Kreis Lörrach Kliniken drohen Strafzahlungen

Michael Werndorff

Gesundheitsversorgung: MDK-Reformgesetz stellt Krankenhäuser vor Herausforderungen

Kreis Lörrach - Die Planungen zum Bau des Zentralklinikums im Lörracher Entenbad schreiten voran. Wie Klinikenchef Armin Müller am Mittwoch im Jahrespressegespräch im Landratsamt sagte, sei man im Zeitplan. Im nächsten Jahr soll der Bauantrag gestellt werden. Der Spatenstich ist für Herbst geplant.

Indes sorgt ein Reformgesetz des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung  für erhitzte Gemüter und absehbare finanzielle Belastungen: Die ab nächstem Jahr in Kraft tretende Gesetzesreform werde die Krankenhauslandschaft verändern, sagte Müller.  Das Problem: Patienten, welche die übliche Liegezeit im Krankenhaus überschreiten, können für Kliniken teuer werden.

Klinik zahlt Strafe bei „Falschabrechnung“

Worum geht es? Derzeit liegt die Prüfquote von Leistungsabrechnungen der Kliniken je nach Kasse zwischen 15 und 30 Prozent. Mit dem Gesetz soll eine maximale Prüfquote von 12,5 Prozent je Quartal eingeführt werden. Ab dem Jahr 2021 werden Quote und eingeführte Strafzahlungen der Kliniken an die Versicherer gestaffelt.

Mit Verweis auf Strafzahlungen bei Rechnungskürzungen von zehn Prozent des Differenzbetrags, die mit mindestens 300 Euro zu Buche schlagen sollen, nannte Müller das Gesetz eine Mogelpackung. „Wäre die Reform schon im vergangenen Jahr in Kraft getreten, hätten wir insgesamt rund 400 000 Euro Strafe zahlen müssen.“ Für manche Kliniken könnte die Reform auch das wirtschaftliche Aus bedeuten.

Prüfungen durch die Krankenkassen sind ökonomisch motiviert

Dabei wehrte er sich gegen Begriffe wie "Falschabrechnungen "und "Strafzahlungen". „Dafür, dass wir Patienten versorgen, sollen wir bestraft werden“, sprach er von einem Skandal. Denn: Zu 75 Prozent würde die Frage überprüft, ob der Aufenthalt im Krankenhaus zu lange war oder ob dieser überhaupt notwendig gewesen sei, erklärt der Klinikenchef.

Dabei seien die Prüfungen seitens der Kassen ökonomisch motiviert. „Aber darüber spricht niemand.“ Hier lasse sich am einfachsten Geld zurückholen, das den Versicherten dann aber nicht mehr zugute komme.

Prüfungen, ob die tatsächlich in Rechnung gestellten Leistungen korrekt sind, finden indes nur in 25 Prozent der Fälle statt, wie im Rahmen der Pressekonferenz weiter zu erfahren war. „Hier werden dann lediglich 14 Prozent vom medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) beanstandet.“

Bei diesem verortet Müller das ursächliche Problem, da dieser nicht neutral sei. „Auch nicht nach der Reform.“ So bestehe der neue MDK-Verwaltungsrat zu zwei Dritteln aus Vertretern der Kassen. Die anderen Mitglieder seien entweder nicht stimmberechtigt oder in der Minderheit.

Durch die Strafzahlungen bekommen die Kassen laut Müller einen noch höheren Anreiz, das eigene Instrument namens MDK ausgiebiger zu nutzen als bisher.

Versorgungslücke im Gesundheitssystem

Die längere Verweildauer von Patienten kann verschiedene Gründe haben: Bisweilen gibt es keine Anschlussversorgung, keinen Heim- und Pflegeplatz, oder der Patient hat im häuslichen Umfeld keine Unterstützung, auf die er nach dem Klinikaufenthalt aber angewiesen ist.

Müller konkretisierte das Verhalten des MDK am Beispiel einer 88-jährigen Patientin mit Krebs im Endstadium, die aus Freiburg wohnortnah in die Kreiskliniken verlegt wurde. Ein Hospizplatz konnte aufgrund der geringen Verfügbarkeit in der Region erst nach drei Wochen gefunden werden. Eine häusliche Versorgung sei wegen der Erkrankung seitens der Angehörigen nicht leistbar gewesen.

Der MDK sah dies anders und kürzte den Kreiskliniken die Rechnung um mehr als 50 Prozent ein, berichtete Müller.

Müller zeigt sich über das Vorgehen empört

Dieser zeigt sich empört über das Vorgehen. Würden die Kliniken überlastet, könnten die Lücken zwischen Krankenhausaufenthalt und Nachsorge nicht mehr geschlossen werden.

Es könne nicht sein, dass Kliniken Versorgungslücken mit eigenen Geldern schließen, befand Landrätin Marion Dammann. Die Finanzierung werde weder im Sozialsystem noch in anderen Versicherungssystemen abgedeckt.

Laut Müller will man Patienten und deren Angehörige zukünftig über Rechnungskürzungen informieren und das Thema in die Öffentlichkeit tragen. Denn über das Versorgungsdilemma spreche niemand.

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