Kreis Lörrach Künstlerische trinationale Vielfalt

Jürgen Scharf
Eine Skulptur von Axel Gouala erinnert an die „Große Welle“ von Hokusai, dahinter Tonköpfe von Jan van Oordt. Foto: Scharf

Regionale 22: Besuch im KunstRaum Riehen und im Haus der Elektronischen Künste in Münchenstein

Von Jürgen Scharf

Regio. Wie unterschiedlich, ja heterogen die „Regionale“-Ausstellungen ausfallen, zeigen allein drei „Stichproben“. Was in Künstlerkollektiven entstehen kann, wird in der Schau im Weiler Stapflehus rund um Videos, Fotografien und Objekten von Dan Künzler mit Motiven des Unterwegsseins im Dreiländereck sichtbar (wir berichteten auf der Lokalseite).

Während der Kunst Raum Riehen mit Raumkonzepten, Installationen und Wandarbeiten, Material- und Objektkunst, Modell- und Architekturhaftem aufwartet, zeigt das Haus der Elektronischen Künste (HEK) in Münchenstein, was im Bereich Neue Medien alles möglich ist.

HEK Münchenstein

Medial auf der Höhe der Zeit ist das HEK mit dem künstlerischen Statement „Wired Magic“ zum Themenschwerpunkt Rituale, Magisches, Hexerei und Schamanismus. Die Schau geht auch auf ein brisantes Thema der gegenwärtigen Gesellschaft ein: Big Data, die Kontrolle und technologische Überwachung durch große Konzerne.

Im Besonderen behandelt ein 45-minütiger Film des Basler Künstlerduos Dorota Gaweda und Egle Kulbokaite die Geschichte der Hexerei. Ihr Video „Mouthless I“ verknüpft Archaisches aus Mythen mit historischen Entwicklungen und zeitgenössischem Wissen.

Auch Maya Hottarek fokussiert sich in ihrer Videoarbeit ganz auf das Hexenhafte, Mystische und Magie.

Während sich Johanna Mangold mit persönlichen Erinnerungen auseinandersetzt, hat sich Susanna Hertrich in raumgreifenden Installationen, die Design, Skulptur, Fotografie und Video vermischen, der Gottheit Aether gewidmet, einem komplexen Thema von der Antike bei Platon über die Anthroposophie bis Einstein und Newton. In ihrem konzeptuell gestalteten Video ist der Aether als Stoff allumfassend mit einbezogen – mit einem Augenzwinkern.

In den großzügigen Räumen werden viele Projektionen an die Wand geworfen, auf Bildschirmen. Karin Borer hat drei Monitore hintereinander auf dem Boden aufgereiht für ihre Sequenzen und filmischen Endlosschleifen. Mann kann hier eintauchen in virtuelle Welten.

So auch in Roman Tièches eigener Körperperformance zum Thema Künstliche Intelligenz, in der sich der Künstler selbst spiegelt, was irritierend, aber zugleich ästhetisch wirkt und wie ein Ritual aussieht – eine Videoinstallation, die mit besonderem Soundsystem hinterlegt ist und zeigt, wie „KI“ unsere Wahrnehmung und Bilder bestimmt.

Einen ganzen Saal bespielt intensiv Ludovic Hadjeras mit hybriden Wesen wie Werwölfen. Hier kann man Diana, der Göttin der Jagd, auf den Wolfsspuren folgen. Näheres über diese „magischen“ Arbeiten mit dem Einsatz moderner Technologien erfährt man bei einer Führung am 26. Dezember, 15 Uhr, und aus erster Hand bei einer Kuratorenführung mit Yulia Fisch am 20. Januar, 18 Uhr.

KunstRaum Riehen

In Riehen ist die Handschrift von Kiki Seiler-Michalitsi erkennbar, die auch diese „Regionale 22“ im Kunst Raum unter dem Titel „We prouldy present“ kuratiert hat. 17 Kunstschaffende aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich zeigen künstlerische Vielfalt in unterschiedlichen Raumkonzepten im Einklang mit der Architektur des Hauses.

Raumbeherrschend im Parterre ist Pascal Brateaus Holzkonstruktion „Flatland“, eine minimalistische Skulptur zwischen Kunst und Architektur. Die Kuratorin beschreibt diese Installation aus gelben Streben als ein „halb offenes Mauerfragment, dessen Öffnung die typische rudimentäre Form eines Hauses aufweist und Ausblicke auf ’mögliche Welten’ freigibt“.

In diesem Raum findet sich auch die Fotoarbeit „City Dust“ der aktuell mit dem Kunstpreis Riehen ausgezeichneten Baslerin Bianca Pedrina. Der Print auf Karton mit Gips hat eine sehr plastische, architektur- und reliefartige Wirkung.

Assoziationen an Hokusais berühmte „Große Welle“ weckt das Gips-Styropor-Objekt des Franzosen Axel Gouala, auf das sechs an der Wand angebrachte fratzen- und maskenartige Tonköpfe von Jan van Oordt blicken. Furchterregend sehen die Gesichter aus mit ihren vor Entsetzen zum Schrei expressiv aufgerissenen Mündern.

Sehenswert ist der von der eritreischen Künstlerin Aida Kidane bestückte Gartensaal mit den auf dem Boden liegenden verschnürten „Paketen“, die sich als Augentäuschung entpuppen, sind sie doch aus verwitterten Holzplatten. Aufgereiht auf Metallschienen hängen von ihr über 40 bedruckte Architektur- und Stadtpläne.

Der erste Stock präsentiert sich streng in Schwarz-Weiß mit reduzierten, zeichenhaften Arbeiten in verschiedenen Materialien. Ins Zentrum gerückt sind auf einem Podest die in Bronze gegossenen SUV-Modelle des Polen Pawel Ferus. Das Auto als Kult und Fetisch wird von ihm zivilisationskritisch dargestellt. Wie wuchtige Wellen ragt Urs Caveltis „Brandung“ aus Flugzeugsperrholz und Tusche in den Raum.

Verrätselt wird es im Dachgeschoss mit der Installation von Sali Muller. Blinde Spiegel mit üppigen Rahmen, gekippt an Fäden hängend, und verhängte Spiegel lassen als symbolhafte Objekte vieldeutige Interpretationen zwischen Spiegelbild und Selbstreflexion zu.

  Kunst Raum Riehen bis 21. Januar, Mi-Fr 13-18, Sa/So 11-18 Uhr, auch 26. Dezember und 1. Januar.

HEK Münchenstein bis 30. Januar, Mi-So 12-18 Uhr, über Weihnachten und Silvester geöffnet.

Stapflehus Weil am Rhein bis 9. Januar, Sa 15-18, So 14-18 Uhr

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