Kreis Lörrach Für eine wirkliche Verkehrswende

Die Oberbadische
„Vergesellschaftungen machen Sinn, wenn Unternehmen ihre Marktmacht missbrauchen“, meint Linken-Kandidat Moritz Kenk. Foto: zVg

Frage: Herr Kenk, Sie wollen für die Linke nach Berlin. Was

Frage: Herr Kenk, Sie wollen für die Linke nach Berlin. Was motiviert Sie, gegen die anderen Parteien anzutreten?

Zunächst einmal trete ich nicht gegen eine andere Partei an, sondern für meinen Kreisverband. Motiviert hat mich dabei mein vorheriges politisches Engagement und die Dringlichkeit eines Politikwechsels: Wenn wir jetzt nicht umsteuern, verfehlen wir unsere Klimaziele bei weitem. Weiter hat mich die leider zunehmende Wissenschaftsfeindlichkeit in der Gesellschaft, aber auch in der Politik dazu motiviert, selbst aktiv zu werden.

Frage: Die Linke hat das Ziel erklärt, die Kluft zwischen Arm und Reich zu überwinden. Wie wollen Sie das erreichen?

Dazu haben wir ein detailliertes Steuerkonzept vorgelegt: Kleine und mittlere Einkommen werden entlastet, Superreiche belastet. Details dazu findet man in unserem Wahlprogramm. Weiter stärken wir die unteren und mittleren Einkommen durch Konzepte wie Mindestlohn, Grundsicherung, Mietendeckel und Kostensenkungen für Tickets im öffentlichen Nahverkehr.

Frage: Die Spitzenkandidatin Ihrer Partei, Janine Wissler, hält Deutschland in Teilen für undemokratisch – und fordert umfassende Enteignungen. Wie weit würden Sie gehen?

Wenn ich sehe, dass in Baden-Württemberg ein Volksentscheid für gebührenfreie Kitas abgelehnt wird, da nicht über Dinge im Haushalt entschieden werden darf, und es keine bundesweiten Volksentscheide und es immer noch kein Wahlrecht ab 16 gibt, denke ich, dass es doch noch einiges Potenzial und konkrete Forderungen für ein demokratischeres Deutschland gibt.

Vergesellschaftungen machen aus meiner Sicht Sinn, wenn große Unternehmen ihre Marktmacht missbrauchen und Grundbedürfnisse wie Wohnen oder Infrastruktur dazu missbrauchen, um im großen Stil steigende Dividenden aus der Bevölkerung zu pressen. Privatpersonen und Unternehmen, die keine lebensnotwendigen Güter für ihre Profite verknappen oder systematisch ohne Grund verteuern, müssen vor Enteignungen keinerlei Angst haben.

Frage: Die Forderungen im sozialen Bereich gehen weiter als die von der inhaltlich leicht nach links gerückten SPD und denen der Grünen. Unter anderem fordert die Linke 1200 Euro soziale Mindestsicherung. Warum setzen Sie sich dafür ein? Und wie soll das finanziert werden?

Zunächst mal finde ich es eine interessante These, dass die SPD mit Olaf Scholz inhaltlich nach links gerückt sein soll. Unsere Grundsicherung soll Hartz IV, was ja Armut per Gesetz ist, ablösen. Das bisherige System reicht ja teilweise nicht einmal für eine angemessene Ernährung aus.

Finanzieren wollen wir das durch die Steuerpolitik der Linken, die laut Studie der Süddeutschen Zeitung etwa 90 Milliarden Euro zusätzlich einnimmt.

Frage: Der Mindestlohn soll auf 13 Euro erhöht, die Normalarbeitszeit dagegen auf etwa 30 Stunden pro Woche reduziert und Leiharbeit verboten werden. Haben Sie keine Angst, dass Arbeitsplätze verloren gehen?

Nein. Schon vor der Einführung des Mindestlohns hat die Arbeitnehmer-Lobby Angst vor Arbeitslosigkeit geschürt. Letztendlich hatte es dann kaum Auswirkungen auf die Beschäftigung gehabt. Dass sage im Übrigen nicht ich, sondern unabhängige Studien. Die Zahl 13 fällt dabei übrigens nicht vom Himmel: Alles darunter führt später zum Rückfall in die Grundsicherung.

Eine Reduzierung der Normalarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich schafft sogar Arbeitsplätze. Bei der Leiharbeit ist mir ganz wichtig zu betonen, dass wir hauptsächlich die Arbeitsbedingung in der Leiharbeit bekämpfen: Wer flexibler und härter arbeitet, sollte auch mehr verdienen. Die bisherigen Leiharbeiter sollen ja alle in feste Anstellungen überführt und das Lohn-Dumping beendet werden.

Frage: Ihr Parteiprogramm sieht Steuererhöhungen vor. Ist das der richtige Weg, den Industriestandort Deutschland zu sichern?

Unser Steuerprogramm sieht zunächst mal für die große Mehrheit der Menschen eine steuerliche Entlastung vor. Wer den Steuer-O-Mat macht, wird in den meisten Fällen auch herausfinden, dass unser Steuerkonzept ihn steuerpolitisch am meisten entlasten wird. Der Industriestandort Deutschland wird dadurch nicht gefährdet, da wir Steuer-Freibeträge in Millionenhöhe einsetzen, um nur die wirklich Superreichen und Großkonzerne, die es sich leisten können, mehr zu besteuern.

Frage: In der Corona-Pandemie war das Gesundheitssystem extrem herausgefordert. Welche Lehren haben Sie daraus gezogen, und wo sehen Sie dringenden Handlungsbedarf?

Corona hat gezeigt, dass die dauernden Kürzungen und Krankenhausschließungen im Gesundheitssystem der falsche Weg sind. Wir wollen die Prämie auf Krankenhausschließungen abschaffen und in der Fläche eine Gesundheitsversorgung garantieren. Weiter muss der Pflegenotstand und die Arbeitsbedingung in der Pflege dringend angegangen werden. Systemrelevante Berufe müssen auch systemrelevant bezahlt werden.

Frage: Eine weitere Mammutaufgabe ist die Bewältigung der Klimakrise. Was wollen Sie besser machen als Ihre Mitbewerber?

Wir haben als Linke mit der Klimaneutralität bis 2035 das ambitionierteste Klimaziel. Um mehr Akzeptanz für den Ausbau der erneurbaren Energien zu erzeugen, wollen wir die Anwohner mithilfe von Bürgerenergiegenossenschaften an den Gewinnen beteiligen. In der Verkehrspolitik wollen wir eine wirkliche Verkehrswende, die möglichst viele Verkehrsströme durch Bus- und Bahnverkehr ersetzen kann. Hierzu wollen wir beispielsweise konkret hier im Wahlkreis den Rheintalbahnausbau beschleunigen – dadurch wäre ein Bahnhalt in Tunsel möglich –, die Kandertalbahn reaktivieren und den Busverkehr ausbauen.

Für Letzteres braucht es endlich eine Entlastung der Kommunalfinanzen von Bund und Land. Dafür machen die Landesgrünen große Versprechungen, wollen aber gleichzeitig nichts zahlen.

Frage: Eines der Hauptanliegen Ihrer Partei im Bundestagswahlkampf ist es, den ökologischen Umbau sozial zu gestalten. Was heißt das konkret im Autoland Deutschland?

Wir haben einen gegenfinanzierten 1-Millionen-Job-Plan vorgelegt, in dem wir die Wirtschaft umbauen, dadurch Arbeitsplätze schaffen und die bisherigen Arbeitskräfte umschulen. Ausführlicher findet man das im Wahlprogramm.

Frage: Wenn Sie möglichst schnell Kohlekraftwerke abschalten wollen, muss ja die Energie woanders herkommen. Welche Konzepte haben Sie dafür?

Durch einen Ausbau der Erneuerbaren Energien: Also Photovoltaik, Windkraft, Wasserkraft, Geothermie und Biogas-Anlagen. Durch ein intelligentes lokales Vernetzen im Netzverbund schafft man es auch, ein stabiles Stromnetz sicherzustellen. Gleichwohl ist es nötig, Energie-Speicher auszubauen und mehr Stromnetze zu bauen.

Frage: Anderes Thema: Wie stehen Sie zu Bundeswehreinsätzen in Krisengebieten?

Kriegseinsätze ohne UN-Mandat halte ich für falsch und lehne ich ab. Einsätze mit UN-Mandat würde ich im Einzelfall entscheiden. Insgesamt muss hinter jedem Einsatz ein klarer Plan mit langfristigem Fortschritt erkennbar sein. Als Linke setzen wir natürlich hauptsächlich auf die Konfliktlösung im Vorfeld durch Diplomatie und Völkerverständigung.

Frage: Ihre Partei fordert den Austritt aus der Nato. Warum wollen Sie das Militärbündnis angesichts weltweiter Krisenherde verlassen?

Ich persönlich möchte die Nato nicht verlassen, sondern sie dringend reformieren. Der Alleingang der USA beim Abzug in Afghanistan hat doch gezeigt, dass die Nato so nicht mehr funktional ist. Selbst der französische Präsident Macron hat die Nato als „hirntod“ bezeichnet.

Klar ist trotzdem: Eine Rot-Rot-Grüne-Koalition hat innenpolitisch so viele Gemeinsamkeiten, da wäre es lächerlich, dies an der Nato-Frage scheitern zu lassen. Hier müssen alle drei Parteien kompromissbereit sein. Viel wichtiger als die Frage der Nato ist, dass wir künftig abrüsten und die Entwicklungspolitik stärken.

Frage: Zeit für Selbstkritik: Für die Linke ging es bei den vergangenen Wahlen fast immer nur nach unten. Was macht Ihre Partei falsch?

Die Bundestagsfraktion hat ihre Aufmerksamkeit in der ersten Hälfte der Legislatur leider hauptsächlich durch öffentlichen Streit genutzt, erst die neuen Fraktions- und Parteivorsitzenden konnten das befrieden. Insgesamt müssen wir aus meiner Sicht, auch mehr wieder zurück zur Kümmererpartei und mehr in die Kommunalpolitik, die vor Ort den Menschen hilft.

Frage: Ergänzen Sie den Satz: Wenn ich Bundeskanzler wäre, …

...hätte ich einen schönen Traum gehabt. Ich würde trotzdem als erstes einen höheren Mindestlohn und die schon beschriebene Verkehrswende auf den Weg bringen.

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