Wölfe galten in der freien Wildbahn im Südwesten seit gut 150 Jahren als ausgerottet, bis vor vier Jahren die Raubtiere zum ersten Mal wieder nachgewiesen wurden. Damals sind zwei tote Wölfe an der Autobahn 5 bei Lahr und ein weiterer auf der Autobahn 8 bei Merkingen gefunden worden. In beiden Fällen handelte es sich um Rüden aus einem Schweizer Rudel, das am Calanda-Massiv heimisch ist. Der nächste Fall ereignete sich am 15. Mai 2016, als ein lebender Wolf im Schwarzwald-Baar-Kreis gesichtet wurde.
Der erste nachgewiesene Wolfsriss im Südwesten ereignete sich am 7. Oktober 2017, und zuletzt kam es am 22. Januar in Wolfach zu einem Wolfsriss, wie die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) nachwies, die auch das Wolfs-Monitoring betreibt.
Friedliches Nebeneinander
Ein friedliches Nebeneinander von Wolf und Mensch erachtet Braun als sehr schwierig: „Wölfe sind extrem lernfähige und intelligente Raubtiere. Auch werden sie dem Menschen und den Ansiedlungen immer näherkommen.“ Die Politik müsse ein vernünftiges Konzept entwickeln, allerdings sieht Braun eine starke Lobby der Naturschutzverbände. „Wir Tierhalter werden dagegen weniger stark von der Politik wahrgenommen“, moniert Braun im Gespräch mit unserer Zeitung. Er sprach sich zudem dafür aus, den Wolf in das Jagdrecht aufzunehmen, wohlwissend, dass es sich um ein heikles und emotional stark aufgeladenes Thema handele.
Dialog suchen
Generell sei ihm wichtig, den Austausch und Dialog mit den Bürgern, Politik und Umweltschützern zu suchen. Auch will er sich für eine Umkehr der Beweislast beim Nachweis von Wolfsrissen für Entschädigungszahlungen einsetzen, damit der Tierhalter nicht auf den Kosten sitzenbleibt, sollte dieser auf eine DNA-Analyse bestehen.
Schutzmaßnahmen greifen
„Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Wolf bei uns ankommt“, betont auch Michael Schott von der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe. Der Lörracher ist für die Region Baden-Württemberg Süd verantwortlich. Er weiß, dass Tierhalter Leidtragende sind. Diese kämen in Bedrängnis, denn das Raubtier könne nun einmal nicht zwischen Wild- und Nutztier unterscheiden.
Allerdings gebe es Schutzmaßnahmen gegen Wolfsangriffe. Während Braun diese als ineffektiv bezeichnet, sieht Schott in den rund ein Meter hohen Schutzzäunen und eigens ausgebildeten Herdenschutzhunden gut geeignete Maßnahmen zur Gefahrenabwehr. Die Anschaffung solcher Hunde ist allerdings teuer, nennt der Experte eine Preisspanne von bis zu 5000 Euro pro Tier. Die Züchter würden die Preise leider aufgrund der Landesförderung in die Höhe schrauben. In Sachen Jagdrecht erteilt Schott der Forderung Brauns eine klare Absage.
Wolf ist streng geschützt
„Das Tier ist europaweit streng geschützt, außerdem kommt eine Aufnahme ins Jagdrecht einem Freibrief gleich.“ Generell gilt: Im Einzelfall sind Ausnahmen möglich. Dies ist ebenfalls im Bundesnaturschutzgesetz geregelt, allerdings dürfen die Bundesländer keine von den internationalen und nationalen Vorgaben abweichende Regelungen erlassen, wie es in einer Informationsschrift des Umweltministeriums heißt.
Die Gefahr, die vom Wolf ausgehe, sei verschwindend gering, allerdings dürfe man nicht vergessen, dass es sich um ein Raubtier handelt, sagt Schott. „Die Tiere können eine Bedrohung darstellen, wenn sie angefüttert wurden und ungeduldig auf Nahrung wartend Wanderern nachstellen.“ Generell sieht Schott Aufklärungsbedarf: Gemeinsam mit Nutztierhaltern, der Landesregierung und der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe sollte ein Konzept auf die Beine gestellt werden, um die noch verbreiteten Ängste abzubauen, welche nicht unter den Teppich gekehrt werden dürften.