Kreis Lörrach "Das Handwerk wird noch bunter"

Michael Werndorff
Die Integration Asylsuchender in den Arbeitsmarkt stellt Berufsschulen und Betriebe zunehmend vor Herausforderungen. Foto: Archiv

Ausbildungsmarkt: Mehr offene Ausbildungsstellen als Bewerber. Noch 384 unbesetzte Stellen.

Kreis Lörrach - Die Konjunktur brummt, und viele Unternehmen sind bestrebt, ihre Kapazitäten auszubauen. Als Flaschenhals erweist sich indes der Fachkräfte- und Azubimangel. So gibt es in den Kreisen Waldshut und Lörrach schon seit einigen Jahren mehr Ausbildungsstellen als Lehrlinge, und das bei steigender Tendenz, sagte Andreas Finke, Leiter der Lörracher Agentur für Arbeit.

2438 Bewerber auf 3036 Ausbildungsstellen

Zum Beginn des Ausbildungsjahres entfielen auf 3036 gemeldete Ausbildungsstellen insgesamt 2438 Bewerber. Derzeit seien noch 384 Stellen unbesetzt, so Finke. Mit Blick auf den Fachkräftemangel brenne die Hütte. Die Lage spitze sich weiter zu, denn rein rechnerisch kamen auf einen Bewerber 1,25 Ausbildungsstellen gegenüber 1,19 im Vorjahr. „Fast alle Jugendlichen fanden einen Ausbildungsplatz, Arbeit, studierten oder besuchten weiterführende Schulen“, erklärte der Agenturchef, der mit Vertretern der Kammern aus Freiburg und Konstanz das Zahlenwerk präsentierte.

Dabei wurde auch deutlich, dass es regionale Unterschiede gibt: Laut Wolfram Seitz-Schüle und Roland Weniger von den Handwerkskammern (HWK) Freiburg und Konstanz gab es für den Kreis Waldshut 9,6 Prozent Lehrverträge weniger (insgesamt 396 neue Verträge) und in Konstanz sogar minus 11,7 Prozent, während die Zahl im Landkreis Lörrach mit 406 Verträgen stabil blieb. Ungleichheiten gebe es auch in den Berufsgruppen.

Technische Berufe liegen vorne

So lägen gerade die technischen Berufe wie Kfz-Mechatroniker im Trend, der Einzelhandel und einige klassische Handwerksberufe (Bäcker) zögen indes den Kürzeren, erklärte Seitz-Schüle.

Die IHK Hochrhein-Bodensee verzeichnet für beide Kreise ein Plus von 3,2 Prozent (1735) bei den Ausbildungsverträgen, berichtete Evelyn Pfändler. Indes: „Die Lücke zwischen Bewerbern und Lehrstellen wächst.“ Und es gebe viele freie Stellen, aber keine extrem negative Tendenz. „Wir sind mit der Statistik zufrieden, wissen aber auch, dass die Unternehmen Probleme haben, passende Bewerber zu finden“, kommentierte sie die Statistik. 52 Bewerber seien laut Finke derzeit noch auf Stellensuche, was er mit mangelnder Mobilität, falschen Berufsbildern und schlechten Schulabschlüssen erklärte.

Erfreulich sei aber, dass sich im Vergleich zum Vorjahr über 100 junge Menschen mehr für eine Ausbildung entschieden hätten. Von einer Trendwende könne man aber keineswegs sprechen, da sich fast 28 Prozent mehr für den Besuch einer weiterführenden Schule entschieden hätten, sagte Finke.

Auch Unternehmen sollen umdenken

Hier müsse gegengesteuert werden, waren sich die Anwesenden einig: „Wir müssen Schülern und Eltern klarmachen, dass es in der dualen Ausbildung gute Karrierechancen gibt“, betonte Pfändler.

Finke forderte daher bei den Eltern ein Umdenken und den Mut, statt Hochschullaufbahn eine Ausbildung anzustreben. Umdenken müssten auch die Unternehmen: Diese sollten auch Bewerbern weniger guten Bewerbern eine Chance geben, und die zum Beispiel unter anderem deren soziale Kompetenzen und Motivation fördern. Denn: Die Spannbreite bei den Bewerbern ist groß, Betriebe und Berufsschulen würden vor Herausforderungen gestellt, verwies Seitz-Schüle auf Hochschulreife einerseits und Analphabetismus andererseits. Um gegenzusteuern nannte Finke einen Dreiklang aus einer besseren Einbindung von Frauen in den Arbeitsmarkt, Anstrengungen bei der Ausbildung und Zuwanderung.

Hierzu merkte Seitz-Schüle an: „Das Handwerk wird noch bunter, und das hat Konsequenzen.“ Im Handwerk hätten mittlerweile 20 Prozent (1200) der Azubis keinen deutschen Pass, wobei die Mehrheit aus Gambia, Syrien und Afghanistan komme. Neben mangelnder Sprachkompetenz und Förderkulisse erschwerten auch die oftmals unklare Aufenthaltsperspektive die Integration in den Arbeitsmarkt. Um die Nachfrage zu decken, sei das Handwerk aber auch auf diese Menschen angewiesen, meinte Weniger. „Wir müssen in den Betrieben und Schulen noch viel Arbeit leisten“, verwies er auf einen langen Atem, den die Integration von Asylsuchenden brauche. Wichtig sei dabei auch, Lösungen für den Wohnungsmangel zu finden und die Mobilität zu fördern, sagte Finke. Er sprach sich dafür aus, Integrationsmanager langfristig zu beschäftigen, schließlich stehe man vor einer wachsenden Aufgabe.

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