Das Abtauchen in andere Welten im Theater sei nicht ersetzbar, auch nicht digital. „Da fehlt Elementares.“
Helmut Förnbacher
Fünf Monate lang musste Helmut Förnbacher sein Theater am Badischen Bahnhof coronabedingt schließen. „Wir sind in einer überspitzen, extremen Situation“, bilanziert er. „Wahnsinn, was das Virus mit uns treibt und macht.“ Am schlimmsten findet er das Hingehaltenwerden, das Fehlen an klaren Perspektiven. Immerhin: An seinem Haus darf wieder gespielt werden.
Er findet die Aktion der deutschen Schauspieler gut und richtig. Sie rege zum Diskutieren an, rücke das Thema Kultur in den Fokus.
Man müsse nun allerdings versuchen, die Diskussion auf einen fairen Nenner zu bringen. „Kunst darf, ja, sie muss sogar provozieren. Deswegen muss sie ja nicht Recht haben.“
Er wolle nicht die Entscheidungen der Politiker treffen müssen. Allerdings stört ihn, wie die Politik über Kultur redet. Letztere werde meist als „nice to have“ angesehen. „Kultur ist aber systemrelevant. Sie ist lebenswichtig“, sagt der Schauspieler, Regisseur und Theatermann Förnbacher und fürchtet um die Existenz vieler Häuser sowie die Karrieren vieler, gerader junger Schauspielkollegen.
Birgit Degenhardt
Die Leiterin des Werkraum Schöpflin Birgit Degenhardt verurteilt die Video-Aktion als „unsäglich und peinlich für die Zunft der Schauspieler“.
Wenn sich die Aktivisten für Pflegekräfte oder zumindest für Schauspielkollegen eingesetzt hätten, die anders als die beteiligten Prominenten extrem unter der aktuellen Situation leiden, hätte dies eine Berechtigung gehabt. So aber sei die geradezu zynische Aktion daneben gegangen, was einige Beteiligte inzwischen auch gemerkt hätten.
„Kunstfreiheit hat viele Räume, und ich bin eine große Freundin der Satire. Bei dieser Aktion allerdings frage ich mich: Was wollten die damit eigentlich erreichen?“
Marion Schmidt-Kumke
„Das ist gründlich misslungen“, sagt die Regisseurin und Dramaturgin Marion Schmidt-Kumke. Es sei keine gute Idee gewesen, solche Videos ohne Kontext ins Netz zu stellen. „Ich habe mir einige angeschaut und fand sie zudem wenig gelungen. Zynismus bringt uns in diesen Zeiten nicht weiter.“
Achtung habe sie vor den Schauspielern, die ihre Videos zurückgezogen haben, wie beispielsweise Meret Becker oder Ulrike Folkerts, und sich entschuldigt haben. „Diese Promi-Schauspieler kapieren gar nicht, wem sie mit ihren Äußerungen eine Steilvorlage bieten. Wie kann man ungefiltert solche Statements ins Mikro sprechen. Ich bin enttäuscht und wütend.“
Damit hätten die Initiatoren der Masse der Schauspieler keinen Dienst erwiesen. Denn es sei die Mittelschicht, die ganz normalen Schauspieler, die unter der Krise enorm litten – nicht die TV-Stars. Schmidt-Kumke befürchtet hier das Schlimmste: „Es herrscht große Depression und Hilflosigkeit. Und ich befürchte, dass viele Theater – auch städtische – diese Krise nicht überleben werden.“
Ihr Rat an die Promis: Sie sollten eine Korrektur ins Netz stellen – oder in einem Krankenhaus helfen.