Kreis Lörrach Klagewelle trifft auch Kreiskliniken

Michael Werndorff
Finanzielle Rückforderungen der Krankenkassen sorgen bei Kreiskliniken für Unverständnis und scharfe Kritik. Foto: Michael Werndorff

Verwaltungsausschuss: Krankenkassen nutzen geänderte Rechtssprechung, um Gelder zurückzuverlangen.

Kreis Lörrach - Derzeit rollt eine Klagewelle der Krankenkassen durch die Bundesrepublik, mit dem Ziel, bereits geleistete Zahlungen zurückzufordern. Die Kliniken des Landkreises bleiben hierbei nicht verschont, wie Geschäftsführer Armin Müller am Mittwoch im Verwaltungsausschuss berichtete. Es steht ein Millionenbetrag im Raum.

Schwierige Rahmenbedingungen

Einen zufriedenstellenden Wirtschaftsplan für das Haushaltsjahr 2019 präsentierte der Klinikengeschäftsführer. Allein für die Kreiskliniken rechnen die Verantwortlichen bei schwierigen Rahmenbedingungen mit einem Gewinn von rund 300 000 Euro. Gleichzeitig befinde man sich in einem großen Umstrukturierungsprozess mit der Übernahme des St. Elisabethenkrankenhauses, was zu vielen Veränderungen innerhalb der kreiseigenen Betriebe führe. Einstimmig empfahl der Verwaltungsausschuss dem Kreistag den präsentierten Wirtschaftsplan.

Allen Fraktionen gemeinsam war die Entrüstung aufgrund des Vorgehens der Krankenkassen: Diese nahmen eine Grundsatzentscheidung zum Anlass, gegen Kliniken zu klagen, um vermeintlich zuviel gezahlte Leistungen zurückzufordern. Schuld, laut Kassen, sei Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der die Verjährungsfrist für die Forderungen von Krankenkassen gegen Krankenhäuser rückwirkend bis 2017 von vier auf zwei Jahre halbierte.

Müller berichtete von bisherr 53 Klagen (Stand 15. November) gegen die Kreiskliniken. AOK und IKK classic hätten indes eine andere Methode gewählt. Sie behielten bereits einen Betrag von 600 000 Euro ein, bezogen auf 500 Fälle in den Jahren 2014 bis 2016, der dem Klinikenergebnis nun fehle.

Insgesamt belaufe sich die Risikosumme auf knapp vier Millionen Euro, mit der die Kreiskliniken rechnen.

Als Betrüger abgestempelt

Müller sagte im Gespräch mit unserer Zeitung, dass man nach und nach von den Klagen erfahre. Stichtag sei der 9. November gewesen. Bis dahin hätten die Kassen an den Sozialgerichten Klage erheben müssen. Für finanziell weniger stark aufgestellte Krankenhäuser sei das Vorgehen der Kassen sogar existenzgefährdend.

Müller betonte, dass es sich keineswegs um Falschabrechnungen handele, wie die Kassen argumentierten. „Wir werden indes als Betrüger abgestempelt“, fand er klare Worte. Schließlich seien die Abrechnungen im Vorfeld als korrekt betitel worden. Und weiter: „Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang“, verwies er auf geprüfte und für korrekt befundene Abrechnungen, gegen welche die Kassen nun vorgehen würden. Die Versicherungsunternehmen würden die Gelegenheit nutzen, ihre eigenen Bilanzen zu verbessern und den Gewinn wie Investmentbanken zu maximieren. „Das ist traurig und bitter“, kommentierte der Klinikenchef die Haltung der Kassen. „Das ist eine Aufkündigung der Sozialpartnerschaft.“ Nun müssten die Kreiskliniken Ressourcen investieren, um juristisch gegen die Kassen vorzugehen, denen laut Müller die Rechtsgrundlage für ihr Handeln fehle. Ohne die vom Kreistag bereits zur Verfügung gestellten Finanzmittel für das geplante Zentralklinikum hätten die Klinik Schwierigkeiten, ihren Mitarbeitern das Weihnachtsgeld auszuzahlen, wie weiter zu erfahren war.

Die im Gremium vorgebrachten Kommentare fielen nicht weniger deutlich aus: Wolfgang Roth-Greiner sprach von einer Enteignung, welche die Kassen betreiben. Dass ein Gesundheitswesen auf diese Weise nicht funktionieren könne, war von Landrätin Marion Dammann zu hören. Und Alexander Braun (CDU) wollte wissen, ob man nicht in Form einer einstweiligen Verfügung bei den Rückforderungen Einhalt gebieten könne.

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