Warum wissen das so wenige?
Die Region Südwest geht meiner Einschätzung nach etwas unter in Deutschland. Wenn man mit anderen redet, kennen Auswärtige Freiburg oder den Schwarzwald. Eigentlich fehlt uns noch die Identität, die andere Regionen haben. Das wäre ideal, wenn man so etwas schaffen könnte.
Haben Sie schon ein Konzept in der Schublade, mit dem Sie diese Markenbildung erreichen können?
Wir sind dabei, Konzepte auszuarbeiten, wie wir die Sache angehen wollen. Alle Gemeinden der beiden Landkreise Lörrach und Waldshut unter einen Hut zu bringen, ist eine große Aufgabe. Der Nordosten des Landkreises Waldshut kann sich zum Beispiel schwer identifizieren mit Gemeinden, die am Hochrhein liegen. Aber das Kirchturmdenken muss man bei diesem Thema zur Seite schieben und an einem Strang ziehen. Andere Regionen in Deutschland schlafen nicht und haben schließlich auch Stärken und werben zum Beispiel um Fachkräfte und Touristen.
Was hat denn beispielsweise Rheinfelden davon, wenn Werbung für den Südwesten gemacht wird?
Man muss sehen, dass es nicht nur die Fachkraft in die Region zieht, sondern häufig auch eine ganze Familie. Die will in der Region einkaufen, die Kinder gehen in die Schule und vieles mehr. Auch erfahren Bekannte und Verwandte später von den Vorzügen, hier zu leben. Angesichts des demografischen Wandels können wir über jeden Neubürger froh sein, der zu uns kommt. Dabei sollte es keine Rolle spielen, ob er nach Kandern, Wehr oder Grafenhausen zieht. Die ganze Region wird dadurch gestärkt.
Ein Teil des Strategiekonzepts ist also die Steigerung der Identifikation mit der Gesamtregion. Zweitens geht es darum, mehr Verbindendes in der Region zu schaffen. Sie sehen sich dabei als Dach eines gemeinsamen Hauses?
Klar wäre es ein Traum, dass alle Kommunen Mitglied der Wirtschaftsregion Südwest werden. Aber es würde schon reichen, wenn wir viele an einen Tisch bekommen, um dort voranzukommen und die Einsicht zu haben, dass man alleine auf Dauer nichts bewirken kann.
Wie wollen Sie neue Gesellschafter gewinnen?
Es liegt Arbeit vor uns: Wir müssen in den nächsten Jahren Leistung zeigen und den interessierten Kommunen beweisen, dass wir in der Region was bewegen.
Was ist Ihr größtes Pfund, mit dem Sie wuchern wollen?
Die Konzepte sind wir gerade am Entwickeln. Einzelheiten kann ich noch nicht nennen. Erst möchte ich unsere Gesellschafter informieren.
Die grobe Richtung können sie aber schon beschreiben.
Wir werden ganz stark Netzwerke in den Vordergrund rücken, denn Wirtschaftsförderung ist Networking. Das gilt zum einen für uns selbst: Wir machen kaum etwas ohne Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Institutionen. Aber auch Unternehmen sind oft auf Kooperationen angewiesen. Hier organisieren wir themen- und branchenbezogene Netzwerke und helfen bei der Suche nach regionalen Partnern.
So wie schon jetzt beim Aluminiumforum.
Genau. Auch die Fachkräfteallianz, connect-Dreiländereck, IOW, BioValley, Badischer Einkaufskorb, Automotive, existieren bereits, doch hier wollen wir noch einmal anknüpfen und das Ganze stärker machen. Firmen können so besser werden und voneinander profitieren.
Ist das in der Vergangenheit zu wenig passiert?
Es war eine Stärke der Wirtschaftsregion, dass Netzwerke gegründet wurden. Einige laufen sehr positiv, bei anderen gibt es meiner Meinung nach noch Potenziale. So besteht mit Automotive ein Netzwerk, bei dem sich die Partner noch nicht so recht gefunden haben. Hier gibt es die Rückmeldung, dass man zu große Unterschiede aufweist. Die Frage, ob man es schafft, in diesem Netzwerk eine Kategorisierung vorzunehmen, muss noch beantwortet werden.
Welche Handlungsfelder stehen außer den Netzwerken für die nächsten Monate an?
Neben dem Standortmarketing auch die Imageförderung der WSW. Dadurch, dass wir den Sitz in Lörrach haben, sind wir hier sehr bekannt und können viele Kontakte nutzen. Im Landkreis Waldshut, wo ein Mitarbeiter mit einer halben Stelle für uns arbeitet, ist das nicht ganz so, da dieser häufig mit dem Landratsamt Waldshut identifiziert wird, seinem eigentlichen Arbeitgeber. Dort möchte ich noch mehr Imageförderung betreiben, schließlich sind wir auch dort bei vielen Projekten beteiligt oder initiieren solche mit. Man sieht bislang oft nicht, dass wir hinter bestimmten Projekten standen.
Sie als „Neuer“ können es noch sagen: Wie ist die Wahrnehmung von außen auf die Wirtschaftsregion?
Als Waldshuter musste ich erst einmal nachgucken, wer die WSW ist. Hier in Lörrach wird die Wirtschaftsregion wahrgenommen, in Waldshut eher nicht. Der neue Aufsichtsratsvorsitz hat gerade zum Waldshuter Landrat gewechselt. Nun schauen wir gemeinsam, dass wir hier mehr bewegen.
Heißt das, dass Sie personelle Ressourcen in den anderen Landkreis verschieben?
Wir müssen auf jeden Fall auch Schwerpunkte in Waldshut setzen, schließlich sind wir die Wirtschaftsförderung für beide Landkreise. Aber Lörrach wird dadurch nicht benachteiligt werden.
Lässt sich die Arbeit mit dem vorhandenen Personal von fünf Personen überhaupt bewerkstelligen?
Ein Traum wäre, noch eine Stelle mehr zu erhalten. Doch ich will jetzt nicht mehr Mitarbeiter fordern, sondern erst einmal das Konzept mit den Zielen erstellen. Dann kann man die Stunden errechnen und gegebenenfalls klar machen, was mit den vorhandenen Ressourcen möglich ist und was nicht.
Ein Zwischenzeugnis nach 100 Tagen auszustellen, ist grenzwertig. Was wollen Sie aber nun als erstes mit Nachdruck anschieben?
Die WSW konzentriert sich in Zukunft auf klar definierte Aufgaben. Aus diesem Grund haben wir als erstes sämtliche Themen auf den Prüfstand gestellt und somit unser Profil geschärft. Unsere Kernaufgaben in den nächsten fünf Jahren sind die Gründung, Beteiligung und Förderung von Netzwerken, die Steigerung des Images und der Bekanntheit unserer Region auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene sowie der Aufbau eines Dienstleistungs- und Serviceangebotes für Kommunen und Unternehmen. Anschieben werde ich unter anderem das dominierende Thema Fachkräftemangel, denn unsere Region muss für Arbeitnehmer attraktiv bleiben. Mit der Internet-Plattform sw-plus.de betreiben wir Werbung für den Landkreis Lörrach. Dies wollen wir noch stärker ausbauen sowie mit erlebnis-hochrhein.de eine identische Plattform für den Landkreis Waldshut auf den Weg bringen. Außerdem möchte ich die Dienstleistungsorientierung für Unternehmen noch mehr erhöhen und ausführliche Gespräche mit Firmeninhabern führen. Das Serviceangebot der WSW möchte ich insgesamt verbessern. Dazu gehört der Relaunch des Internetauftritts der WSW, der zum Beispiel um Informationen zu statistischen Kennziffern und einem Veranstaltungskalender erweitert werden soll, um so den Nutzern einen echten Mehrwert zu bieten.
Bislang haben Kommunen wie Kandern, die nicht WSW-Gesellschafter sind, die gleichen Leistungen erhalten. Ist das gerecht?
Wenn diese Kommunen angerufen haben, waren wir genauso für sie da, wie für andere auch. Das möchte ich ein Stück weit ändern, aber keine Türen zumachen. Es kann jedoch nicht sein, dass jeder die gleiche Leistung erhält. Es werden künftig Gesellschafter bevorzugt.
Im Strategieworkshop wurden schon die Aufgabenschwerpunkte für die nächsten fünf Jahre festgelegt, was deckungsgleich mit der Laufzeit Ihres Arbeitsvertrages ist. Sie werden in einigen Jahren unter anderem also an der Qualität der Netzwerke gemessen, oder woran wollen Sie sich messen lassen?
Der Landkreis Lörrach hat bei seinen Tätigkeiten Ziele definiert. Das hat mir unheimlich gut gefallen. Wir wollen auch ein Zielsystem einführen. So könnte ein Ziel lauten, dass fünf Treffen und ein neuer Internetauftritt bei einem bestimmten Netzwerk als Jahresleistung stehen soll. So lässt sich prüfen, ob es so läuft, wie man es im Vorfeld geplant hat.