Kreis Lörrach Klimaschutz und Digitales bewegt die Bürger

Maja Tolsdorf
Dass für Digitalisierung und Klimaschutz gearbeitet wird, ist an verschiedenen Stellen im Landkreis erkennbar. Foto: Maja Tolsdorf

Digitalisierung und Klimaschutz werden von den Bewohnern durchschnittlich bewertet. Doch je nach Wohnort im Landkreis Lörrach zeigen sie sich laut ihren Kommentaren beim Orts-Check enttäuscht bis verärgert oder drängen zur Eile.

Ob Klimaschutz und Digitalisierung Hand in Hand gehen oder sich diametral gegenüberstehen, darüber gibt es geteilte Meinungen. Eine Studie der Bitkom-Akademie geht sogar davon aus, dass digitale Technologien bei den Klimaschutzbemühungen in der deutschen Wirtschaft bereits eine große Rolle spielen. Mehr als drei Viertel der Unternehmen (77 Prozent) geben laut der Studie an, bei ihnen sei der CO2-Ausstoß durch den Einsatz digitaler Technologien und Anwendungen gesunken.

Digitalisierung und Klima im Mittelfeld

Auch beim Orts-Check im Landkreis Lörrach sind die beiden Punkte in der Kategorie „Digitalisierung und Klima“ zusammengefasst. Befragt wurden die Bürger im Rahmen der nicht repräsentativen Umfrage, wie sie das Engagement ihrer Stadt oder Gemeinde in Sachen Klimaschutz sowie die Netzabdeckungen für Breitband, Internet und Mobilfunk in ihrem Wohnort bewerten. Die Kategorie hat es mit 6,59 Punkten im Ranking der insgesamt 14 Kategorien auf den sechsten Platz geschafft. Die am höchsten bewertete Kategorie im Landkreis Lörrach ist mit 7,92 Punkten die Sauberkeit, Schlusslicht ist mit 4,7 Punkten die Gesundheitsversorgung.

Breitband und Nahwärme gehen in Steinen und Höllstein Hand in Hand. Foto: Maja Tolsdorf

Bauprojekt in Steinen und Höllstein

Am höchsten bewertet wird „Digitalisierung & Klima“ in Schönenberg, die Gemeinde führt das Ranking mit 8,78 Punkten an. Utzenfeld (8,3) und Böllen (8) folgen auf den Plätzen zwei und drei. Wieden (7,94) und Schallbach (7,80) belegen den vierten und fünften Platz. Unterdurchschnittlich in dieser Kategorie punkten Lörrach (6,43/Platz 19), Schopfheim (6,20/24), Rheinfelden (5,81/31) und Weil am Rhein (5,77/32). Schlusslichter sind Wittlingen (4,96/34) und Schwörstadt (4,78/35).

Doch nicht nur im Orts-Check wird die Digitalisierung mit dem Klimaschutz verbunden. Vielmehr gibt es in Steinen und Höllstein das Bauprojekt „Gemeinsam für Klimaschutz und Digitalisierung“, in dem Leitungen für Nahwärme- und Breitbandnetz sowie Strom in einem verlegt werden. Die EWS Schönau, ED Netze sowie der Zweckverband Breitbandversorgung im Landkreis arbeiten dafür zusammen und bieten den Verbrauchern im Wiesental alles aus einer Hand.

Breitbandausbau schreitet voran

Der Breitbandausbau schreitet so seinem Ziel entgegen, um bis etwa 2032 allen Nutzungseinheiten schnelles Internet zu ermöglichen. Eigentlich wurde zur Gründung 2015 das Ziel 2030 festgelegt worden, allerdings unter anderen Voraussetzungen, wie Paul Kempf, Geschäftsführer des Zweckverbands Breitbandversorgung, im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt. Denn ursprünglich sollte der Zweckverband nur in jenen Gebieten das Glasfasernetz ausbauen, in die ein privater Anbieter nicht investiert. „Zum Baustart 2017 hat uns keiner zugetraut, dass wir 300 Kilometer Netz ausbauen und etwa 3000 Gebäude pro Jahr anschließen können“, sagt Kempf. Inzwischen übernimmt der Zweckverband 95 Prozent des Netzausbaus und schließt damit rund 58 000 Gebäude und etwa 110 000 Nutzungseinheiten im Landkreis ans Glasfasernetz an.

Etwa 30 Baustellen unterhält der Zweckverband Breitbandversorgung im Landkreis parallel. Foto: Maja Tolsdorf

Glasfasernetz beschäftigt auch die Bürger

Dass der Ausbau der Breitbandversorgung auch die Bürger im Landkreis beschäftigt, zeigt sich in den Kommentaren des Orts-Checks: „Ausbau mit Glasfaser ist dringend erforderlich“. Und weil der Landkreis dies schon vor vielen Jahren erkannt hat, arbeitet der Zweckverband Breitbandversorgung (ZVB) seit seiner Gründung im Jahr 2015 stetig daran, das Glasfasernetz auszubauen. Immer mit dem Ziel, schnelles Internet für alle bieten zu können. Im laufenden Jahr kommt der ZVB im üblichen Tempo voran: Der Zuwachs liege bei rund 6500 angeschlossenen Haushalten. Bis Ende des Jahres wird der ZVB kreisweit rund 47 000 Haushalte passiert und 34 000 davon fertig angeschlossen haben.

Die Versorgung für 20 000 weitere Haushalte, von denen mindestens 14 000 unter Vertrag sind, ist im Bau. Ende 2025 werde die Marke von 40 000 versorgten Haushalten erreicht, sagt Kempf. 58 000 Wohneinheiten, also etwa die Hälfte der insgesamt 110 000, werden dann passiert sein.

Größere Projekte stehen teils noch an

„Wir leben in Wittlingen im Zeitalter ohne Glasfaser Internet“, schreibt ein anderer Bürger in den Orts-Check-Kommentaren. Dass der Ausbau nicht nur Fortschritt sondern auch Verzögerungen erlebt, liege daran, dass die Fördermittel des Bundes zuletzt nicht zuverlässig geflossen sind. Diese seien für Ausbaugebiete im ländlichen Raum aber dringend nötig, wie Kempf im Gespräch mit unserer Zeitung sagt. So könne es sein, dass viele im ländlichen Raum noch auf den Baustart warten müssten.

Anfang Oktober hatte Thomas Strobl, als baden-württembergischer Innenminister auch für die Digitalisierung zuständig, eine Landesförderung von 21 Millionen Euro für den ZVB zugesagt, für den Glasfaserausbau in 17 Kommunen. Das Geld ist zwar noch nicht geflossen, Kempf geht aber davon aus, dass es kommt. In sechs Gemeinden, darunter Böllen, der kleinsten Gemeinde des Landes, geht es nur noch um wenige Hausanschlüsse. In elf weiteren stehen größere Projekte an, darunter auch in Wittlingen. Die weiteren Kommunen sind Schliengen, Bad Bellingen, Efringen-Kirchen, Zell, Schönau, Todtnau, Kleines Wiesental, Inzlingen, Schallbach, Wittlingen und Schwörstadt.

Aktive Nutzung vorantreiben

Nach Abschluss dieses Paketes ist der Glasfaserausbau in 23 von 35 Kommunen im Landkreis fertig gebaut. Übrig bleiben 12 Kommunen im eher städtischen Raum: Lörrach, Steinen, Maulburg, Schopfheim, Hausen, Kandern, Weil am Rhein, Binzen, Eimeldingen, Rümmingen, Rheinfelden und Grenzach-Wyhlen. In diesen baut der ZVB ohne Förderung eigenwirtschaftlich aus.

Gelingt es, im derzeitigen Tempo weiter auszubauen, dürfte das Ziel bis zirka 2032 erreicht sein. Parallel dazu heißt es nun, die Innenhausverkabelung und die aktive Nutzung des Glasfasernetzes voranzutreiben. Kempf rechnet bis zum Jahresende mit 5 000 abgeschlossenen Verträgen für 51 000 Wohneinheiten.

Aber auch andere Themen rund um Klimaschutz und -anpassung haben die Bürger im Landkreis im Rahmen des Orts-Checks beschäftigt, wie den Kommentaren zu entnehmen ist. So geht es auch um den Erhalt beziehungsweise die Entsiegelung von Flächen.

Grünflächen erhalten

Denn trotz des hohen Wohnraumbedarfs im Landkreis ist es für die Klimaanpassung unabdingbar freie Flächen zu erhalten. Zum einen für das Mikroklima in Städten und Gemeinden, zum anderen als Sickerflächen. Denn versiegelte Bereichen können bei sommerlichen Temperaturen zu Hitze-Hotspots werden. Zudem kann das Wasser in asphaltierten Gebieten nicht versickern. Bei Starkregen wird es dann auch von der Kanalisation nicht vollständig aufgenommen, weshalb es zu Überschwemmungen kommt.

Auf das Problem mit der zunehmenden Flächenversiegelung macht ein Bürger in den Kommentaren deutlich, der sich auf das Gebiet Kapellenbach-Ost bezieht: „Nach der Fertigstellung des Neubaugebiets in Wyhlen sollte der weitere Flächenverbrauch gestoppt und Grünflächen erhalten werden.“

Bürger kritisieren die Windkraftplanung

In einigen Gemeinden des Landkreises wie in Schopfheim-Gersbach, Zell im Wiesental, Kandern, Efringen-Kirchen und Malsburg-Marzell ist aber vor allem die Windkraft ein Dauerthema, das die Bürger bewegt. „Das Landratsamt sollte dringend die Bürger und die Natur vor der aktuell absolut übertriebenen Windkraftplanung schützen“, ist in den Orts-Check-Kommentaren zu lesen.

Ein anderer meint: „Die Vielzahl der geplanten Windkraftanlagen belastet die Natur und die Bevölkerung sehr. Die Rolle des Landratsamtes Lörrach ist dabei sehr zweifelhaft.“

Ein weiterer Kreisbewohner weiß, dass momentan sehr viele Anfragen im Südwesten zur Genehmigung von Windkraftanlagen laufen. Er findet, es könne nicht sein, dass das Landschaftsbild so sehr verunstaltet wird, wo so wenig Wind herrscht. „Es ist außerordentlich ärgerlich, wenn man sieht, dass selbst in der Höhe des Schwarzwaldes viele Windräder ständig still stehen. Ich sehe diese ganze Aktion nur als Geldmacherei.“

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