Vor allem bei der Infrastruktur. Baden-Württemberg ist eines der Schlusslichter beim Ausbau des schnellen Glasfasernetzes, wobei dank des Zweckverbands „Breitbandversorgung“ der Landkreis Lörrach hier aber am weitesten ist.
Ich habe mich kürzlich mit Paul Kempf, dem Vorsitzenden des Zweckverbands, ausgetauscht. Er ist zuversichtlich, dass es bis zum Jahr 2030 ein flächendeckendes Glasfasernetz im Landkreis geben wird. Wichtig sind dabei auch Themen wie E-Governance, also die Möglichkeit digitaler Behördengänge.
Wir müssen auch die Menschen auf diesem Weg mitnehmen, die nicht so digital unterwegs sind. Die Corona-Pandemie hat uns zudem gezeigt, welche Möglichkeiten digitale Technik für den Heimunterricht bietet. So könnte man jeden Lebensbereich durchgehen und schauen, wie die Digitalisierung sich darauf auswirkt.
Beim Innenausschuss, der sich schwerpunktmäßig mit innerer Sicherheit beschäftigt, ist ein Thema von solcher Tragweite meiner Meinung nach nicht richtig aufgehoben.
Frage: Wie erleben Sie die Arbeit im Landtag? Ist es motivierend, in einem solchen Gremium Entscheidungen treffen zu können, oder frustriert es Sie auch manchmal, wenn Ihre Anliegen nicht sofort Gehör finden?
Es ist auf jeden Fall motivierend. Ich kann die Themen, die mir wichtig sind, in allen entscheidenden Gremien im Landtag einbringen.
Frage: Und wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen?
Aufgrund der Corona-Pandemie habe ich bisher tatsächlich fast nur zu meiner eigenen Fraktion Kontakt. Vieles läuft derzeit digital, auch gibt es diverse Arbeitsgruppen, die noch nicht stattfinden. Innerhalb der SPD-Fraktion konnten aber fast alle Personalfragen harmonisch gelöst werden, da hat es in anderen Fraktionen deutlich stärker geknarzt.
Als positiv empfinde ich es auch, dass wir unsere Fraktion verjüngt haben.
Frage: Von der Landesebene zur Bundespolitik: Welche Chancen räumen Sie Olaf Scholz, dem Kanzlerkandidaten der SPD, bei der Bundestagswahl im September ein?
Ich bin auf jeden Fall gespannt und erlebe das Rennen als offen. Annalena Baerbock, die Kanzlerkandidatin der Grünen, erlebt derzeit ein bisschen ein Martin Schulz-Revival: Zuerst wird sie hochgejubelt, dann verliert sie wieder an Beliebtheit. Da muss man schauen, wie tief ihr Fall schlussendlich sein wird.
Olaf Scholz schneidet bei vielen Umfragen zur Person am besten ab. Aber da gilt das Sprichwort: Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Letzten Endes entscheiden die Wähler.
Frage: Wie sehen Sie die SPD auf Bundesebene aufgestellt? In Umfragen ist mitunter die Rede davon, dass sie nicht mehr zur Volkspartei taugt.
Die SPD hat manchmal die Tendenz, sich selbst ins Knie zu schießen. Aber das ist Vergangenheit und mit unseren beiden Bundesvorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sowie dem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz hat die SPD eine neue Geschlossenheit gefunden.
Auch vor Ort präsentiert die SPD mit Takis Mehmet Ali, dem Bundestagskandidaten für den Wahlkreis Lörrach-Müllheim, ein neues Gesicht, das die Partei fit für die Zukunft macht.
Frage: In Ihrem Wahlkampf haben Sie auf den Slogan „Mehr Empathie wagen“ gesetzt. Im Zuge der Corona-Pandemie ist derzeit sehr viel von Empathie die Rede. Gleichzeitig machen im gesellschaftlichen Diskurs gefühlt nur jene von sich reden, die ihre Ansichten möglichst laut vortragen. Braucht es in Zeiten einer Pandemie mehr denn je Empathie und Einfühlungsvermögen?
Dass das Wort Empathie zu einem derart geflügelten Wort wird, hätte ich noch vor einem Jahr nicht gedacht. Zu Beginn der Pandemie ist die Gesellschaft zusammengerückt. Als die Zahlen im Sommer zurück gegangen sind, hat auch das bürgerschaftliche Engagement abgenommen, wobei ich das als natürlichen Prozess ansehen würde.
Bei der zweiten oder dritten Welle im Herbst waren dann viele Menschen schlichtweg Pandemie-müde, was jeder an sich selbst beobachten konnte. Einige haben dann die Schuld für ihre persönliche Situation bei anderen gesucht, anstatt die Erklärung, dass ein Virus und damit eine Naturkatastrophe schuld daran ist, gelten zu lassen.
Frage: Trägt die Pandemie Ihrer Meinung nach auch dazu bei, dass die Gesellschaft sich noch stärker als bisher spaltet?
Es ist durchaus so, dass wir die Pandemie und den Lockdown unterschiedlich erlebt haben. Wenn ich einen guten Job habe, den ich von zu Hause aus erledigen kann, eine große Wohnung besitze und meine Familie um mich habe, dann ist das etwas ganz Anderes, als wenn ich alleine lebe und Existenzängste haben muss.
Die Pandemie hat solche Unterschiede aufgezeigt und die Gesellschaft damit an vielen Stellen gespalten. Auch bei den Impfungen war es ja lange Zeit so, dass die Impfmöglichkeiten ungleich verteilt waren und man etwa über eine gute technische Ausstattung und digitale Erfahrung verfügen musste, um überhaupt die Chance auf einen Impftermin zu haben.
Um noch einmal auf meinen Wahlkampfslogan „Mehr Empathie wagen“ zurück zu kommen: Ich selbst versuche, Empathie zu leben. Zugleich muss man bei jeder Debatte zum Thema Solidarität auch sehen, dass die junge Generation zugunsten der älteren auf vieles verzichtet hat.
Frage: Sie legen Wert darauf, dass Sie seit 100 Tagen gewählter Landtagsabgeordneter sind. Bedeutet das nicht automatisch, dass Sie seit 100 Tagen dem Landtag angehören?
Nein, denn der aktuelle Landtag von Baden-Württemberg hat sich erst vor fünf Wochen konstituiert. Nächste Woche treten die Ausschüsse zusammen, in denen ein Großteil der parlamentarischen Arbeit stattfindet. Ab dann geht die Arbeit richtig los. Diese Unterscheidung war mir zuvor nicht klar.
Frage: Stichwort Kreistag: Wollen Sie Ihr Kreistagsmandat auch neben Ihrer Tätigkeit im Landtag beibehalten?
Ganz klar: Ja! Ich werde versuchen, beides so gut es geht zu kombinieren, obwohl das terminlich nicht einfach ist. Aber mir ist die Verflechtung der Kreistags- und Landtagsebene sehr wichtig. Mir ist in diesem Zusammenhang auch das Thema Jugendfreizeiten ein Anliegen, dass ich am Mittwoch über meine Kreistagskollegen in den Jugendhilfeausschuss eingebracht habe, obwohl ich selbst erst in der Nacht auf Donnerstag aus Stuttgart zurückgekommen bin.
Wenn ich irgendwann nicht mehr beides unter einen Hut kriege, ist es wichtig, dass ich dann auch ehrlich mir selbst gegenüber bin. Aber derzeit ist das Aufgeben des Kreistagsmandats kein Thema für mich.
Jonas Hoffmann ist 35 Jahre alt und trat im Jahr 2016 in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ein. 2018 wurde er in den Landesvorstand der SPD Baden-Württemberg gewählt, 2021 in den Landtag. Er lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in Lörrach.