Kreis Lörrach Das fehlende Zeugnis des Dichters

Die Oberbadische
Der Heimatdichter und Theologe Johann Peter Hebel konnte sich seinen Wunsch, Pfarrer zu werden, niemals erfüllen. Foto: Archiv

Wanderung: Johann Peter Hebel war Hauslehrer in Hertingen und wurde nie Pfarrer

Bei einer zweiten Hebel-Wanderung der Evangelischen Erwachsenenbildung Hochrhein-Markgräflerland (EEHM) trafen sich wieder etwa zehn Teilnehmer unter Leitung von Pfarrerin Beate Schmidtgen und Schuldekan Ralf Hochschild (beide promovierte Theologen). Ausgangspunkt war diesmal ein Waldparkplatz oberhalb von Hertingen.

Von Martin Braun

Kreis Lörrach. Von dort ging es hinaus in die Reben mit Blick auf Hertingen, diesem „edelmännischen Dorf“, wie es Johann Peter Hebel (1760 bis 1826) in seiner Kalendergeschichte „Gutes Wort, böse Tat“ umschreibt. Mit dieser Geschichte hat Hebel – so steht es im neuesten Programmheft der EEHM – Hertingen ein Denkmal gesetzt.

Beginn als Hauslehrer

Dort in Hertingen war Hebel nach „einem anscheinend nicht sehr erfolgreichen theologischen Examen“ (so das Programmheft), welches er nach seinem Erlanger Theologiestudium (1778 bis 1780) in Karlsruhe ablegte, bei der Pfarrfamilie Schlotterbeck mit ihren neun Kindern ab 1780 für zwei Jahre als Hauslehrer eingesetzt, „wo er sich bewähren sollte und konnte“ (EEHM).

Hochschild verwies hierzu auf eine merkwürdige Lücke in der heute noch vorhandenen Personalakte Hebels im Archiv des Evangelischen Oberkirchenrats von Karlsruhe. Ausgerechnet das Examenszeugnis zum abgeschlossen Theologiestudium des späteren Kirchenmanns und Poeten Hebel fehle dort.

Hat Hebel – so Hochschilds Überlegungen – Jahrzehnte nach seinem Examen in seiner Zeit als Prälat der Kirche, also ab 1819, sein theologisches Examenszeugnis aus seiner Personalakte herausgenommen, um so ein für ihn als peinlich empfundenes Dokument für immer verschwinden zu lassen? Jedenfalls spielte dieses Examenszeugnis im Leben von Hebel sicher eine wichtige Rolle. Möglicherweise waren es schlechte Noten, die für immer verhinderten, dass Hebel – obgleich erfolgreich examinierter Theologe – seinen Lebenswunsch, Pfarrer zu werden, erfüllen konnte.

Verklärter Blick zurück

So betrachtet fing Hebels Berufsweg als Hauslehrer in Hertingen (1780 bis 1783) prekär und wenig ermutigend an. In einem Brief von 1823 – zitiert von Hochschild – schreibt Hebel trotzdem im Alter von 63 Jahren verklärend: „O, wie glücklich saß ich einst in Hertingen zwischen den Milchkänsterlein und den nassen Strümpfen und Handzwehlen am Ofenstänglein. Aber freilich 20 Jahre und 63 ist auch ein Unterschied“! Trotzdem entstand dann später Hebels Geschenk an dieses kleine Dorf im Markgräflerland, die erwähnte Kalendergeschichte: „Gutes Wort, böse Tat“.

Ein Bauer und ein Schulmeister – Gestalten, wie sie Hebel in Hertingen möglicherweise erlebt hat – streiten sich in für Hebel wohl typisch evangelischer Weise verbissen um die rechte Auslegung der Bibel. Es fallen Ohrfeigen, und ein katholischer Oberer („Edelmann“) kommt zum Schlichten und erfährt zum Konflikt von seinem Jäger mit eindeutig katholischem Namen, Josef: „Es hat nichts zu bedeuten, gnädiger Herr; sie legen einander nur die Heilige Schrift aus.“ Hebel resümiert sarkastisch: „Merke: Man muss die Heilige Schrift nicht auslegen, wenn man’s nicht versteht.“ Für Hochschild, den Neutestamentler, ein Hinweis vom Theologen und Kirchenmann Hebel auf die Bedeutung ordentlicher Theologie an richtigen Universitäten.

Und wie das geht – richtige Auslegung und Theologie – zeigt Hochschild an einem Kirschbaum in den Feldern um Hertingen seiner Hörerschar mit Hebels Gedicht „Das Liedlein vom Kirschbaum“. Es gehe hier nicht nur um Natur (Raupe/Blätter) und Leben (Kirschen/Symbol für Liebe), sondern auch um Theologie: Der Baum sei da ein Gleichnis für die Liebe, die Gott uns Menschen hier auf Erden und später im Himmel schenkt.

Vorbei an Kirche und Pfarrhaus unten im Dorf und zurück zum Parkplatz landet die Gruppe – geführt von Schmidtgen, Leiterin der EEHM und Alttestamentlerin – in einem nahe gelegenen Hofgut mit Kaffee und Kuchen. Und dabei ganz leis wispelnd des Dichters Bienlein („Immli“) vom Kirschbaum: „Das wird mi Caffi si…Wie schmeckt‘s so süeß“?  Die nächste Hebel-Wanderung findet am Montag, 25. Oktober, unter dem Motto „Von Schopfheim nach Hausen“ statt. Treffpunkt ist um 14.15 Uhr am Bahnhof Schopfheim. Nähere Informationen im Internet unter www.eeb-sued-west.de.

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