Kreis Lörrach Gemeinsam die Trauer zulassen

Die Oberbadische
Wer um einen geliebten Menschen trauert, der wird bei der Ambulanten Hospizgruppe nicht allein gelassen. Symbolfoto: Archiv Foto: Die Oberbadische

Ambulante Hospizgruppe: Die Teilnehmerin an einer Trauergruppe schildert ihre Erfahrungen

Bei der Ambulanten Hospizgruppe Grenzach-Wyhlen beginnt im Oktober eine neue Trauergruppe für Erwachsene. Irène Paßlick, selbst als Trauerbegleiterin aktiv, hat sich im Vorfeld für unsere Zeitung mit einer Teilnehmerin unterhalten.

Kreis Lörrach. Ilse Meier (Name der Redaktion bekannt) berichtet im Gespräch mit Irène Paßlick von ihren Erfahrungen und darüber, warum beim Umgang mit Trauer der Austausch mit anderen helfen kann.

Frage: Frau Meier, warum haben Sie sich bei einer Trauergruppe angemeldet?

Meine Partnerin ist nach einer längeren Krankheit verstorben. Ich wusste, dass ich es alleine nicht schaffe, das Geschehene, den Schmerz zu verarbeiten. Das Angebot der Ambulanten Hospizgruppe Grenzach-Wyhlen war mir bekannt. Als Erstes hatte ich ein Einzelgespräch. Es war mir schnell klar, dass ich in eine Gruppe möchte. Ich erhoffte mir dort Begleitung, Verständnis und Gemeinschaftsgefühl.

Frage: Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie in die Gruppe kamen?

Dünnhäutig. Ich war damals sehr verletzlich, unsicher und natürlich aufgeregt. Aber auch neugierig und voller Respekt. Ich kannte ja niemanden.

Frage: Wie dürfen wir uns so ein Treffen vorstellen? Was geschieht da eigentlich?

In den Gruppentreffen empfand ich die Rituale als sehr wohltuend: Der Gong am Anfang, ein Schlussgedanke oder ein Gedicht am Ende. In der ersten Stunde eines Treffens konnten wir über alles sprechen, was uns bewegte. Das hat immer sehr gut getan. Auch die Impulse der Trauerbegleiterinnen waren hilfreich. In der Mitte unseres Kreises standen meist Blumen und Utensilien, je nach Jahreszeit und Thema. Wir durften unsere Verstorbenen vorstellen mit Namensschild und Kerze. Anhand eines mitgebrachten Bildes oder Gegenstandes konnten wir von ihnen erzählen, was immer wir mitteilen wollten.

Frage: Vor fremden Menschen sitzen und über seine Trauer sprechen: Ist Ihnen das schwergefallen? Dafür sind doch Vertrauen, Nähe, Geborgenheit nötig.

Mir persönlich ist es nicht schwergefallen. Ja, es braucht Vertrauen, Nähe und Geborgenheit, aber ich habe mich relativ schnell gut aufgehoben gefühlt in der Gruppe, obwohl ich nicht zu denen gehöre, die gleich Vertrauen fassen. Diesen Rahmen habe ich aber bewusst gewählt, um über meine Trauer zu sprechen. Ich habe Halt gefunden und auch Vertrauen. Was in der Gruppe gesagt wird, bleibt in der Gruppe. Das Reden hat mir keine Mühe gemacht, nur manchmal hätte ich dafür gerne mehr Zeit gehabt. Aber bei sechs Teilnehmern ist die Zeit natürlich begrenzt.

Frage: War es für Sie belastend, die Trauer der anderen mitaushalten zu müssen?

Ja, damit habe ich nicht gerechnet. Vor allem in den ersten Treffen, da sind viele Tränen geflossen. Die unterschiedlichen Geschichten haben mich sehr berührt. Aber vergleichen kann man Trauer ohnehin nicht. Jeder Mensch ist anders, und jeder Trauerweg ist ein ganz individueller.

Frage: Gab es Situationen, mit denen Sie Mühe hatten?

Wie schon erwähnt, hätte ich ab und zu gerne mehr Zeit gehabt zum Reden. Da hatte ich etwas Mühe mit der Selbstverständlichkeit, mit der sich Teilnehmer mitzuteilen vermochten, obwohl die dafür vorgesehene Zeit abgelaufen war. Das hat bei mir einen wunden Punkt getroffen. Nun sind die Themen aber oft heikel, und jemanden zu unterbrechen, kann verletzend sein.

Frage: Und was war besonders hilfreich?

Alles. Der Aufbau der Themen, die Struktur, die Impulse, das kreative Arbeiten. Die ganze Gruppe an sich war eine große Hilfe und Unterstützung für mich. Und die Begleiterinnen haben es wunderbar gemacht.

Frage: Haben Sie während dieser Zeit Veränderungen an sich wahrgenommen?

Ja, das „in Trauer sein“ verändert sowieso. Die Werte verändern sich. Dinge, die früher wichtig waren, sind es nicht mehr und andere werden es. Freundschaften sind weggebrochen, neue dazugekommen. Ich erlebe mich in vielen Dingen gelassener, ich kann meine Bedürfnisse klarer wahrnehmen. Sogar bei der Arbeit hat mal jemand zu mir gesagt: Du hast dich verändert.

Frage: Was würden Sie ihrer Freundin sagen, warum es sinnvoll sein kann, eine Trauergruppe zu besuchen?

Ich würde ihr sagen, dass eine Trauergruppe eine hilfreiche Begleitung sein kann auf dem eigenen Trauerweg. Sie bietet Halt und Unterstützung und erzeugt vor allem ein Gemeinschaftsgefühl. Man ist sozusagen „unter sich“ in einem geschützten Rahmen. Geborgen und doch frei in seiner Entscheidung. Man kann sich mitteilen, aber auch schweigen. Jeder darf so sein, wie er ist.

Frage: Für wen ist Ihrer Meinung nach eine Trauergruppe eher ungeeignet?

Meiner Meinung nach ist eine Trauergruppe nicht geeignet für Menschen, die erst seit kurzer Zeit in Trauer sind. In einer solchen Situation ist man vielleicht nicht in der Lage, die Trauer der anderen mitzutragen. Auch für Menschen, die um ihr Kind trauern, wäre die Gruppe „Trauerwege“ eher nicht geeignet. Aber soviel ich weiß, gibt es bei der Ambulanten Hospizgruppe Grenzach-Wyhlen ein separates Angebot für trauernde Eltern, welches jeweils im Frühjahr beginnt.

Weitere Informationen: Die nächste Trauergruppe der ambulanten Hospizgruppe Grenzach-Wyhlen beginnt am Samstag, 6. Oktober. Eine Anmeldung unter Tel. 07621 / 579 10 42 ist erforderlich. Näheres zu der Trauergruppe und den weiteren Angeboten erfahren Interessierte auch im Internet unter www.hospizambulant.de.

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