Kreis Lörrach Domino-Effekt vermeiden

SB-Import-Eidos
Sollte es zu einem Gaslieferstopp kommen, hätte dies gravierende Folgen für den Arbeitsmarkt. Foto: pixabay

Vollversammlung: IHK zur Versorgungssicherheit / Mitglieder richten vier Forderungen an die Politik

Bei der Sommervollversammlung der IHK Hochrhein-Bodensee waren die aktuelle Gaskrise und die steigenden Energiepreise Thema Nummer eins. Die Unternehmen, die schon in den Bereichen Personal, Material, Finanzierung und Arbeitskosten extrem gefordert sind, sehen mit Sorge auf den kommenden Winter, wenn es um die Versorgung mit Energie geht.

Regio. Viele sehen ihre Geschäftstätigkeit in Gefahr, andere fürchten gar, energieintensive Produktionsprozesse ganz einstellen zu müssen. Die Unsicherheit, wen es im Falle einer Mangellage in welchem Umfang trifft, zehre an den Nerven, teilt die IHK mit.

Vier Forderungen richten die Mitglieder der IHK-Vollversammlung vor diesem Hintergrund an die Politik: Angesichts der multiplen Herausforderungen, denen sich alle Unternehmen konfrontiert sehen, bedürfe es jetzt eines kriegsbedingten, befristeten Belastungsmoratoriums. Solange die Energieversorgung akut bedroht ist, dürfe keine technisch mögliche, realistische und ökonomisch sinnvolle Energiequelle ausgeschlossen werden. Für den Fall einer akuten Gasmangellage fordern die Mitglieder eine kollektive, gesamtgesellschaftliche Anstrengung, die Sparmaßnahmen ebenso einschließt wie den ganz oder teilweisen Verzicht auf eine Belieferung. In diesem Szenario dürfe keine der großen Verbrauchergruppen – Stromerzeugung/Industrie/Wärme in Privathaushalten – von vornherein und gänzlich ausgenommen werden. Vielmehr müsse jeder seinen Beitrag leisten. Unternehmen müssen wissen, was auf sie zukommt. Wie auch immer Spar- oder Abschaltpläne aussehen, eine vorzeitige, proaktive Einbeziehung möglicher Betroffener sei Voraussetzung für eine Minimierung der möglichen betriebs- und volkswirtschaftlichen Schäden, lautet die vierte Forderung.

„Die Unternehmen sind sich bewusst, was es für sie, für die Wirtschaft insgesamt, aber auch für die politische und soziale Stabilität unserer Gesellschaft bedeutet, wenn die Energiesicherheit nicht mehr gewährleistet ist. Das wurde in unserer Diskussion sehr deutlich“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Claudius Marx. „Das größte Schadenspotenzial liegt dabei noch nicht einmal in der Beeinträchtigung des einzelnen Unternehmens, sondern in einem Domino-Effekt der Unterbrechung von Produktionsketten. Die Gasversorgung besitzt in vielen industriellen Bereichen eine erhebliche Systemrelevanz“.

Fällt etwa die Produktion in der Grundstoffe verarbeitenden Chemie aus, seien nicht nur die davon unmittelbar betroffenen Unternehmen lahmgelegt, es brächen vielmehr ganze Wertschöpfungs- und Produktionsketten zusammen, die auf die jeweiligen Vorprodukte angewiesen sind – mit der Folge, dass am Ende auch Medizinprodukte, Lebensmittel oder der Healthcare-Bereich betroffen seien – weil Vorprodukte ausblieben oder auch nur, weil die notwendige Verpackung fehle. Damit kommen laut IHK auch Unternehmen in Gefahr, die selbst gar nicht von einem Gasstopp betroffen wären, von den dann gravierenden Folgen für den Arbeitsmarkt gar nicht zu reden.

„Angesichts der angespannten Lage müssen wir gemeinsam alles dafür tun, für den Winter genug Gas zu haben. Das bedeutet, dass wir alle mehr Energie sparen müssen, die Wirtschaft genauso wie die Bürgerinnen und Bürger“, erklärt Thomas Conrady, Präsident der IHK Hochrhein-Bodensee.

Für eine faire Lastenverteilung

Mittlerweile herrsche in dieser Frage ein breiter gesellschaftlicher Konsens. „Nicht nur die Politik hat die europarechtlich vorgegebene Priorisierung zugunsten der Privathaushalte als problematisch erkannt, auch die Bürgerinnen und Bürger sprechen sich immer öfter für eine faire Lastenverteilung aus. Sie wissen, was passiert, wenn die Unternehmen nicht mehr die Energie bekommen, die sie brauchen. Dann müssten die Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt oder gar Beschäftigung abgebaut werden. Diesem Szenario gegenüber kann die Temperatur in unseren Badezimmern keinen absoluten Vorrang genießen.“

Privater Sektor muss nachziehen

Energiesparen wird das Thema der kommenden Monate sein, glaubt auch Marx. „Viele Unternehmen haben bereits als Reaktion auf die enorm anziehenden Preise Maßnahmen zur Senkung ihres Energieverbrauchs ergriffen, an weiteren Einsparmöglichkeiten wird gearbeitet.“

Die Unternehmen arbeiteten mit Hochdruck an Konzepten, die Sparpotenziale heben und höhere Energieeffizienz und oder die Umstellung auf andere Energiequellen vorsehen. Der private Sektor, der fast ein Drittel des Gasverbrauches ausmacht, müsse da gleichziehen.

Umfrage

Heizung

Der Ausbau des Fernwärmenetzes im Landkreis Lörrach nimmt Fahrt auf. Würden Sie, falls möglich, Ihr Haus an das Netz anschließen lassen?

Ergebnis anzeigen
loading