Kreis Lörrach „Europäischer Brückenbauer“ ist in drei Sprachen zuhause

(js)
Der neue Hebelplattenträger Edgar Zeidler beim literarischen Gespräch mit der Hausener Kulturbeauftragten Ricarda Beilharz im Hebelhaus. Foto: Jürgen Scharf

60. Hebelplaketten-Träger Edgard Zeidler wurde am Freitagabend den Bürgern vorgestellt.

Hausen - Der 60. Hebelplakettenträger der Gemeinde Hausen heißt Edgar Zeidler. Der elsässische Dichter aus Colmar ist ein „Brückenbauer“. Die Dreisprachigkeit findet sich auch in seinen Gedichten wieder.

Zeidler, Jahrgang 1953, ist mehrsprachig aufgewachsen. Sein Vater war Berliner, seine Mutter Französin. Bei der Vorstellung im Hebelhaus am Vorabend der Verleihung der Gedenkplakette, sprach der Geehrte in gemütlicher Runde bei Lesung, Gespräch, Gugelhupf und Wein ein klärendes Wort: Einsprachigkeit habe nur einen Horizont, Dreisprachigkeit aber drei Horizonte.

Daraus folgt, die Welt wird mit Dreisprachigkeit farbiger, vielfältiger; man ist immer in einer anderen Welt. Zumal das Elsässische sowieso eine sehr bildreiche und schon vom Klang her oft witzige Sprache ist, die zum Lachen anregt, amüsant ist und bei der es lustige Wortschöpfungen gibt. Man kann mit der elsässischen Sprache spielen – und genau das tut Edgar Zeidler, wie ihm seine Gesprächspartnerin von der Gemeinde Hausen, die Kulturbeauftragte Ricarda Beilharz, entlocken konnte. „Ich bin ein Sprachakrobat, ich spiele gern.“ Das sei ein Aspekt des Vergnügens bei seinem Schreiben.

Der gut besuchte Abend war in verschiedene Abschnitte gegliedert: Zeitkritisches, Religion, Geschichte, Humor und hohe Lyrik. Wie Beilharz sagte, haben ihr die „zarten, feinen Gedichte, die die Seele anrühren“ beim Lesen viel Freude gemacht. Der elsässische Autor, der als Deutschlehrer kurz vor der Pensionierung steht, fühlte auch sichtlich verstanden und angeregt.

Zeidler ist ein typisch elsässischer Autor, der sich ganz mit der Sprache identifiziert und für das Elsässische kämpft, das bekanntlich im Elsass immer weniger gesprochen wird und nur noch von den Circles, den Mundartbühnen, gepflegt wird. Als Elsässer kann sich Zeidler das Elsass nicht vorstellen, sollte diese Sprache einmal nicht mehr existieren. „Wenn die Sprache verloren geht, ist alles Firlefanz“, heißt es in einem Gedicht.

Auch in der Form von Sonetten drückt der Autor seine Liebe zur Muttersprache aus: „Ich komme immer wieder zu meiner Sprache zurück“, sagte er und Ricarda Beilharz, die zu ihrem Bedauern selbst keinen Dialekt spricht, sprach sich für das Bewahren der Sprache aus. Bei Zeidler gehe es um „Spiel, Leichtigkeit, authentisches Lebensgefühl“. Da hatte die Moderatorin ins Schwarze getroffen, denn ihm gehe es, wie Zeidler bekannte, um die Authentizität, die er nur im alemannischen Raum findet, in dieser Sprache, bei den Leuten, die diese Werte teilen. „Internet und Zeidler, wir werden nie Freunde“, war auch einer der lustigen Sätze des Autors, der manchmal selber über seine witzigen Worte und Gedichte lachen musste.

Es gibt wirklich humorvolle Gedichte von ihm, die er in Kapitel B unter „Humor und Satire“ vortrug. Darunter sind elsässische Liebeslieder mit urkomischen Titeln, bei denen man eigentlich ein elsässisches Wörterbuch zur Hand nehmen müsste, wie „Schnuddernas“, „Schnurraputzer“, „Gstellaasch“ oder Zeidlers Wortkreation für einen Clochard: „Kanaldeckel-Architekt“.

Das war sehr erheiternd, wie auch mancher Dialog, und sicher versteht man die elsässischen Begriffe besser, wenn das Wörterbuch fürs Elsässische fertig ist, an dem Zeidler mitarbeitet. Das ist aber noch eine Weile im Gange, inzwischen ist man erst beim Buchstaben F angelangt. Zeidler schreibt an dem Wörterbuch, damit das Elsässisch leichter lesbar wird, und er setzt sich für eine logische Schreibweise des Elsässischen ein, die den ganzen Reichtum der Sprache respektieren soll.

Edgar Zeidler ist auch Umweltschützer, der den Kampf für die Sprache mit dem Kampf für die Umwelt verknüpft. Schon sein Vater war politisch engagiert, habe sich für die deutsch-französische Versöhnungsgeschichte eingesetzt, berichtet er. Bei dieser unterhaltsamen Gesprächs- und Leserunde merkte man, dass die Sprache Zeidler als Voraussetzung für Gedankengänge dient. So erklärt sich wohl die schöne Wortschöpfung „Gedankenufer“. Zum großen Weltgeschehen äußert sich Zeidler auch, etwa in dem Gedicht „Wille zur Macht“, hinter dem Nietzsche steckt. Und er ist vom Geist und der spirituellen Poesie des indischen Dichters und Denkers Rabindranath Tagore beseelt, der ihn zu eigenen Gedichten in seinem Buch „Zeitgeist“ inspirierte. Also ein vielfältig interessierter, tiefgründiger und sprachgewandter Hebelplakettenträger aus den Vogesen, dieser Edgar Zeidler.

Tradition ist am diesem Abend, dass die Musikschule Mittleres Wiesental ihn musikalisch umrahmt und Bürgermeister Martin Bühler Gruß- und Schlussworte spricht. Diesmal dankte er für „das interessante Gespräch und die tolle Lesung mit viel Humor und Tiefe“.

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