Kreis Lörrach Eine schwierige Team-Entscheidung

Michael Werndorff und Denis Bozbag
Vielerorts werden die freien Plätze auf den Intensivstationen der Krankenhäuser knapp. Foto: Archiv

Pandemie: Der Geschäftsführer Medizin der Kreiskliniken Lörrach erklärt, was eine Triage bedeutet.

Kreis Lörrach - Ein Mediziner aus Zittau hat vor Weihnachten mit Äußerungen über eine Triage von Corona-Patienten bundesweit für Aufregung gesorgt. Die zweite Corona-Welle führt in einigen Krankenhäusern zu immer weniger Platz auf den Intensivstationen. Wie eine mögliche Knappheit an intensivmedizinischen Ressourcen im Alltag in Zeiten der Corona-Pandemie konkret aussieht, erklärt Bernhard Hoch, Geschäftsführer Medizin bei den Kreiskliniken Lörrach, im Gespräch mit unserer Zeitung.

„Triage bedeutet, dass bei einem sogenannten Massenanfall von Patienten die zu knappen medizinischen Ressourcen denjenigen Patienten zur Verfügung gestellt werden, welche die bestmöglichen Überlebenschancen haben“, erklärt Hoch vorneweg. „In den Kreiskliniken haben wir uns bereits während der ersten Corona-Welle intensiv mit dem Thema befasst, und unser Klinisches Ethik-Komitee (KEK) hat wichtige Grundlagen dazu erarbeitet.“ Bei den Kreiskliniken existiere seit 2015 das KEK. Es seien vor allem dessen Mitglieder, die auf dem neuesten Stand in Sachen Ethik im Krankenhaus seien und die entsprechenden Richtlinien nach Diskussion mit der Geschäftsführung klinikintern implementierten.

Man halte sich dabei auch an die Vorlagen der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Diese sei eine wissenschaftliche Fachgesellschaft auf dem Gebiet der Intensiv- und Notfallmedizin in Deutschland. Ziel sei die Förderung von Wissenschaft, Forschung und Praxis in der Intensiv- und Notfallmedizin sowie politische Vertretung von Belangen der Intensiv-, Notfall- und Katastrophenmedizin.

Grundsätzlich sei Triage eine Entscheidung eines Teams, nicht einer Einzelperson, betont Hoch. Dieses solle aus mindestens drei Mitgliedern bestehen, wobei zwei Fachärzte vertreten sein müssten, davon mindestens ein Intensivmediziner. Das KEK müsse dazugerufen werden.

Ob die Triage in den Kreiskliniken ein Thema werden könnte, sollte sich die Lage weiter zuspitzen, vermag Hoch nicht völlig auszuschließen.

Eine wesentliche Voraussetzung zur Vermeidung eines existenziellen Mangels bei der Versorgung lebensbedrohlich erkrankter Menschen stelle die optimale Ausnutzung aller Ressourcen durch eine verbesserte Kooperation dar, erläutert der Geschäftsführer. „Wir verfügen innerhalb Südbadens über ein hervorragendes Netzwerk, Partnerkliniken unterstützen sich im Bedarfsfall gegenseitig durch die Abnahme von Patienten. Sollte es jedoch hier im Landkreis zu einem Massenanfall kommen und andere Kliniken innerhalb oder auch außerhalb des Netzwerkes keine Kapazitäten mehr freihaben, könnte es auch bei uns zu solchen Situationen kommen.“

Hoch stellt weiter klar, dass bei der Frage, wer Zugang zu den knappen medizinischen Ressourcen erhalte, nicht vom Alter des Patienten allein abhänge. „Kernfrage ist immer die Überlebenswahrscheinlichkeit. „Somit spielen eher Vorerkrankungen, die den Gesamtzustand des Patienten maßgeblich beeinträchtigen, eine Rolle bei der Entscheidungsfindung.“

Eine wichtige Hilfe sei die Patientenverfügung, in der festgelegt wird, ob man beispielsweise eine intensivmedizinische Behandlung überhaupt wünsche oder ablehne.

Hoch dämpft derweil die Erwartungen einiger Menschen an eine schnelle Entspannung der Situation aufgrund des Lockdowns. „Wir gehen davon aus, dass sich allenfalls langsam eine Verbesserung einstellen wird. Erst einmal gilt es, abzuwarten, wie sich die Situation nach den gemeinsam verbrachten Weihnachtstagen und Silvester entwickeln wird. Mit seit Wochen kontinuierlich zwischen 100 und 120 Covid-Patienten und Verdachtsfällen ist bei uns von Entspannung keine Spur.“

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