Kreis Lörrach Kreativ durch die Krise kommen

Denis Bozbag und Ralph Lacher
Susanne Denzer vom Weingartenhof Fischingen konnte für die Spargelsaison auch zwei hiesige Quereinsteiger, (von rechts) den Koch Lukas Ambros und den Klettertrainer Jan Meyer gewinnen. Foto: Ralph Lacher

Landwirtschaft: Betriebe haben mehr Aufwand / Bedingungen der Erntehelfer werden nicht beanstandet

Kreis Lörrach - Eine turbulente Zeit haben die Landwirtschaftsbetriebe  im Dreiländereck erlebt – dies vor allem wegen der coronabedingten  Ausfälle bei den Erntehelfern aus Rumänien und Polen. Heinz Kaufmann, Landwirt vom Seebodenhof in Efringen-Kirchen und Kreisvorsitzender im „Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband“ (BLHV) berichtet, dass seine Kollegen  vorausschauend und teilweise  kreativ auf die Einschränkungen reagiert haben.  

Schätzungen des BLHV zufolge sind rund ein Drittel der Saisonkräfte  in den vergangenen vier Monaten weggeblieben. „Es gab einen erheblichen finanziellen Mehraufwand, weil  Erntehelfer ab Mitte März eingeflogen werden mussten, da sie wegen der Grenzschließungen nicht wie sonst mit dem Auto oder in Bussen anreisen konnten“, erklärte der BLHV-Chef. Viele Arbeiter seien erst gar nicht losgefahren.
In dieser Situation sei es den Landwirten aber gelungen, deutsche Kurzarbeiter zur Arbeit auf den Spargel- und Erdbeerfeldern zu gewinnen.   Die Auflagen für Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen seien  umsetzbar gewesen.  Die hiesigen Landwirte mit  Saisonarbeitern verfügten  über großzügige Hofanlagen mit entsprechenden Wohnräumen.

Dies habe auch der Zoll nach einer  kürzlich durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle bestätigt. Dabei seien zudem die Dokumentationspflicht, die Einhaltung des Mindestlohns und die Unterbringung geprüft worden, sagt Kaufmann.

„Bei den Prüfungen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Hauptzollamts Lörrach  haben sich keine Anhaltspunkte für Verstöße gegen den Arbeits- und Gesundheitsschutz ergeben“, bestätigte auch Pressesprecherin des Hauptzollamts Lörrach, Antje Bendel, auf Anfrage unserer Zeitung. 

Kreativ im Umgang mit den fehlenden Saisonarbeitskräften hat sich Susanne Denzer, Betreiberin des Spargel-, Obst- und Weinbaubetriebs Weingartenhof in Fischingen, gezeigt. Ihr gelang es,  durch eine Facebook-Aktion zusätzlich deutsche Helfer für die Spargel- und Erdbeerernte zu gewinnen. „Wir haben acht rumänische Erntehelfer, alles Stamm-Mitarbeiter, einfliegen können“, berichtete Denzer. Weitere sechs Polen waren schon da, sodass man insgesamt 14 Arbeiter hatte, als am 20. März bereits die Spargelernte begann.  Zusätzlich geplante Arbeitskräfte aus Polen wollten  nicht kommen, sodass man insgesamt zehn Saisonkräfte weniger als gewohnt hatte.  Sechs deutsche Aushilfen konnte man über die Facebook-Aktion gewinnen.

Und so bestanden die vier- bis sechsköpfigen Spargel- und Erdbeerernte-Teams nicht wie in der Vergangenheit durchweg aus rumänischen und polnischen Arbeitern, sondern immer auch aus zwei deutschen.  Denzer betont, dass sie froh sei, dass die deutschen Aushilfen und ihre erfahrenen Kollegen bestens harmonierten – allen Sprachbarrieren zum Trotz.
 Natürlich sei die Corona-Krise mit einem erheblichen finanziellen Mehraufwand verbunden. Dieser ließe sich aber in einer Region, in der die Menschen die Land- und Weinwirtschaft  zu schätzen wissen, zumindest teilweise wieder reinholen, meinte Denzer.

Coronabedingt habe man die Bettenbelegung im vor zehn Jahren eigens für die Saisonkräfte erstellten Wohnhaus auf dem Weingartenhof verändert, dazu in der zu Beginn verhängten „Feldquarantäne“ zwei Mal Mittagessen gekocht und in  mehreren Fahrzeugen und mit dem geforderten Abstand Helfer auf die Felder gebracht. Dort konnte der Abstand ebenfalls eingehalten werden, indem immer die selben  Zweier-Teams zusammen im Einsatz waren – in Distanz zum nächsten Duo.

Die Abstands- und Hygiene-Regeln habe man jetzt schon verinnerlicht, sagte auch Karlfrieder Fischer, seit mehr als 30 Jahren Betreiber des Rüttehofs in Kanderns Stadtteil Wollbach. „Ein rumänisches Ehepaar, das seit langem hierherkommt, wohnt zwischenzeitlich  hier, und weitere fünf Saisonarbeiter aus Rumänien können wir dank großzügig bemessener Räume auf dem Rüttehof problemlos Corona-konform unterbringen.“ 

Wichtig sei es, den Saisonkräften Familienanschluss zu ermöglichen. „Das passiert bei uns schon seit Jahrzehnten und entsprechend haben wir auch jetzt keine Probleme, alle Arbeitsplätze auf unseren Obstanlagen zu besetzen“, betonte Fischer.
Vom Spargelhof und Weingut Martin Wassmer in Bad Krozingen-Schlatt, einem der größten südbadischen Spargel- und Erdbeerproduzenten  mit Ertragsflächen im Landkreis Lörrach, waren trotz vielfacher Versuche keine Auskünfte zur aktuellen Lage  erhältlich.

Info zu Erntehelfer:

Laut Statistik der Arbeitsagentur Lörrach waren im Jahr 2019 durchschnittlich 65 kurzfristig Beschäftigte im Wirtschaftszweig Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei tätig. Zwischenzeitlich waren es im  Monat Juni sogar 146. Davon stammten 103 Personen aus Rumänien und Bulgarien. Weitere 31 Beschäftigte kamen aus Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowenien, Ungarn und der Slowakei. Zehn Helfer waren Deutsche.

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