Kreis Lörrach „Jetzt geht es ans Eingemachte“

Michael Werndorff und Denis Bozbag
Für das kommende Jahr müssen Einsparpotenziale im Kreishaushalt ausgelotet werden. Foto: Die Oberbadische

Finanzen: Kreishaushalt 2020/21 gerät coronabedingt in Schieflage / Einsparpotenzial ist begrenzt

Kreis Lörrach - Die Corona-Pandemie hat große wirtschaftliche und fiskalische Folgen für die Haushalte von Kreisen, Städten und Gemeinden. Mit sechs Enthaltungen hat der Verwaltungsausschuss dem nächsten Mittwoch tagenden Kreistag empfohlen, Einsparpotenzial für den Haushaltsentwurf 2021 auszuloten und im Hinblick auf den Haushaltsvollzug 2020 Investitionsmaßnahmen auf Eis zu legen. Diese sollen noch diskutiert werden.

„Die Situation ist ernst und wird durch die Pandemie sogar noch verschärft“, brachte es Ulrich May (FW) auf den Punkt. Wie Finanzdezernent Alexander Willi berichtete, geht die Kreisverwaltung im Haushaltsvollzug 2020 von einem Minus in Höhe von zehn Millionen Euro aus – davon coronabedingt sieben Millionen. Im April drohte noch eine Abweichung von 13 Millionen Euro.

Weil der Bund aber bei den Sozialausgaben seinen Anteil bei den Kosten der Unterkunft von bisher 50 auf 75 Prozent dauerhaft erhöhen wird, rechnet die Kreisverwaltung mit einer jährlichen strukturellen Entlastung von drei Millionen. Noch ist aber nicht klar, wann die Regelung greifen wird, wie aus der Sitzungsvorlage hervorgeht.

Und sofern die Transferleistungen im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes tatsächlich auf der Basis der Herbststeuerschätzung 2019 erfolgen sollten, würde sich die Abweichung auf rund 5,5 Millionen Euro verbessern, berichtete der Finanzdezernent. Im Falle weiterer Hilfe würde sich das prognostizierte Ergebnis noch verbessern. „In jedem Fall wird es jedoch deutlich negativ bleiben.“

Landkreis hat keine Planungsreserven

Die Haushaltsplanung im Landkreis Lörrach war in den vergangenen Jahren zur Schonung der Gemeinden bei der Berechnung der Kreisumlage maximal optimistisch und hat Risiken eingeplant, weshalb es keine Planungsreserven gibt. Und: Der Kreis ist doppelt betroffen.

Neben sinkenden Schlüsselzuweisungen und Steuereinnahmen schlagen erhöhte Sozialkosten zu Buche. Dabei summieren sich zum Beispiel corona-unabhängige Steigerungen wie bei der Eingliederungshilfe oder Hilfe zur Pflege mit einem zu erwartenden Anstieg der Bedarfsgemeinschaften. Die Verwaltung hat in den vergangenen Wochen Gegenmaßnahmen erörtert. So wurden einige Projekte ermittelt, die auf Eis gelegt werden können, um damit Einsparungen in Höhe von 1,97 Millionen Euro im Finanzhaushalt zu erzielen. Hier hat der Kreistag eine Entscheidung zu treffen.

Handlungsspielraum und Sparpakete

Bekanntermaßen hat der Landkreis aufgrund hoher Mieten, niedriger Rentenhöhe und eher städtischer Struktur höheren Nettoressourcenbedarf für Soziales, der durch die Kreisumlage nicht komplett abgedeckt wird. Gerade im Sozialbereich steigen die Kosten, und bei den Pflichtaufgaben gibt es kein Einsparpotenzial.

Für 2021 sah die mittelfristige Finanzplanung zur Deckung der steigenden Sozialkosten eine Erhöhung der Kreisumlage in Höhe von 8,6 Millionen Euro vor, die ohne Pandemie zu einem Teil durch eine positive Entwicklung der Steuererträge hätte erwirtschaftet werden sollen.

Indes stagniert die Steuerkraftsumme. Fest steht, dass der Landkreis mit Blick auf den Haushaltsentwurf 2021 den Gürtel deutlich enger schnallen muss. „Wir müssen uns alle Bereiche anschauen“, machte Willi deutlich. Nun gehe es ans Eingemachte.

Für den Haushaltsentwurf 2021 soll, sofern der Kreistag grünes Licht gibt, im Stellenplan eine Nettonull eingeführt werden. Neue Personalstellen müssen komplett gegenfinanziert sein. Bei den Sachkosten hat die Verwaltung ein Einsparpaket geschnürt beziehungsweise eine Vorschlagsliste in Höhe von vier Millionen Euro aufgestellt, die noch diskutiert werden sollen. Weiter stehen die Transferleistungen im Bereich Jugend & Soziales auf dem Prüfstand. Wie Willi berichtete, soll jede Hilfeart auf Steuerungsmöglichkeiten hin analysiert werden und in der AG Finanzen eine Analyse der für die nächsten fünf Jahre anstehenden Investitionen erfolgen. Fest steht, dass die Rücklagen des Landkreises Ende nächsten Jahres aufgebraucht sein werden und künftige Investitionen wohl über Kredite finanziert werden müssen.

Kommentare der Kreisräte

Paul Renz (CDU) sagte, dass er aufgrund der Steuerschätzungen sorgenvoll aufs nächste Jahr blicke und es nun wichtig sei, sich mit strukturellen Fragen zu befassen. Ulrich May (FW) gab zu bedenken, dass man sich angesichts der zahlreichen geplanten Investitionen auf Kreisebene nun genau ansehen müsse, welche davon möglicherweise verschoben werden müssten. Wolfgang Fuhl (AfD) warnte allerdings davor, bei den Investitionen zu sehr auf die Bremse zu treten und deren Nutzen für die kommenden Generationen aus Angst vor den Corona-Folgen aus dem Blick zu verlieren.

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