Kreis Lörrach „Leute fahren nun öfter zum Einkaufen“

Alexandra Günzschel
Einkaufstouristen stehen für den Stempel vom deutschen Zoll an. Foto: Alexandra Günzschel

Seit dem Jahreswechsel gilt für Schweizer bei Einkäufen diesseits vom Schlagbaum nur noch eine Freigrenze von 150 Franken. Bei Einkaufstouristen löst das unterschiedliche Reaktionen aus, wie eine Umfrage unserer Zeitung deutlich macht.

Am ersten Samstag im Jahr geht es am Zollamt Lörrach-Stetten um die Mittagszeit noch gemächlich zu. Dennoch herrscht ein reges Kommen und Gehen beim deutschen Zoll, wo die „Erteilung der Ausfuhr- und Abnehmerbescheinigungen für Umsatzsteuerzwecke“ erfolgt. Kurz gesagt: Hier werden die grünen Zettel abgestempelt.

Autos aus beiden Basel

Für die Zollabfertigung ist ein eigener Parkstreifen reserviert. Dort wird es für die zurückkehrenden Einkaufstouristen um die Mittagszeit zunehmend schwieriger, einen Platz zu finden. Andere beginnen ihre Shoppingtour erst jetzt. In Stetten sind es vor allem Autos aus den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft, die die Grenze in beide Richtungen passieren. Ein Großteil dieser Autos ist mit mehreren Personen besetzt. Für Schweizer Einkaufstouristen ist ein Shoppingausflug nach Deutschland zu einem Rechenexempel geworden. Jedenfalls dann, wenn sie die maximale Ersparnis für sich herausholen wollen. Denn seit 2020 können nichtkommerzielle Einkäufe erst ab einem Betrag von mehr als 50 Euro je Kassen- oder Rechnungsbeleg von der deutschen Umsatzsteuer befreit werden. Seit diesem Jahr kommt von Schweizer Seite eine Absenkung der Wertfreigrenze von bisher 300 auf 150 Franken pro Person hinzu. Die Stoßrichtung ist klar: Der Großeinkauf im Ausland soll für Schweizer unattraktiver werden.

Am Zollübergang von Stetten nach Riehen sehen die Einkaufstouristen die Neuregelung mehrheitlich entspannt, wie eine Umfrage unter ihnen ergibt. Allerdings will dort kaum jemand namentlich genannt werden.

Christiana Hartmann aus Riehen ist eine Ausnahme: „Wir wohnen sehr nah. Wir können jederzeit rüberkommen, auch für kleinere Einkäufe“, sagt sie. Andere verweisen auf die Möglichkeit, Freunde oder Verwandte im Auto mitzunehmen, wodurch die personenbezogene Wertfreigrenze deutlich erhöht werden kann. Allerdings gilt es dabei Sonderregelungen zu beachten. Zum Beispiel müssen Waren, die mehr als 150 Euro kosten, generell verzollt werden.

„Für sozial schwächere Haushalte, die ein bisschen auf solche Einkäufe angewiesen sind, ist das keine gute Regelung“, bemerkt ein Mann in der Schlange vor der Zollabfertigung. André Utzinger aus Genf, der in der Region hin und wieder Verwandte besucht, findet die neue Wertfreigrenze sogar kontraproduktiv: „Jetzt fahren die Leute einfach öfter zum Einkaufen ins Ausland und kaufen noch weniger in der Schweiz ein“, so seine Vermutung. Zwei weitere Einkaufstouristen hatten am Samstag von der Neuregelung noch gar nichts gehört. „Dann mache ich mich jetzt ja strafbar bei der Einfuhr“, scherzt der eine.

Keine intensiven Kontrollen

Der Mann dürfte noch einmal Glück gehabt haben. Eine Intensivierung der Kontrollen sei derzeit nicht geplant, erklärt auf Nachfrage Simon Erny, Leiter der Medienstelle des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG). „Wir kontrollieren wie bisher mit den dazu zur Verfügung stehenden Ressourcen.“

Erste Erfahrungen im Grenzraum Basel zeigen dem Mediensprecher zufolge, dass die meisten Reisenden über die Senkung der Wertfreigrenze im Bild sind. Manche von ihnen würden an der Kasse mit spezifischen Fragen zur Senkung vorstellig. Auch beim Hauptzollamt Lörrach geht alles weiter seinen Gang. Größere Veränderungen im Einkaufsverhalten seien bisher nicht zu erkennen, sagt Antje Bendel, Leiterin der Stabstelle Kommunikation. Dafür sei es noch zu früh. Ohnehin achtet der deutsche Zoll beim Abstempeln nur auf die Bagatellgrenze von 50 Euro. „Darüber hinaus erfassen wir die Höhe der Rechnungen nicht“, sagt Bendel. Diese Kontrollen seien allein Sache des Schweizer BAZG.

Denn klar ist auch: In Deutschland sind die Schweizer Einkaufstouristen gern gesehene Gäste, werden vom Einzelhandel regelrecht hofiert. In Weil am Rhein zum Beispiel können sie ihre Rechnungen direkt an der Haltestelle der Tramlinie 8 abstempeln lassen. Beim nächsten Einkauf bekommen die Schweizer dann die deutsche Mehrwertsteuer erstattet. Die Attraktivität einer Shoppingtour ins benachbarte Ausland wird auch dadurch noch einmal deutlich erhöht.

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