Kreis Lörrach Ein vertrauter Ort für jeden Tag

Beatrice Ehrlich
Sabrina Wipprecht und Holger Eckhardt stehen den Besuchern im Haus Sonnenschein zur Seite. Foto: Beatrice Ehrlich

Schwerpunkt: Haus Sonnenschein des Diakonischen Werks mit offenen Türen für psychisch Kranke

Kreis Lörrach - Krankheit und Therapie sind das eine, das andere, jeden Tag sein Leben zu meistern. Seit 24 Jahren bietet das Haus Sonnenschein in Lörrach psychisch Erkrankten und Belasteten einen Treffpunkt, wo sie sein können, wie sie sind.

Andere kennenzulernen, sich auszutauschen und Kontakte zu knüpfen ist das wichtigste, in der Tagesstätte gibt es aber auch feste Angebote wie Gedächtnistraining, Tischtennis und eine Kreativwerkstatt, die sich nach den Interessen und dem Können der Besucher richtet. Hier entstehen persönlich gestaltete Weihnachts- und Glückwunschkarten, Häkelarbeiten und zur Zeit auch Gesichtsmasken, die zu einem geringen Beitrag verkauft werden. Vier Mal in der Woche kommen die Besucher in den großzügigen Räumen mit Garten zum gemeinsamen Essen gegen ein kleines Entgelt zusammen, immer dienstags und donnerstags wird vorher auch gemeinsam gekocht. All dies ist für viele ein Grund, sich jeden Tag auf den Weg hierher zu machen, die Sozialarbeiter nennen das: dem Tag eine Struktur geben. Nebenbei werden hauswirtschaftliche Fähigkeiten weitergegeben und eingeübt für zuhause.

Holger Eckhardt und Sabrina Wipprecht sind als verantwortliche Sozialarbeiter während der Öffnungszeiten da für die Besucherinnen und Besucher. Das Besondere an diesem Angebot sei seine Niedrigschwelligkeit, betonen die beiden. Niemand müsse sich hier für seine Krankheit rechtfertigen, jeder könne kommen und „einfach sein“, ohne Termine und Therapien. Man dürfe als Depressiver auch mal lachen, spitzt Wipprecht zu. Viele der rund 30 Menschen, die regelmäßig oder gelegentlich ins Haus Sonnenschein kommen, leben aufgrund ihrer Besonderheit oft sehr einsam. Für manche sei dies sogar der einzige Raum, in dem soziale Kontakte pflegen, berichtet Eckhardt, der schon seit 1996, dem Gründungsjahr, im Haus Sonnenschein arbeitet. Deshalb träfen sie auch die Einschränkungen durch Corona ganz besonders: Während man vorher kommen konnte, wann man wollte, je nach Tagesform, sei jetzt eine Anmeldung nötig und die Besucherzahl beschränkt. Für viele sei das eine Überforderung, sorgt sich Eckhardt, der mit seiner Kollegin versucht, wenigstens den telefonischen Kontakt zu jenen aufrechtzuerhalten, die jetzt nicht mehr da sind.

Eine chronische psychische Krankheit bedeutet meistens, dass die Betroffenen ihre Berufe nicht mehr ausüben können. Dass sie unter einer Einschränkung leiden, sieht man ihnen oft nicht an. „Ich glaube nicht, dass in der Gesellschaft das Verständnis dafür da ist, was eine psychische Krankheit wirklich bedeutet“, sagt Sabrina Wipprecht und nennt ein Beispiel: Jeder habe Verständnis, dass man mit einem gebrochenen Bein nicht arbeiten gehen könne, bei einer gebrochenen Seele sei das aber nicht der Fall. Da werde von den Betroffenen mehr verlangt, als sie leisten können.

Dass sich hinter einer psychische Erkrankungen oft auch eine soziale Frage verbirgt, kann Holger Eckhardt nur bestätigen: „Armut macht krank, und wenn dann die Krankheit einen noch ärmer werden lässt, ist das ein großes Problem.“

Da ist es gut, dass Betroffene im Haus Sonnenschein und in seinen Zweigstellen, dem Offenen Treff in Schopfheim und „MittenRhein“ in Rheinfelden, Räume haben, in denen man nicht viel Geld braucht.

Sirka Wagner sitzt auch heute auf der Terrasse hinter dem Haus und geht ihrer Lieblingsbeschäftigung nach: Häkeln. Sie ist Teilnehmerin im Projekt „Verbindliche Tagesstruktur“ und kann sich ihren Alltag schlecht vorstellen ohne die Stunden im Haus Sonnenschein und das gemeinsame Mittagessen. „Es ist ein schöner Ort“, findet sie. Gern erledigt die von einer schizo-affektiven Störung betroffene 51-Jährige Arbeitsaufträge, etwa die Herstellung kleiner Präsente für einen Aufklärungskurs für Mädchen oder betätigt sich kreativ, während man sie zur Gymnastik eher antreiben müsse, wie sie verschmitzt anmerkt. Ganz besonders liebt sie es, wenn alle zusammenkommen zu gemeinsamen Aktionen wie ein Sommerfest oder ein Tischtennisturnier.

Entstanden ist die Tages- und Begegnungsstätte im Jahr 1996 aus einer Initiative des Vereins „Kleine Schritte“ zusammen mit dem damaligen Geschäftsführer des Diakonischen Werks Michael Schmidt-Mittermeier. Ziel war und ist, psychisch Erkrankte aus der Isolation zu holen, ihnen zu einer Tagesstruktur zu verhelfen und ihnen die Möglichkeit zum Austausch zu geben. 1998 kam der „Offene Treff“ in Schopfheim und 2018 die Tagesstätte „MittenR(h)ein“ in Rheinfelden dazu. Der offene Bereich im Haus Sonnenschein wird zu zwei Dritteln vom Landratsamt und zu einem Drittel von der evangelischen Kirche finanziert, bei der „Verbindlichen Tagesstruktur“ handelt es sich um ein Projekt im Rahmen der Eingliederungshilfe. Einmal in der Woche trifft sich im Haus Sonnenschein außerdem die Gruppe „Leuchtturm“ für Kinder psychisch Erkrankter.

 Kontakt:

Haus Sonnenschein Lörrach

Haagener Straße 27

79539 Lörrach

Tel. 07621/92 63 19

E-Mail: haus-sonnenschein. loerrach@diakonie.ekiba.de

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