Kreis Lörrach Kein Geld für ein Eis

Die Oberbadische

Armut: Kinder aus der Region erzählen aus ihrem Leben

Zum Abschluss der Aktion „Leser helfen Not leidenden Menschen“ unserer Zeitung soll es um das gehen, wofür in diesem Jahr gesammelt wurde: Kinderarmut. Auch in der Region leben viele Kinder in Armut. Manche haben nicht einmal Geld für ein Eis oder eine warme Jacke. Vier Mädchen und ein Junge erzählen von ihrem Schicksal.

Von Susann Jekle

Kreis Lörrach. „Die Arbeit von meinem Papa ist weit weg, deshalb brauchen wir ein Auto“, erzählt die neunjährige Nicole, die im kleinen Wiesental lebt. „Unser Auto ist ziemlich alt und oft kaputt. Mami sagt, eigentlich darf man mit dem gar nicht mehr fahren. Aber sie hat kein Geld für ein neues.“ Nicole hat zwei Geschwister, ihr Vater arbeitet Schicht. Wenn er tagsüber schläft und die Kinder zu laut sind, gibt es Ärger. „Manchmal ist es blöd, wenn man nicht so viel Geld hat. Vorhin, da wollte ich ein Eis, aber Mami hat gesagt, dass wir nicht genug haben und sie Omi fragt, ob sie uns Geld leiht“, sagt Nicole. „Vielleicht bekomme ich von Omi ein Eis.“ Wenn sie irgendwann richtig Geld haben, wünscht das Mädchen sich, mit ihrer Familie in den Urlaub zu fahren.

Auch die Familie der sechsjährigen Ranja hat wenig Geld. So wenig, dass sie nicht einmal eine Winterjacke hat. „Ich bin in Aleppo geboren“, erzählt sie. Ranja ist mit ihren Eltern und ihren beiden Geschwistern von Aleppo in die Türkei geflüchtet. Ihr Vater ging dann nach Deutschland. Fast ein Jahr lang war die Mutter alleine mit den drei Kindern in der Türkei. Schließlich kam die Familie bei einer Tante in Deutschland unter. „Es ist sehr eng und wenig Platz, aber wir sind wieder alle zusammen!“, erklärt das Mädchen. Ranja geht nun in den Bärenfels-Kindergarten in Weil-Friedlingen: „Ich kann spielen und malen und basteln und rennen wie ich will.“ Die Kinder unternehmen viele Ausflüge mit den Erzieherinnen. Die meisten der Kinder in dem Kindergarten stammen ebenso wie Ranja aus Familien mit Migrationshintergrund und einer schwierigen finanziellen Situation.

Die Eltern der elfjährigen Anita stammen aus dem Kosovo und sind in den 1990er-Jahren vor dem Krieg geflohen. Sie hat drei ältere Brüder. An ihrer alten Schule mussten sie und ihr Bruder erfahren, wie es sich anfühlt, anders behandelt zu werden als die anderen Kinder. Sie bekamen nur die Reste und abgelaufenes Essen serviert, Anitas Bruder wurde sogar krank. Ihre Familie wohnt in der Zwischenzeit in Tumringen, wo sich Anita an ihrer neuen Schule sehr wohl fühlt. „Ich wurde von allen aufgenommen und habe jetzt viele Freunde“, freut sie sich. Ihr Bruder Leonard erzählt: „Deutschland ist sehr schön, weil ich hier geboren bin. Trotzdem fühle ich mich wie ein deutscher Ausländer.“ Gerne würden die Kinder einmal ihre Tante im Kosovo besuchen.

Das Projekt KiSEL von der Lörracher Drogen- und Jugendberatungsstelle kümmert sich um Kinder suchtkranker Eltern. Die zwölfjährige Jessica ist eines der Kinder, die von Anfang an dabei sind. Ihre Mutter ist alkoholkrank und depressiv. Ihren Vater kennt Jessica gar nicht. Ihre Mutter trinkt schon eine Weile keinen Alkohol mehr, aber sie liegt trotzdem immer wieder traurig auf dem Sofa. Seit sie in der KiSEL-Gruppe ist, hat Jessica gelernt, dass die Krankheit ihrer Mutter nicht ihre Schuld ist. Auch ihren Geburtstag feiert das Mädchen jetzt mit den Freundinnen aus der Gruppe: Dann gibt es einen Kuchen, Luftballons und sogar ein kleines Geschenk. Alkohol trinken will Jessica nie – und wenn, dann nur ein kleines bisschen, zu Silvester oder so.

Umfrage

Bettina Stark-Watzinger

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat sich für Zivilschutzübungen an Schulen ausgesprochen. Damit sollen Schüler besser auf den Kriegsfall, Pandemien und Naturkatastrophen vorbereitet werden. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading