Kreis Lörrach Müllgebühren explodieren

Michael Werndorff
Für die Müllentsorgung müssen die Bürger im Landkreis Lörrach ab nächstem Jahr tiefer in die Tasche greifen. Foto: Archiv

Betriebsausschuss: Gebühren könnten im nächsten Jahr um 30 Prozent steigen

Preisschock bei der Gebührenkalkulation: Um rund 30 Prozent sollen die Müllgebühren im Landkreis Lörrach im nächsten Jahr steigen, wie es der Beschlussvorschlag der Verwaltung vorsieht. Der Betriebsausschuss sprach am Mittwoch angesichts der großen Steigerung keine Empfehlung an den Kreistag aus. Nun sollen Möglichkeiten gefunden werden, den Preissprung etwas abzumildern.

Von Michael Werndorff

Kreis Lörrach. Eine Steigerung der Leistungs- und Jahresgebühr um jeweils 30 Prozent sei ein harter Aufschlag, erklärte CDU-Fraktionschef Paul Renz. „Das muss dem Mitbürger erst einmal erklärt werden.“ Und Ulrich May (FW) sprach von einer brutalen Erhöhung in schwierigen Zeiten. „Das wird uns kein Mensch richtig abnehmen“, befand SPD-Kreisrat Herbert Baier.

Externe Faktoren

Ursache für den Preisschock sind externe Faktoren, wie den Ausführungen von Betriebsleiterin Silke Bienroth zu entnehmen war: Die aus einer Rückzahlung der Kehrichtverbrennungsanlage Basel (KVA) entstandene Gewinnrücklage hatte weitgehend für die Gebührenstabilität der vergangenen Jahre gesorgt. Durch geplante Kostenunterdeckungen konnten deutliche Gebührenanhebungen lange Zeit vermieden werden – das sei ab 2023 nicht mehr möglich, weil die Gewinnrücklage nach der Verrechnung mit dem erwarteten Verlust von diesem Jahr aufgebraucht sein wird, erklärte die Leiterin des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft.

Darüber hinaus sorgt die Inflationsrate für massive Kostensteigerungen, so auch beim Dieselkraftstoff. Die Abfallwirtschaft sei aufgrund der Vielfalt an Abfalltransportvorgängen hiervon besonders betroffen. Und: Wegen des schwachen Euro steigen die Kosten für die Müllverbrennung in der KVA Basel.

Weitere Kostensteigerungen aufgrund der Inflation schlagen bei der Deponienachsorge zu Buche, erklärte Bienroth. Für die Bildung der Deponie-Nachsorgerückstellung geht der Eigenbetrieb von einer langfristigen Preissteigerung von zwei Prozent pro Jahr aus. Darüber hinaus kommt auf den Eigenbetrieb ein höherer Instandhaltungsaufwand bei Deponien, Häckselplätzen und Sammelstellen zu, verwies Bienroth auf die Sanierungsarbeiten an der Sickerwassererfassung der Deponie Scheinberg. Die Gesamtkosten der Abfallwirtschaft steigen im Vorjahresvergleich um 6,4 Millionen Euro. Rund 39 Millionen Euro müssen durch Gebühren gedeckt werden.

Die Selbstanlieferungsgebühren sollen derweil weniger stark ansteigen, weil diese schon in der Vergangenheit kostendeckend kalkuliert wurden, wie Bienroth darlegte.

Stellungnahmen

Der Betriebsausschuss des Kreistags stimmte über den Beschlussvorschlag nicht ab. Zunächst soll nach dem Willen der Kreisräte die Kalkulation und auch einzelne Leistungen des Eigenbetriebs auf den Prüfstand kommen. Bienroth kündigte an, auch die Risiken möglicher Einsparungen, zum Beispiel beim Ansatz der Nachsorgerückstellungen, aufzuzeigen. Die Folge könnte ein noch größerer Gebührensprung in der Zukunft sein.

„30 Prozent auf einen Schlag – das ist nicht vermittelbar“, sagte Grünen-Chef Bernd Martin. Ihm zufolge sollte in den Haushaltsberatungen ausgelotet werden, ob die Gebührenerhöhung zweistufig an den Kunden weitergegeben werden könne. Baier merkte an, dass sich die Müllgebühren nur über die Leistungen ändern ließen, und Wolfgang Fuhl (AfD) regte an, die gebührenfreie Biotonne sowie die Sperrmüllsammlung auf Abruf zu hinterfragen. Vielleicht sei es besser, hier zu dem alten System zurückzukehren, um Geld einzusparen. Thematisiert wurde auch die Erhebung einer separaten Gebühr. Derweil laufe der Vertrag bis zum Jahr 2024 sagte Bienroth, eine Auswertung sei im nächsten Frühjahr vorgesehen.

Die Fraktionen forderten die Verwaltung auf, Gebühren und Strukturen anderer Landkreise bereitzustellen. Ein direkter Vergleich hinke, betonte Landrätin Marion Dammann. Denn: „Die Strukturen der Betriebe unterscheiden sich.“

Mit Blick auf die Wertstofferlöse erklärte Bienroth, dass dem Eigenbetrieb das Altpapier fehle. Die Papiertonne sei lange diskutiert wurden, die letzte Option wäre, dass der Eigenbetrieb diese selber stelle. Doch Bienroth warnte. „Es würde dauern, bis wir die privatwirtschaftlich angebotene Blaue Tonne weg haben.“

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