Kreis Lörrach „Klimaneutralität ist möglich“

Michael Werndorff
Im Landkreis Lörrach sind 45 Prozent der Heizanlagen älter als 20 Jahre. Foto: Michael Werndorff

Umweltausschuss: Interkommunale Wärmeplanung für den Landkreis Lörrach zeigt Potenziale auf

Das Ziel ist klar definiert: Die Kreispolitik will den CO2-Ausstoß des Landkreises bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 1990 um 65 Prozent reduzieren. Außerdem soll der Landkreis bis 2040 zur klimaneutralen Region gemacht werden. Die aufgegleiste Wärmeplanung zeigt, dass Klimaneutralität möglich ist, wie dieser Tage im Umweltausschuss deutlich wurde.

Von Michael Werndorff

Kreis Lörrach. „Klimaneutralität ist möglich“, kommentierte Inga Nietz vom Fachbereich Umwelt im Landratsamt, am Mittwoch im Kreis-Umweltausschuss den Zwischenbericht zur Unternehmensunabhängigen Interkommunalen Wärmeplanung für den Landkreis Lörrach. Mit der vom Land finanziell geförderten kommunalen Wärmeplanung soll eine Grundlage für einen mit ambitionierten Klimaschutzzielen kompatiblen Umbau der Wärmeversorgung geschaffen werden.

Unabhängig vom Pilotvorhaben des Landkreises mit den Kommunen sind es vor allem die großen Kreisstädte, die bereits mit einer individuellen Wärmeplanung begonnen haben und teilweise schon ein gutes Stück vorangeschritten sind, wie es bei der Auftaktveranstaltung Anfang vergangenen Jahres hieß.

Im Bereich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen wurden laut Landratsamt bereits erhebliche Fortschritte erreicht, unter anderem durch Wasser- und Windkraftanlagen, Erdwärme- und die inzwischen große Zahl an Photovoltaik-Anlagen. Die Wärmeversorgung basiert indes nach wie vor zu großen Teilen auf der Verbrennung fossiler Energieträger, wie Heizöl, Kohle und Erdgas. Während der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch im Jahr 2019 bereits bei 42 Prozent lag und weiter steigt, stagniert er im Wärmemarkt seit einigen Jahren bei 13 bis 15 Prozent. Fossile Energieträger trügen damit immer noch maßgeblich zum CO-Ausstoß und damit zur weiteren Klimaerwärmung bei, erklärte die Verwaltung vergangenes Jahr. Insofern sei es zwingend erforderlich, neben weiterer energetischer Sanierungen des Gebäudebestands die Wärmeversorgung klimaneutral umzustellen.

47 Prozent des Energieverbrauchs fallen auf den Wohnsektor

Am Mittwoch stellte Nietz den Zwischenbericht zur Wärmeplanung vor: Während eine Bestands- und Potenzialanalyse von erneuerbaren Energien und Abwärme abgeschlossen seien, stehe man nun vor dem herausfordernden Teil, das Zielszenario 2040 und die Entwicklung einer Wärmewendestrategie zu realisieren. Letztere enthalte den Umsetzungsplan, erklärte Nietz.

Was die Bestandsanalyse zeigt: Auf die Industrie entfällt fast die Hälfte des Energieverbrauchs im Landkreis Lörrach. Auf den Wohnsektor kommen 47 Prozent der insgesamt 4,3 Terawattstunden. Derweil hat das Gewerbe nur einen Anteil von sieben Prozent.

Beim Blick auf die Energieträger fällt auf, dass Gas drei Viertel ausmacht, gefolgt von Öl (18 Prozent), Holz (sieben) und Sonstige mit geringen zwei Prozent.

Zur Bestandsanalyse gehört zudem die Erfassung von Heizanlagen. Laut Nietz sind 45 Prozent der erfassten Systeme älter als 20 Jahre, Öl wird oft durch Gas ersetzt, wobei eine zunehmende Holzfeuerung – oft zusätzlich – festgestellt wurde. Und: Im ländlichen Raum seien mehr sehr alte Heizungen im Einsatz.

Was die Potenzialanalyse zeigt: Betrachtet wurden die Bereiche Wind, Photovoltaik-Freiflächen und Dächer sowie Solarthermie, Geothermie samt Kollektoren, Abwärme aus Flüssen und Seen sowie Abwärme aus Abwasser und Industrie wie auch Biomasse. Ebenso wurden Strompotenziale betrachtet, um Aussagen zur Sektorenkopplung machen zu können, erläuterte Nietz. Sie hielt fest, dass die Potenziale aller erneuerbaren Energien und Effizienzpotenziale genutzt werden müssten. Großes Abwärmepotenzial biete die Industrie.

Dem Wärmeverbrauch von rund vier Terawattstunden steht laut Auswertungsentwurf allein bei der Solarthermie-Freifläche ein Potenzial von über fünf Terawattstunden gegenüber. Die Solarthermie Dach kommt auf 2,2 Terawattstunden, Geothermie Flach (2,5), Abwärme (1). Photovoltaik-Freiflächen werden drei Terawattstunden zugeordnet. Weniger ergiebig sind Photovoltaik-Dach (1) sowie die Tiefen-Geothermie (0,5), Abwärme (1), Wind (0,5) und als Schlusslicht die Biomasse.

Was noch ausstehe, sei eine Unterscheidung und Schärfung in technisch mögliche und wirtschaftlich sinnvolle Potenziale, betonte Nietz. Die nächsten Schritte sind laut Nietz unter anderem das Erstellen des Zielszenarios 2030 und 2040 sowie die Entwicklung eines Transformationspfads, zum Beispiel mit Blick auf Sanierungsgebiete, zentrale und dezentrale Wärmeversorgung, Gasnetze und Speicher.

Meinungen der Fraktionen: Dass beim Umbau der Wärmeversorgung nicht nur viele strategische Fragen zu beantworten seien, hob Klaus Eberhardt (SPD) hervor. Es gehe angesichts der Mammutaufgabe auch darum, Prioritäten zu setzen, verwies er auf die unterschiedlichen Gegebenheiten im ländlichen und urbanen Raum. „Wir müssen uns darauf konzentrieren, was wir beeinflussen können.“

Dass es die Priorisierung brauche, um zu schnellen Erfolgen zu kommen, ergänzte Ulrich May (FW). „Die Wärmeplanung wird der entscheidende Hebel sein“, befand Kevin Brändlin für die FDP. Allerdings fehle noch der Brückenschlag in die Praxis. Dass sich vor allem die Photovoltaik-Technik und Geothermie bis 100 Meter für den ländlichen Raum eigne, hob Eduard Behringer (FW) hervor.

Landrätin Marion Dammann befand: „Letztlich machen wir das, was wir auch steuern und lenken können.“

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