Kreis Lörrach Können Unternehmen aufatmen?

Die Oberbadische
Heimische Unternehmen und Handwerksbetriebe können in Sachen Entsendegesetz mit Erleichterungen rechnen. Foto: Archiv Foto: Die Oberbadische

Arbeitsmarkt: Französische Entsenderichtlinie soll entschärft werden / „Regeln fern der Lebensrealität“

Das französische Entsendegesetz sorgt bei Handwerksbetrieben und Unternehmen diesseits der Grenze nicht nur für dicke Luft wegen des bürokratischen Mehraufwands: Seit 2015 hat sich das Frankreich-Geschäft laut einer Umfrage sogar um 30 Prozent verringert, wie Frédéric Carrière, Referent Auslandsmärkte und Zoll der Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein (IHK), im Gespräch mit unserer Zeitung erklärte.

Von Michael Werndorff

Regio. Personenfreizügigkeit und Dienstleistungsfreiheit kennzeichnen die Europäische Union, nichtsdestotrotz müssen heimische Unternehmen oder Handwerker Hürden überwinden, wenn sie im Ausland ihre Waren verkaufen oder Dienstleistungen erbringen wollen. Das französische Entsendegesetz – auch Macron-Gesetz genannt –, das im Juli 2015 verabschiedet wurde mit dem Ziel, französische Arbeitskräfte vor Lohndumping und der Aushöhlung von Arbeiterrechten zu schützen, hat sich hierbei als größte Hürde erwiesen.

Doch es gibt Grund zu Hoffnung, dass es im neuen Jahr zu Erleichterungen kommt. Nicht nur, weil der französische Staat jetzt auf die Einführung der Entsendegebühr je entsendetem ausländischen Mitarbeiter in Höhe von 40 Euro verzichtet, sondern es kann auch mit bilateralen Kooperationsvereinbarungen, mit denen die rechtlichen Regelungen an die Gegebenheiten vor Ort im Grenzgebiet angepasst werden sollen, gerechnet werden, wie Nicole Hoffmeister-Kraut, die baden-württembergische Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, dieser Tage mitteilte.

„Unser Einsatz hat sich gelohnt. Das ist ein echter Erfolg für den europäischen Binnenmarkt und bringt enorme Erleichterungen für die grenznahen baden-württembergischen Betriebe. Ich werte das als starkes Signal für eine noch engere wirtschaftliche Verflechtung mit Frankreich in einem integrierten europäischen Binnenmarkt“, ließ sich die CDU-Politikerin zitieren.

Politik erwartet erste Ergebnisse im März

Der französischen Seite seien praxisnahe Vorschläge unterbreitet worden, und erste Ergebnisse werden bis März erwartet, wie Carrière sagte. Er bewertete das Einlenken Frankreichs als einen großen Wurf, denn wie die IHK-Umfrage vom Juli vergangenen Jahres zeigte, hätte die Einführung der Gebühr weitere Negativfolgen gehabt. „41 Prozent der befragten Unternehmen hätten dann ihr Frankreich-Geschäft reduziert“, sagte der Referent. Die Mehrkosten wären erheblich gewesen: Bei 1600 Entsendungen pro Jahr hätte ein Unternehmen 64 000 Euro zahlen müssen, rechnet Carrière vor.

Zum Hintergrund: Schon seit zwei Jahren müssen deutsche Unternehmen ein elektronisches Anmeldeverfahren durchführen – egal, ob es sich um einen mehrtägigen Aufenthalt oder um ein kurzzeitiger Servicetermin handelt –, einen Vertreter in Frankreich benennen und umfassende Dokumentationspflichten erfüllen. Im März vergangenen Jahres kam dann noch die kostenpflichtige Beantragung der „Carte d’intification professionelle BTP“ hinzu, die bei Kontrollen auf Baustellen vorgelegt werden muss – und zwar bei jedem entsendeten Arbeitnehmer und Auftrag. Laut Carrière sei das aber nicht nur für im Baubereich tätige Unternehmen eine große Belastung. Und: Kurzfristige Terminänderungen seien nicht realisierbar. Außerdem sei der administrative Aufwand sehr hoch. Manche Betriebe gaben an, sogar eigens Sachbearbeiter einstellen zu müssen, sollte sich an der Situation nichts ändern.

Für kleine Betriebe lohnt es sich nicht

„Das ist insbesondere für kleine Betriebe fern der Lebensrealität und widerspricht zudem der Dienstleistungsfreiheit im EU-Binnenmarkt“, kritisierte Brigitte Pertschy von der Freiburger Handwerkskammer bereits im Vorfeld des Einlenkens der französischen Regierung.

Nicht viel besser sieht es in der Schweiz aus, wo deutsche Unternehmen und Handwerksbetriebe neue Regeln beachten müssen: Seit Beginn des Jahres müssen Firmen, die in der Alpenrepublik Dienstleistungen ausführen, ab einem Schwellenwert von 100 000 Franken eine Schweizer Umsatzsteuernummer beantragen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich besagter Betrag auf alle Umsätze bezieht, also auch auf jene, die eine Firma außerhalb der Schweiz macht.

Nicht betroffen von der Regel sind reine Warenlieferungen. Sobald aber zum Beispiel eine gelieferte Küche montiert wird, handele es sich um eine Dienstleistung, was das Führen einer Schweizer Umsatzsteuernummer bedingt, erklärte Uwe Böhm, Geschäftsführer International der IHK Hochrhein-Bodensee im Gespräch mit unserer Zeitung. Zudem müssten Firmen einen Schweizer Fiskalvertreter in Anspruch nehmen, was laut Böhm ein weiterer Kostenfaktor sei – „für kleine Betriebe eigentlich ein Ausschlusskriterium“. Des Weiteren müssen deutsche Firmen zur Absicherung der Mehrwertsteuereinnahmen eine Bareinlage tätigen oder die Bürgschaft einer Schweizer Bank vorweisen.

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