Kreis Lörrach Gegen die Schließung der Notfallpraxen

Alexandra Günzschel
Ist es eine lebensrettende Fahrt oder eine sogenannte Fehlfahrt, die hier am Bahnübergang ausgebremst wird? Die Notfallversorgung im Landkreis könnte besser funktionieren, wenn jeder Fall gleich richtig eingeschätzt würde. Foto: Alexandra Günzschel

Ein Antrag der SPD-Kreistagsfraktion für eine Resolution des Kreistags gegen die Schließung der Notfallpraxen wurde von der Verwaltung zum Anlass genommen, die Notfallversorgung im Landkreis Lörrach einmal ausführlich darzustellen.

Der Antrag der SPD bezieht sich auf die Notfallpraxen der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW), die durch den Ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) abgedeckt werden, wie Dezernatsleiterin Cornelia Wülbeck darlegte. Hintergrund der Schließungen war der KVBW zufolge ein eklatanter Rückgang an zur Verfügung stehenden Ärzten. Der ÄBD stellt die medizinische Versorgung bei nicht bedrohlichen Erkrankungen sicher, wenn die Hausarztpraxen geschlossen sind.

Ab April startet eine Reform des ÄBD: Der Begriff „Notfallpraxen“ wird dann durch „Ärztliche Bereitschaftspraxen“ ersetzt. Die Bevölkerung in jedem Stadt- und Landkreis soll mindestens eine Praxis innerhalb von 30 bis 45 Minuten mit dem Auto erreichen können. Für nicht mobile Patienten steht auch weiterhin ein ärztlicher Fahrdienst für Hausbesuche bereit. Über die Rufnummer 116 117 soll der ÄBD zudem eine ärztliche Beratung von zuhause aus vermitteln.

Stationäre Notfallversorgung

Die Versorgung in den stationären Notaufnahmen (SNA) wiederum ist der Behandlung schwerwiegend erkrankter Patienten vorbehalten. In lebensbedrohlichen Situationen ist der Rettungsdienst unter der Nummer 112 zu verständigen. Typische Symptome hierfür wären Atemnot, Schmerzen in der Brust oder im Rücken, starke Bauchschmerzen, Bewusstlosigkeit oder Ohnmacht bei anderen Personen, Sprachstörungen sowie Lähmungen. Doch in den Notaufnahmen landen zunehmend auch Bagatellerkrankungen. So verzeichnete die Notaufnahme in Lörrach von 2023 auf 2024 einen Anstieg der Patientenzahlen um 17 Prozent.

Die Notaufnahme in Schopfheim, wo im Jahr 2023 die Notfallpraxis geschlossen wurde, musste sogar 40 Prozent mehr Patienten aufnehmen; am Elisabethenkrankenhaus waren es fast 16 Prozent. Der Anteil an ambulanten Fällen in den Notaufnahmen ist in allen Häusern weiterhin hoch. In Lörrach liegt er mit derzeit 68 Prozent noch am niedrigsten. Abhilfe schaffen soll die sogenannte Eintresen-Empfangslösung (wir berichteten). Das bedeutet, dass die Notfallpraxen der KVBW an die Kliniken angebunden werden und dort gemeinsam mit den Notaufnahmen einen zentralen Empfang haben. Die Patienten werden dann gleich richtig zugeordnet.

Rettungsdienstliche Notfallversorgung

Als „Zulieferer“ der stationären Notfallversorgung dient der Rettungsdienst, welcher über die Integrierte Leitstelle unter der Nummer 112 disponiert wird. Davon abzugrenzen ist der Krankentransport (KTW) als Teil des Rettungsdienstes, der lediglich für Transportfahrten schwerkranker Patienten genutzt wird. Mit der Novellierung des Rettungsdienstgesetzes (RDG) hat der Landtag im Juli 2024 die Hilfsfrist von 15 auf zwölf Minuten bis zum Eintreffen eines Rettungswagens (RTW) am Notfallort verkürzt. Diese Vorgabe sollte in 95 Prozent der Fälle eingehalten werden. Solche Richtlinien jedoch werden durch sogenannte Fehlfahrten erschwert. Deren Anteil liegt aktuell bei 36,6 Prozent – fast zwei Prozent mehr als im Vorjahr.

Es soll deshalb auf einen verantwortungsvollen Umgang mit den Ressourcen des Gesundheitssystems innerhalb der Bevölkerung hingewirkt werden. Hierfür ist sowohl die Stärkung der Gesundheitskompetenz als auch der Einsatz KI-gestützter Tools unerlässlich, heißt es. Die Entwicklung eines Gesundheits- und Sozialkompasses soll dabei ebenfalls helfen. Im Kreisverwaltungsausschuss wurde viel Kritik an der Erreichbarkeit von Ärzten über die Notrufnummer 116 117 geäußert. Auch dies müsse sich verbessern, um das Gesamtsystem zu entlasten, wurde betont. Tobias Benz (CDU) hatte den Wunsch, dass bei der Hilfsfrist nicht nur die kreisweiten Durchschnittswerte, sondern für mehr Transparenz auch die regionalspezifischen veröffentlicht werden. „Die Rettungsdienste müssen Zeit haben für die wirklich Kranken, deren Leben bedroht ist“, zog Landrätin Marion Dammann ein Fazit.

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