Altpapier Für eine faire Preisgestaltung

Michael Werndorff
Das Entgelt für die einst kostenlose Blaue Tonne sorgt immer wieder für Diskussionen. Foto: Archiv

Entsorgung: Landrätin stellt Gebühr für Blaue Tonne infrage / Unternehmen sollen Auskunft geben

Kreis Lörrach - Landrätin Marion Dammann hat sich in einem Schreiben an die beiden Entsorgungsunternehmen Kühl & Remondis gewandt und die Gebührenerhebung für die Blauen Tonnen der beiden privaten Entsorger in Frage gestellt. Die Preise für Altpapier haben sich nämlich längst wieder erholt.

Die Einführung der Gebührenpflicht für die privatwirtschaftlich betriebene Blaue Tonne im vergangenen Jahr hat die Gemüter erhitzt. In diesem Jahr wurden immer wieder Stimmen laut, die Gebühr angesichts steigender Preise für Altpapier abzuschaffen. „Die Gebührenerhebung aufgrund des zu geringen Abverkaufspreises ist längst überholt“, lautete der Tenor von Anrufen und Leserbriefen, die unsere Zeitung bislang erreichten. Jetzt interveniert auch Landrätin Marion Dammann.

Zum Hintergrund: Wegen der vor einiger Zeit sehr niedrigen Erlöse auf dem Papiermarkt haben die beiden Entsorgungsunternehmen im vergangenen Jahr ein Entgelt für die bis dahin gebührenfreien Blauen Tonnen eingeführt, weil die Papiersammlung nicht mehr kostendeckend stattfinden konnte. Diese Entscheidung der privatwirtschaftlichen Unternehmen sei zum damaligen Zeitpunkt durchaus nachvollziehbar gewesen, lässt sich Dammann in einer Mitteilung von Montagabend zitieren.

Bürger melden sich

Mittlerweile seien die Preise auf dem Papiermarkt allerdings wieder stark gestiegen. Es gebe daher zunehmend Fragen aus der Bevölkerung und aus den Kreistagsfraktionen, weshalb trotz der derzeit hohen Vermarktungserlöse weiterhin eine Kostenbeteiligung erhoben wird, heißt es weiter.

In einem Brief an unsere Zeitung machte eine Leserin im Juni deutlich, dass der Zustand niedriger Preise nur einige wenige Monate andauerte und sich der Erlös für Altpapier längst wieder erholt hätte.

Krise überwunden

Lagerbestände und steigende Sammelmengen führten im Oktober zu einer Beruhigung des deutschen Altpapiermarkts, und nach Monaten kontinuierlicher Preissteigerungen gingen die Preise für Kaufhausaltpapier und sortiertes gemischtes Altpapier leicht zurück. So gab es am 9. November für eine Tonne gemischtes Altpapier fast 186 Euro. Ein Plus von 90 Euro seit Jahresbeginn, wie ein aktueller Marktbericht zeigt.

Die Einführung der Gebühr sorgte nicht nur in der Bürgerschaft für erhitzte Gemüter, auch im Kreistag wurden kritische Stimmen laut – unter anderem, weil die Gebühr rückwirkend erhoben werden sollte. Grünen-Chef Bernd Martin erklärte damals: „An diesem Beispiel zeigt sich wieder einmal, dass private Unternehmen es nicht besser können als der Eigenbetrieb des Landkreises. Ganz im Gegenteil: Die Privaten picken sich die Rosinen heraus, und wenn die Erträge daraus nicht so sprudeln, werden die Bürger zur Kasse gebeten.“

Die Alternative einer gebührenpflichtigen Tonne wäre wohl der Rückzug der Unternehmen aus der Papier- und Kartonsammlung mit der Folge, dass diese Abfälle wieder dem Landkreis, über Vereinssammlungen und Recyclinghöfe, angedient werden, erwiderte Paul Renz (CDU) im Gespräch mit unserer Zeitung. „Die dadurch entstehenden Kosten bei der Abfallwirtschaft würden ebenfalls Mehrkosten verursachen und zu einer Erhöhung der Jahresgebühr führen.“

Und was sagen die Unternehmen dazu? Remondis-Sprecher Michael Schneider sagte gestern auf Nachfrage unserer Zeitung, dass Entscheidungen über die Preisgestaltung nicht auf kurzfristigen Entwicklungen basieren dürften.

Im Sommer erklärte er im Gespräch mit unserer Zeitung: „Corona hat zu vielen Verwerfungen am Markt geführt und Preisentwicklungen ergeben, die so nicht absehbar waren. Das trifft auch auf zukünftige Entwicklungen zu. Lange Zeit hatten wir nur eine negative Preisspirale, jetzt schlägt das Pendel wieder in die andere Richtung. Es ist aber langfristig eine Stabilisierung der Preise zu erwarten.“

Und Kühl erklärte damals, dass die Gebühr für die Blaue Tonne notwendig sei, um die Dienstleistungen – Behältergestellung, Einsammeln, Transport, Sortieren und Weiterverarbeitung – ordnungsgemäß zu erfüllen und die damit verbundenen Kosten zu einem gewissen Teil zu kompensieren.

Angesichts der Volatilität dürfe der Altpapierpreis nicht zugrundegelegt werden, um die Entsorgungssicherheit nicht zu gefährden, sobald der Preis nachgeben sollte, argumentierte Kühl.

Stellungnahme gefordert

Dammann bittet um eine Stellungnahme beider Firmen, ob in naher Zukunft vorgesehen sei, das Entgelt auszusetzen oder zumindest zu reduzieren. Sollte dies nicht der Fall sein, soll erläutert werden, weshalb die Entsorger an dem Entgelt festhalten, obwohl die Papiererlöse auf dem Weltmarkt derzeit höher sind als in den Jahren, in denen die Blaue Tonne noch kostenlos angeboten wurde.

Sie hoffe sehr, so Dammann abschließend, dass dieses Schreiben auch als Bitte wahrgenommen werde, den langjährigen Nutzern der Blauen Tonnen im Landkreis Lörrach mit einer fairen Preisgestaltung zu begegnen.

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