Kreis Lörrach Hilfesuchende haben das Nachsehen

Die Oberbadische
Die AGJ Fachstelle Wohnungssicherung warnt vor schwerwiegenden Folgen bei anhaltenden Sparmaßnahmen. Foto: Archiv

Jugendhilfeausschuss: Sparpaket im Sozialbereich bleibt nicht ohne Folgen für Betroffene

Eine reduzierte Erreichbarkeit der Frauenberatungsstelle bei steigendem Bedarf oder ein Schließtag der Tagesstätte Lörrach: Die Kürzungen im Sozialbereich für den Haushalt 2021 hatten konkrete Folgen für die Bürger im Landkreis Lörrach.

Von Michael Werndorff

Kreis Lörrach. Coronabedingt hatte der Landkreis Lörrach für das Haushaltsjahr 2021 ein Sparpaket im Sozialbereich geschnürt, das vergangenes Jahr „mit schwerem Herzen beschlossen wurde“, wie Sozialdezernentin Elke Zimmermann-Fiscella am Mittwoch in der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses des Kreistags erinnerte. Vom knapp eine halbe Million Euro umfassenden Sparpaket waren Zuschüsse, Projekte und Maßnahmen betroffen, zu denen der Landkreis nicht gesetzlich verpflichtet ist.

So umfassten die Vorschläge des Sozialdezernats unterschiedliche Maßnahmen wie die Aussetzung von Dynamisierung (Anpassung der Mittel), prozentuale Kürzungen, die Aussetzung und Streichung von Projekten oder Zuschüssen und auch strukturelle Veränderungen. Die Sparvorschläge seien von der Intention geprägt gewesen, die sozialen Strukturen im Landkreis, welche sehr gut und wichtig seien, nicht zu zerstören, aber gleichzeitig dem Anspruch gerecht zu werden, einen solidarischen Sparbetrag für den Haushalt 2021 zu leisten. Nun hat das Gremium Bilanz gezogen und die Rückmeldungen der Träger sowie die Einschätzung des Sozialdezernats zur Kenntnis genommen.

Bei einer weiteren Sparrunde müsste mit teilweise gravierenden Folgen gerechnet werden, wie aus dem Bericht hervorgeht. Würde die Kürzung beibehalten, müsste die AGJ Fachstelle Wohnungssicherung ihre Sprechzeiten reduzieren müssen. „Im Extremfall hätte sie eine Einstellung des Angebots zur Folge. Damit könnten weniger Wohnungsverluste verhindert werden, was in Zeiten von sehr hohen Preisen auf dem Immobilien- und Wohnungsmarkt zu steigender Obdachlosigkeit führt.“ Finanzielle Kürzungen können laut der AGJ Tagesstätten Weil und Lörrach auch zu einer Teilschließung der Wärmestuben führen. Obdachlose müssten sich vermehrt im öffentlichen Raum aufhalten, geht aus dem Bericht hervor, der zahlreiche Angebote unterschiedlicher Träger umfasst.

Geringere Kapazitäten

Vor Herausforderungen stand zudem der Verein Frauenberatungsstelle Lörrach, wo durch die Mittelkürzung die Dynamisierung ausgesetzt wurde. Dadurch sind weniger Kapazitäten vorhanden, weshalb die Erreichbarkeit reduziert werden musste. „Es bleibt zunehmend dem Zufall überlassen, wer die Beratungsstelle erreicht und wer nicht.“ Und das bei einer besorgniserregenden Steigerung der Beratungsanzahl, wie es weiter heißt. Im ersten Quartal seien bereits 328 Basis-Beratungen durchgeführt worden, davon 132 Beratungen im Bereich Folgen sexualisierter Gewalt. Dieser Zuwachs übersteige die Kapazitäten mehr als deutlich.

Derweil konnte der Arbeitskreis Rauschmittel sein Angebot im vollen Umfang nur dank einer erhöhten Spendenakquise und große Kraftanstrengungen aufrechterhalten. Auch hat die Schulsozialarbeit Nachteile erfahren. CDU-Kreisrat Bernhard Escher betonte, dass seine Fraktion im Sozialbereich keine weiteren Kürzungen mehr wolle, schließlich hätten viele Bereiche eine steigende Nachfrage erfahren. „Die Kürzungen waren unglücklich“, befand Annette Grether (Grüne). Hätte man gewusst, dass der Haushalt 2021 mit einem großen Plus abschließen würde, hätte der Einschnitt vermieden werden können. Dass das Haushaltsergebnis nicht absehbar gewesen sei, erklärte Landrätin Marion Dammann. Dieses Jahr sei man dank der Gelder von Bund und Land mit einem blauen Auge davongekommen.

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