Man wird beim Lesen durch die präzisen Charakterzeichnungen in die verschiedenen Gesellschafts- und Lebensverhältnisse hineinversetzt: von der Stube mit Kachelofen und Herrgottswinkel im ärmlichen Hotzenwald bis zum feinen Damensalon fürs „Cafikränzli“ in den vornehmen Kreisen des „Basler Daigs“. Das Büchlein beschreibt anschaulich den Weg aus der Armut über den gesellschaftlichen Aufstieg bis zur Ausweisung aus der Schweiz im Ersten Weltkrieg („Use mit de Waggis un de Schwoobe“) und der Übersiedlung ins grenznahe Lörrach.
In seinem „Alemannischen Intermezzo“ bringt der erklärte Hebel-Verehrer Mehlin in den autofiktionalen Dialogen den heimischen Dialekt ein, wie ihn seine Vorfahren gepflegt haben, und schmückt die Erzählung mit einem alemannischen Gedicht von Hebel („Erinnerung an Basel“). In einem Glossar werden die Dialektwörter erläutert.
Annas Geschichte über Heimat, Not, Verlust und große Gefühle liest sich romanhaft – ist aber dem realen Leben abgelauscht. Am Ende weiß Anna: „Jetzt heißt’s gumpe“. Sie stellt ihr Mühlespiel neu auf. Hans Mehlin: „Die Hotzenwälder Anna“, Verlag Books on demand, ISBN 978-3-7534-6131-1, 87 Seiten, 4,99 Euro
Lesung von Hans Mehlin aus seiner Familiennovelle am 3. Juli um 16 Uhr im Wagenschopf des Klausenhofs in Großherrischwand