energieversorger vor Herausforderungen.

Wer eine Heizung einbaut, muss langfristig denken. Bei einer Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren empfiehlt es sich, auch zukünftige Entwicklungen im Auge zu behalten. Wie so oft sind ökonomische und ökologische Überlegungen dabei kein Widerspruch, sondern gehen Hand in Hand. Steigende Öl- und Gaspreise sprechen ebenso gegen das Festhalten am Altbewährten wie die gesetzten Klimaziele. So will der Landkreis Lörrach bis zum Jahr 2040 klimaneutral sein und setzt dabei verstärkt auf den Ausbau von Fernwärmenetzen. Überschüssige Wärme, wie sie zum Beispiel in der Industrie anfällt, soll nach Möglichkeit nicht ungenutzt verpuffen.

Zu 65 Prozent regenerativ

Vor diesem Hintergrund ist das derzeit heftig diskutierte Gebäudeenergiegesetz eigentlich nur folgerichtig. Sollte es Anfang Juli beschlossen werden, sind ab dem kommenden Jahr nur noch solche Heizungsanlagen erlaubt, die zu mindestens 65 Prozent aus regenerativen Energien gespeist werden.

Doch vielen kommt dieses Gesetz zu früh. Sie sprechen von möglichen Engpässen bei Material und Fachkräften und damit einhergehend von hohen Preisen, etwa für eine Kombination aus Photovoltaikanlage und Wärmepumpe, die sich nicht jeder Hauseigentümer leisten kann. Unsere Umfrage unter Experten auf diesem Gebiet spiegelt diese Befürchtungen wider.

Ölkessel schon ausverkauft

Wer das Gesetz umgehen will, indem er jetzt noch einmal auf Öl oder Gas setzt, kommt offenbar zu spät. „Der Markt für Ölkessel ist für dieses Jahr ausverkauft. Gaskessel gibt es zwar noch, aber die werden wahrscheinlich auch bald ausverkauft sein“, sagt der Kanderner Unternehmer Martin Graf im Namen der Kreishandwerkerschaft. „Sollte das Gesetz also kommen, was für mich noch unklar ist, gibt es keine Umgehungsmöglichkeit mehr.“

Der Betriebswirt des Handwerks betont aber auch: „In den meisten Fällen gibt es bezahlbare und sinnvolle Lösungen, die das Gesetz erfüllen. Es gibt sicher Ausnahmen und Härtefälle, die gab es aber auch schon immer.“

Zwischenlösung zu teuer

Von gebrauchten Anlagen als Zwischenlösung rät Graf eher ab. Ein- und Umbau seien zu teuer. Die Lieferfähigkeit von Heizungsanlagen wird sich seiner Einschätzung nach in den kommenden ein bis zwei Jahren wieder normalisieren.

Das Gebäudeenergiegesetz braucht substanzielle Veränderungen, teilt der FDP-Bundestagsabgeordnete Christoph Hoffmann in einer Pressemitteilung mit. Auch regionale Versorger wie Badenova benötigten für die kommunale Energieplanung technologieoffene Lösungen. „Vorschnelle Gesetzentwürfe und kleinteilige Vorgaben bringen uns nicht weiter. Stattdessen kann Deutschland mit einer überarbeiteten Fassung wahren Klimaschutz betreiben“, sagt Hoffmann.

Bei der Wohnbau Lörrach ist die Umstellung auf regenerative Energien bereits seit drei Jahren beschlossene Sache. Das mit rund 4100 Wohnungen in Lörrach und Schopfheim größte Immobilien- und Dienstleistungsunternehmen im Landkreis Lörrach plant den Umbau der Heizungsanlagen vorausschauend. „Der Austausch soll stattfinden, bevor eine Anlage nicht mehr funktioniert“, betont Marco Glockner, Technischer Leiter bei der Wohnbau. Wo immer möglich und sinnvoll werde deshalb darauf geachtet, Fernwärmeleitungen bereits in die Häuser hinein zu verlegen. Müsse eine Heizung im Winter ausgetauscht werden, könnten 50 fehlende Meter entlang der Straße dafür schon ein unüberwindbares Hindernis sein.

Drei mögliche Varianten

Die Wohnbau Lörrach setzt beim Austausch der Öl- und Gasheizungen wahlweise auf Holzpelletanlagen, Fernwärmeanschlüsse oder Wärmepumpen. Die Möglichkeiten eines Anschlusses ans Fernwärmenetz seien noch sehr begrenzt, bedauert Glockner. Holzpellets erforderten dagegen ein Lager sowie die Möglichkeit einer Anlieferung per Lkw. Wärmepumpen gebe es derzeit nur sehr vereinzelt. Diese seien vor allem bei gut gedämmten Häusern mit Fußbodenheizung geeignet.

Nebenkosten im Blick

Generell sieht sich die Wohnbau in der Verantwortung, die Nebenkosten für die Bewohner gering zu halten, weshalb bei der Entscheidung für die Umstellung auf ein System immer auch die Wirtschaftlichkeit eine Rolle spiele.

Ab dem Jahr 2028 wird die Wohnbau viele Gaszentralheizungen auf ökologischere Varianten umstellen müssen. Bei Neubauprojekten kommen fossile Energieträger zum Heizen ohnehin nicht mehr in Betracht. „Da gehen wir es gleich richtig an“, sagt Glockner.

Dennoch sieht er im Gebäudeenergiegesetz eine große Herausforderung und befürchtet Kapazitätsengpässe bei Fachfirmen und der Verfügbarkeit von Materialien. Besonders problematisch werde dies, wenn eine Heizung kaputt geht und es auf einmal ganz schnell gehen muss.

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